Christian Danz, Die Deutung der Religion in der Kultur,Aufgaben und Probleme der Theologie im Zeitalter desreligiösen Pluralismus, Neukirchener-Verlag,Neukirchen-Vluyn 2008, ISBN 978-3-7887-2300-2, 24,90 Euro

Das Phänomen des Religiösen erobert sich seine Domänen zurück, nicht anders lassen sich die derzeit geführten Diskussionen über dieses Thema interpretieren. Die Frage nach den Aufgaben, nach dem Stellenwert und den Problemen in und unter den Religionen, so zumindest kann man die derzeitige mediale Lage beschreiben, dominiert den Zeitgeist. Entweder man bekennt sich zum Säkularismus, feiert den Abschied vom religiösen Glauben, postuliert eine A-Theologie wie Michel Onfray, kritisiert den Gotteswahn wie Richard Dawkins, fragt nach dem „Warum überhaupt Religion?“ wie Peter Strasser, oder man offenbart freimütig die neue Gegenwart des Religiösen, eine Renaissance des wie auch immer motivierten religiösen Bewußtseins. Neue Verlage gründen sich – wie jüngst der „Verlag der Weltreligionen“ in Frankfurt am Main, eine schier ausufernde Literatur schießt aus dem Boden, fast, so scheint es, ist derjenige, der den Gesang des Sakralen nicht mit anstimmt, nicht mehr en vogue.

Der zweihundert Jahre lang von Atheismus und Materialismus durchdrungene abendländische Geist, der Geist, der im Zeitalter der Vernunftkritik und der zunehmenden Rationalisierung durch die Technik und durch das Industriezeitalter schon längst die Religion für tot erklärt hat, muß an sie neue Zugeständnisse machen. Auch diejenigen Denker, die wie Jürgen Habermas beispielsweise noch vor einigen Jahren erklärten, wenngleich auch er seine Meinung revidiert hat, daß sich das Religiöse in der Zukunft in eine vernünftige Diskursethik transformiere, müssen sich eines Besseren belehren lassen. Die Religion liegt keineswegs mehr in den umfriedeten „Grenzen der bloßen Vernunft“ beschlossen, ist keineswegs eine bloß verdoppelte Moral, wie Kant ihr attestierte. Fundamentalismus und ewig wiederkehrender Terror belehren vom Gegenteil, aber auch die Macht, die das Religiöse als Prinzip Hoffnung auf das endliche Bewußtsein ausübt, läßt sich nicht verschweigen – gerade in einer Welt, die unendlich viele „Sinnalternativen“ bereithält, letztendlich aber doch jede individuelle Sinnsuche so sehr erschwert. Der Pluralismus als wertschöpfendes Modell, einst so angepriesen, zeigt einerseits auch seine Schattenseiten, andererseits schöpft die neue Sinnsuche aus dem religiösen Pluralismus und gewinnt aus dem Multikulturellen Bezugskraft und individuelle Farbigkeit.

Mögen auch die Ereignisse um den 11. September 2001 mitverantwortlich für das neue Aufflammen der Diskussion über das Religiöse sein. Mit Sicherheit aber hat die Entzauberung der Welt durch die Wissenschaft der Wiederkehr der Religionen den eigentlichen Vorschub geleistet. Die Frage nach dem Stellenwert und der Bedeutung religiösen Denkens hingegen ist alt.

Daß sie sich im Zeitalter von Technifizierung und Globalisierung erneut, und wie in den letzten Jahren spürbar, um so dringlicher stellt, dies ist letztendlich einer Dialektik der Aufklärung zu verdanken, die am Höchstpunkt ihrer rationalen Ausfaltung auch wieder das Irrationale und Numinose bedenkt, das sie ja einst zugunsten der kritisch-reflektierenden Vernunft aufzuheben glaubte. Säkularisierung und Wiederkehr des Religiösen stehen in einem dialektischen Verhältnis zueinander, auf Phasen religiöser Entzauberung folgt das Religiöse mit Paukenschlag. Aber auch der immerwährende Versuch, wie der Kampf des amerikanischen Präsidenten Bush gegen die Achse des Bösen in seiner Radikalität zeigt, der Religion ein ihr immanentes Gewaltpotential zu unterschieben, führt nur zu blinder Einseitigkeit, vermag die tatsächliche, der Religion immanenten Kraft und Macht zu Friedenstiftung und Toleranz in keinem Fall gerecht zu werden. Dieser einseitige Kampf führt letztendlich selbst zu bösen Häusern.

