Chewing Bags: von den Ureinwohnern Amerikas bis ins heutige Europa

tobacco nicotiana tabacum leaves nicotiana plant, Quelle: Couleur , Pixabay License Free for commercial use No attribution required

Tabak hat die Menschheit geprägt. Die indigene Bevölkerung Amerikas verehrten die Tabakpflanze regelrecht, da sie ihr alle möglichen positiven Eigenschaften zuschrieben. Aus diesem Grund verteilten sie diese auch als Gastgeschenke an die Kolonialisten. So kam die Tabakpflanze von Amerika nach Europa und in den Rest der Welt, und wird bis heute von Milliarden von Menschen in verschiedenen Formen konsumiert.

Bislang wurde vermutet, dass der Tabakanbau um etwa 6.000 v. Chr. auf den amerikanischen Kontinenten begann.  Insbesondere das heutige Mexiko soll hier ein Zentrum gewesen sein, als die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Region eine auf Mais basierende Landwirtschaft entwickelten.  Sowohl im heutigen Mexiko als auch im heutigen Peru wurden bei archäologischen Ausgrabungen Tabaksamen gefunden, die auf 3.500 v. Chr. zurückgehen.

Kürzlich wurden jedoch verkohlte Tabaksamen in einem Lagerfeuer eines Sammlers und Jägers im heutigen Utah (USA) gefunden, die mehr als 12.000 Jahre alt sind. Die Menschheit konsumiert also wohl schon viel länger Tabak, als bisher angenommen und dokumentiert wurde.

Zunächst wurde Tabak zu medizinischen Zwecken und rituellen Bräuchen genutzt. Die amerikanischen Ureinwohner glaubten, dass Tabak jede Krankheit heilt, und gaben diese Überzeugung an die Europäer weiter, weshalb der Tabak auch hier schnell an Popularität gewann.

Doch für die indigene Bevölkerung Amerikas hatte der Tabak noch weitere Eigenschaften. Sie waren wahrscheinlich die Ersten, die im 15. Jahrhundert damit begannen, Tabak zu rauchen, kauen und zu schnüffeln. Zum Inhalieren des Tabaks verwendeten sie eine hohle Pfeife in Form eines „Y“, die sie „Tobago“ nannten, wobei sie jedes Ende in ein Nasenloch steckten und am anderen Ende den pulverisierten Tabak.

Eine der häufigsten Arten, wie die Ureinwohner diese Pflanze konsumierten, war der Kautabak, den sie auf verschiedene Weise mischten, manchmal mit Kalk oder Muschelschalen.

Diese Praxis hat sich bis in die heutige Zeit in Form von Chewing Bags erhalten; weiche Kautütchen, die Tabak, Wasser, Salz und andere Zusätze zur Aromatisierung und Konservierung enthalten. Im Gegensatz zu Nikotinbeuteln enthalten sie Tabak und bewahren das oft rauchige und süße Aroma der Pflanze.

Kautabak auf dem amerikanischen Kontinent

Im Jahr 1499 stellte der italienische Entdecker und Händler Amerigo Vespucci, der an mindestens zwei Entdeckungsreisen in die Neue Welt teilnahm, fest, dass die Eingeborenen der Insel Margarita vor der Küste Venezuelas ein grünes Kraut kauten, um ihren Hunger zu stillen und ihren Durst zu löschen. Bei dieser Pflanze handelte es sich um Tabak.

Die Praxis des Kautabaks war bereits Ende des 16. Jahrhunderts in Mittel- und Südamerika weit verbreitet. Einigen Reiseschriftstellern zufolge beobachtete Christoph Kolumbus 1571, wie die Männer in Veragua, dem heutigen Costa Rica, ein trockenes Gras in den Mund nahmen und es kauten.

Offenbar war das Kauen von Tabak bei den amerikanischen Ureinwohnern weit verbreitet, wenn sie lange Strecken zurücklegen mussten, um Hunger, Durst und Müdigkeit zu bekämpfen. Einige Stämme mischten sogar Tabak mit verbrannten und fein pulverisierten Muschelschalen.

Dem Kautabak wurden auch medizinische Eigenschaften zugeschrieben, etwa zur Desinfektion von Wunden und gegen Schlangen-, Spinnen- und Insektenbisse.

Der Tabak kommt nach Europa

Die Ankunft des Tabaks in Europa im 16. Jahrhundert sowie das Ritual des Rauchens sind auf die Seeleute der Besatzung von Kolumbus zurückzuführen.  Tabak wurde in großem Umfang zur Linderung zahlreicher gesundheitlicher Beschwerden eingesetzt, vor allem als Schmerzmittel, was dazu beitrug, dass sich der Tabakkonsum in Ländern wie Spanien, Frankreich, Portugal und England über weite Teile Europas verbreitete.

Die Spanier begannen 1531 mit dem kommerziellen Anbau von Tabak auf den Westindischen Inseln und hielten bis zum Ende des Jahrhunderts ein Monopol auf den europäischen Märkten, als die Portugiesen begannen, große Mengen anzubauen.

Der Tabakkonsum verbreitete sich in Europa hauptsächlich in zwei Formen: Schnupftabak in Frankreich und Zigaretten in England. Ein großer Förderer des Tabakkonsums war Jean Nicot de Villemain, nach dem die Gattung Nicotiana benannt wurde und dem die Einführung des Tabaks am französischen Hof im 16. Jahrhundert zugeschrieben wird.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war der Tabak zu einem der ersten Exportprodukte der amerikanischen Kolonien geworden, und seine Verwendung hatte sich nicht nur in Europa, sondern auch in der Türkei, China, Russland und Arabien schnell verbreitet.

Kautabak, eine Variante des Schnupftabaks, kam im 18. Jahrhundert in Europa auf.  Einem Zolldokument aus dem Jahr 1637 zufolge wurde diese Mischung zum ersten Mal aus Finnland nach Schweden gebracht, wo diese Form des Tabakkonsums schnell populär wurde.

Die Verwendung dieser Mischung zum Kauen wurde zu einem Statussymbol des schwedischen Adels, was zum großflächigen Anbau von Tabak in Schweden führte. Nach relativ kurzer Zeit wurde bereits in 70 schwedischen Städten Tabak angebaut.

Heute erfreut sich Kautabak in ganz Europa und in weiten Teilen der Welt großer Beliebtheit im Segment der rauchlosen Tabakerzeugnisse; einer Produktkategorie, die zunehmend von Raucherinnen und Rauchern genutzt wird, die nach einer gesunderen Alternative suchen. Wie die Wissenschaft herausgefunden hat, ist es vor allem das Verbrennen der Zigarette, was so gesundheitsschädlich ist. Aus diesem Grund können rauchlose Tabakerzeugnisse als eine weniger riskante Alternative angesehen werden.

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