Was der Modernismus und die Postmoderne nicht schafften, was Nietzsches Diktum vom Tod Gottes nicht erreichte, hat sich aller vorausgesagter Säkularisierungstendenzen zuwider behauptet. Auf das Zeitalter des A-Religiösen folgt also das pluralistische Zeitalter der Religionen. Der beginnende und vielleicht noch ausstehende Kampf der Religionen sowie ein aus dem Geist von Assisi vorleuchtender Dialog der Religionen, wie ihn bereits Hans Küng unter Zuhilfenahme seines Begriffs des „Weltethos“ unter dem Blickwinkel einer universalen Humanitätsidee formulierte und als Minimalethos einforderte, sie konkurrieren im 21. Jahrhundert beide weiter miteinander.

Die Nachaufklärung ist also weit davon entfernt, wie ein jetzt im Neukirchener Verlag erschienenes Buch von Christian Danz belehrt, das Religiöse auszuklammern, sondern geradezu aufgefordert, nicht nur den pluralistischen Entfaltungsmodellen des Religiösen nachzuspüren, sondern auch und insofern danach zu fragen, wie ein pluralistisches Miteinander verschiedener Religiöser und unterschiedlicher Ethnien möglich werden könne. Wie Danz hervorhebt, hat dies die normative Religionswissenschaft zu leisten, indem sie zwischen Theologie und deskriptiv-geschichtlicher Religionswissenschaft vermittelt.

Danz, der über die Christologie Schellings promoviert, über Tillich von der Jenaer Theologischen Fakultät habilitiert wurde und eine Professur für Systematische Theologie an der evangelisch-theologischen Fakultät in Wien innehat, versucht also in seinem neuen Buch Die Deutung der Religion in der Kultur, Aufgaben und Probleme der Theologie im Zeitalter des religiösen Pluralismus Antworten auf die Frage nach der Stellung der Religion innerhalb der Kultur aus Sicht der protestantischen Theologie zu geben. Das Spannungsverhältnis von Säkularisierung und Wiederkehr der Religion zu erklären, „erfordert […] eine methodische Verbindung von kulturhermeneutischen und empirischen Perspektiven mit normativen Fragestellungen“ (5).

Ziel des Buches ist es, ausgehend von einer deskriptiven Analyse der vergangenen und gegenwärtigen Religionen, das Programm einer Theologie als normativer Religionswissenschaft auszuarbeiten, „der die Aufgabe einer kulturhermeneutischen Erschließung und normativen Reflexion religiöser Lebensformen obliegt“. So nimmt es nicht wunder, daß Danz nach einem kurzen Einblick in die Geschichte der Säkularisierung, einer Beschreibung der Religion unserer Tage, den religiösen Fundamentalismus in der Religion und der Politik beleuchtet. Dabei untersucht er zugleich das den Religionen eingeschlossene Potential zu Gewalt und Exzeß nachgeht, wobei dieses aber nicht zum Wesen der Religionen gehöre, sondern nur auf eine fehlgeleitete Interpretation nicht zuletzt religiöser Texte, zurückgeht. Der sich daran anschließende Themenkomplex „Religionstheologie und normative Beurteilung der Religionen“ arbeitet stark mit Begrifflichkeiten wie Exklusivismus, Inklusivismus bzw. Superiorismus und religionstheologischer Pluralismus. Er greift damit eine akademische Tradition wieder auf, die bis in die 60er und 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein zurückgeht.

Im Unterschied zu vielen anderen Büchern, die sich mit der Frage nach der Religion, ihrer Bedeutung für die Kultur und damit mit ihrem Stellenwert in der modernen Gesellschaft beschäftigen, setzt sich Danz nicht allein und vordergründig mit der Geschichte der abendländischen Philosophie, Theologie und Dogmengeschichte auseinander, sondern bemüht gegenwärtige Autoren, wie die wichtigsten Vertreter der modernen pluralistischen Religionstheologie: John Hick, Perry Schmidt-Leukel und Reinhold Bernhardt „geht es um eine „Neubestimmung der christlichen Sicht der nichtchristlichen Religionen, die alte Überlegenheitsansprüche des Christentums hinter sich lassen soll“ (45). Es ist aber nicht, so führt Danz weiter aus, die pluralistische Religionstheologie, der es gelingt die unterschiedlichen Religionen in ihrer geschichtlichen Wirksamkeit unter dem Gesichtspunkt ihrer prinzipiellen Gleichwertigkeit zu berücksichtigen, sondern diesen Vorzug sieht er in der komparativen Theologie und ihren namhaften Vertretern Robert C. Neville, Francis X. Clooney, James L. Fredericks und Klaus von Stosch, die nicht nur den Anderen, das fremde Du, mit einbeziehen, sondern auch die Metaebene, die theistische Ausrichtung von Hick (das Reale, Absolute an sich) und Bernhardt (mutualer Inklusivismus und ökonomische Trinitätslehre) zugunsten einer konkreten Begegnung der Religionen eintauschen. Wenngleich auch die komparative Theologie in Sachen Normativität und Geltungsanspruch noch nicht der Weisheit letzter Schluß ist, so sei ihr zumindest zugute zu halten, das sie nicht eine Art oder Variante der Religionstheologie (Exklusivismus, Inklusivismus bzw. Superiorismus und religionstheologischer Pluralismus) sein will, sondern „eine Praxis oder ein Lernprozeß. Die komparative Theologie versteht sich also nicht als einen theoretischen Entwurf, der der konkreten Begegnung der Religionen vorangeht, sondern als eine „Begegnung mit den fremden Religionen nachgeordnetes Unternehmen“ (64f.). Was also diese Theologie einerseits auszeichnet, ist ihre historisch vergleichende Methode, da sie die theologischen Veränderungen im Kontext interreligiöser Begegnungen analysiert, andererseits, daß sie vergleichend konstruktiv neue theologische Reflexionen erarbeitet. So sehr die vergleichende Methodik in Hinblick auf die Eigenständigkeit und Würdigung der einzelnen unterschiedlichen Religionen überzeugt, fehlt ihr letztendlich eine religionsphilosophische Reflexion, wobei, so bemängelt Danz, die „geltungstheoretische Frage schlicht suspendiert“ wird. Das Dilemma läßt sich kurz so beschreiben: Entweder wird von einer religiösen Metaebene aus reflektiert, was dem empirischen Bestand, der Vielfältigkeit und damit Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Religionen nicht gerecht wird, oder es gelingt, die Differenzen zwischen den geschichtlichen Religionen ernst zu nehmen, jedoch um den Preis allgemein normativer Begriffe. Danz seinerseits sucht nun diesem Dilemma entgegenzutreten, wie dies im zweiten Teil seines Buches (Kapitel 4-5) deutlich wird. Dabei stellen sich dezidiert die Fragen: „Lässt sich ein Modell denken, in dem sowohl die Eigenständigkeit der Religionen als auch deren Vergleichbarkeit gewahrt sind? Und wie kommt man zu normativen Beurteilungsgesichtspunkten? Wie lassen sich unter den Bedingungen des kulturellen und religiösen Pluralismus universale Normen begründen, wenn sowohl universal ausgerichtete Modelle wie das von Hick als auch Modelle, welche von der Standortgebundenheit von Normen ausgehen, mit tiefergreifenden Problemen konfrontiert sind, so dass ihnen nur wenig Plausibilität zukommt“ (70)?

Einem einleitenden Teil, der sich mit der Gegenwart der Religion, dem Konfliktpotential und mit der Opfertheologie als Vermeidung von Gewalt u.a. auseinandersetzt, schließt sich ein problemorientierter Teil an, der sich explizit mit der gegenwärtigen theologischen Diskussion beschäftigt, der nun seinerseits in einen geschichtlichen Teil ausgefaltet wird, der das Verhältnis von Vernunft und Religion untersucht und als historischer Diskurs die Koexistenz und den Konflikt der unterschiedlichen Religionen in der europäischen Religionsgeschichte im Blick hat.

Des weiteren ist hier für Danz der Punkt, den rationalen Umgang mit dem religiösen Pluralismus einer detaillierten Untersuchung zu unterziehen, wozu Exkurse zum Deismus, zu Kants Religionsphilosophie und zu Schleiermachers „Gefühl“ und „Anschauung“ den Schwerpunkt bilden. Der Deismus und Kants moral-theologischen Spekulationen, die das Vernünftige und das Normative, das Moralische, in das Zentrum rücken, fehlt letztendlich der pluralistisch-geschichtliche Akzent, ihnen geht es nicht um die Pluralität der Religionen, sondern um die Faktizität des Religiösen und seine rationale Begründung. Letztendlich gelingt ihnen nicht die Synthese zwischen Normativität und pluralistischer Selbstauslegung des Religiösen einzulösen. Anders, so Danz, argumentiere Schleiermacher, der sich nicht nur kritisch vom Normativitätsdenken der Philosophie Kants verabschiedet, sondern dessen Religionsphilosophie gerade in der Anerkennung des religiösen Pluralismus kulminiere – um den Preis jedoch, das Normative zugunsten der individuellen Sinn- und Deutungsperspektive des religiösen Bewußtseins einzutauschen. Was Schleiermacher auszeichnet ist somit, daß er die Differenz der Religionen „nicht darin begründet, dass sie variable kulturspezifische Deutungen einer an sich invarianten religiösen Erfahrung darstellen, wie für John Hick, sondern dass sie unterschiedliche Anschauungen in den Mittelpunkt stellen, um den sie andere Anschauungen gruppieren“ (86), was letztendlich auch den Toleranzgedanken mit einschließe. Religion ist „bewußtes Endlichkeitsbewußtsein, […] religiöse Geltungsansprüche und Normen sind immer als historische und individuelle Gebilde zu verstehen, die dem geschichtlichen Wandel unterliegen“ (90).

Pluralismus einerseits, Normativität andererseits stehen sich also unvermittelt gegenüber, solange ihre Synthese nicht gefunden ist; diese Synthese ist es aber, die Danz in seiner normativen Religionswissenschaft sucht, die zwischen Theologie als Binnenverhältnis des Religiösen und Religionswissenschaft als Außenverhältnis vermitteln soll. Der Gedanke einer Vermittlung zwischen Normativen und Faktischen, zwischen Geltungsanspruch und religiös individueller Bestimmtheit kommt dann, so Danz, mit dem Theologen Ernst Troeltsch in den Blick, der die „endlose Bewegung des geschichtlichen Lebensstromes“ mit „dem Bedürfnis des menschlichen Geistes, ihn durch feste Normen zu begründen und gestalten“, verbindet (90).

Im fünften Kapitel: „Theologie als normative Religionswissenschaft“ (101ff.) laufen dann alle von Danz bislang vorgestellten historischen wie gegenwärtigen Erklärungsmodelle des religiösen und kulturellen Pluralismus in der schon von Troeltsch fundierten „Unterscheidung und Verzahnung von kulturhermeneutischer Religionstheorie mit einem normativen Religionsbegriff“ (103) zusammen, die letztendlich in der Unterscheidung zwischen dem Wesen- und dem Normbegriff des Religiösen kulminiert.

Dabei wird sowohl ein substantialistisches als auch ein funktionales Religionsverständnis zurückgewiesen, und im Anschluß an Schleiermacher und insbesondere an Paul Tillich auf einen Begriff der Religion abgestellt, der sowohl den Erfahrungsaspekt, die Deutungsperspektive und letztendlich den Unbedingtheitsgedanken miteinander vermittelt und vereint. Religion ist primär eine Deutungsnatur im Kontext des Unbedingten, das nicht als transzendentes, sondern als unbedingte Sinndimension vorgestellt wird. Religion ist weder Denken, Moral und Gefühl, sondern jene „spezifische Form der menschlichen Sinn- und Weltdeutung“ (114).

„Die Besonderheit der religiösen Selbst- und Weltdeutungen liegt also darin, dass in ihnen zwei Dimensionen miteinander verbunden werden, nämlich die Dimension des Endlichen und die des Unendlichen“ (120). Und: „Der vorgeschlagene Begriff der Religion als einer situationsbezogenen Deutung der Erfahrung im Horizont des Unbedingten hat nun den Vorteil, dass er so weit ist, dass er für die unterschiedlichsten religiösen Traditionen und Formen offen ist“ (122).

Während also der Wesenbegriff, den Danz scharf vom Normbegriff der Religion unterscheidet wissen will, Bedingtes und Unbedingtes miteinander vermittelt, und die Religion als Deutungsperspektive in die Kultur einreiht, kulminiert der Norm- im Freiheitsbegriff, den Danz aus protestantischer Perspektive entwickelt. Freiheit wird damit zum A und O des religiösen Selbstverständnisses und des reflektierenden Endlichkeitsbewußtseins. „Mit dem protestantischen Religionsverständnis ist ein Bewusstein individueller Freiheit verbunden. Eine endliche Freiheit […] kann sich jedoch nur in der Anerkennung der Freiheit der anderen realisieren“ (125). Die endliche Freiheit bedingt dabei die wechselseitige Anerkennung der Freiheit des Anderen. Die Selbstbestimmung protestantischer Religion, so wird daraus gefolgert, kann sich nur in der Anerkennung anderer Religionen gewinnen, setzt dieses Verhältnis zur eigenen Selbstfundierung voraus. Fremde Religionen werden so im Lichte der Selbstinterpretation aufgenommen und rezipiert, um ein besseres Verständnis der eigenen Tradition zu erlangen. Für diese Art religiösen Pluralismus reserviert Danz den Begriff der Differenzhermeneutik und folgert: Wenn Religionen diese Differenzhermeneutik verweigern, erst dann sind sie einer Kritik zu unterziehen. Denn: Die „Aufgabe der Religionstheologie kann es damit nicht sein, pauschal die Geltung von Religionen zu begründen oder zu bestreiten, sondern nur, im konkreten Fall auf eine methodisch kontrollierte Weise Stellung zu beziehen. Diese Aufgabe ist unter den Bedingungen der Gegenwart von den religionsanalytischen Disziplinen mehr denn je gefordert, wenn sie einen Beitrag zu einem konstruktiven Umgang mit religiöser Pluralität leisten wollen“ (127).

Kurzum: Das Buch von Christian Danz gibt einen sehr guten Einblick in die gegenwärtige religionstheologische Debatte, ein Vorzug zweifellos, den es der Vielzahl von Publikationen, die sich derzeit mit dem Phänomen der Religionen auseinandersetzen, voraus hat. Es ist darüber hinaus einer protestantisch-akademischen Diskussion verpflichtet, die die Denkmodelle von Troeltsch und Tillich aufnimmt und diese auf anschauliche Weise dem Leser vermittelt. Ob sich allerdings durch den argumentativ erbrachten Hinweis, daß Religion auf das Unbedingte verweise, Religion ein symbolisch-vermitteltes Deutungsganzes sei und damit als spezifisches, kulturelles Sinnpotential zu verstehen ist, ob dadurch dem Dilemma des religiösen Pluralismus und seiner eingeschlossenen Konfliktfähigkeit zu entgegnen ist, daran mag man zweifeln. Der Begriff der Religion wie ihn Danz entwirft, samt der damit einhergehenden Offenheit des Religiösen gegenüber den anderen Religionen, die Anerkennungslogik und den Toleranzgedanken eingeschlossen, kann höchstens vom reflektierenden, religiösen Bewußtsein eingesehen, verstanden und kritisch verarbeitet werden, für die Vielzahl der religiösen Fanatiker oder bekennenden Atheisten wird er jedoch weiterhin keine Rolle spielen. So sehr eine Differenzhermeneutik wünschenswert ist, der indifferente Fundamentalismus wird sich davon nicht überzeugen lassen. Den Toleranzgedanken, den Danz im letzten Kapitel seines Buches untersucht, birgt auch Gefahren, wie ein neues Buch von Norbert Bolz, Das Wissen der Religionen, Betrachtungen eines religiös Unmusikalischen, belehrt. Ein zu weit gefaßter Toleranzbegriff führt möglicherweise, wie der Medientheoretiker und Philosoph Bolz betont, „zu einer Selbstsäkularisierung des Protestantismus zum sozialistischen Humanitarismus“.

Über Stefan Groß-Lobkowicz 2159 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".

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