Careers by Design. Hendrick Goltzius & Peter Paul Rubens

Lausbers buchtipp

Staute von Rubens in Antwerpen. Bild von Johan AT auf Pixabay.

Careers by Design. Hendrick Goltzius & Peter Paul Rubens, Hirmer,  München 2024, ISBN: 978-3-7774-4352-2, 55 EURO (D)

Die Sehnsucht nach Ruhm und Ehre spornt bis heute den Erfindungsgeist gefeierter Künstler an. Im aufblühenden Barock um 1600 mit seinen um Renommee wetteifernden europäischen Höfen und einem vermehrt nach Prestige strebenden finanzkräftigen Bürgertum empfahl sich die Strategie, über lokale Grenzen hinweg ferne Kunstmärkte und neue Käuferschichten zu erreichen, um das eigene Werk gewinnbringend bekannt zu machen. Sperrige Skulpturen und fragile Gemälde waren für diese vielfältigen Transaktionen wenig geeignet. Vielmehr sollte die Druckgraphik zum perfekten Gesandten im kunstdiplomatischen Dienst der eigenen Sache werden. Mit graphisch hinreißenden Kupferstichen versuchten die Künstler, das Publikum zu betören und es auf dem Laufenden über die eigenen Neuschöpfungen zu halten. Die in dieser Hinsicht erfolgreichsten Virtuosen um 1600 waren Hendrick Goltzius (1558–1617) und Peter Paul Rubens (1577–1640).

Dies wird in der gleichnamigen Ausstellung in der Staatlichen Graphische Sammlung München in der Pinakothek der Moderne vom 13.06.2024 bis zum 15.09.2024 gezeigt. Dies ist die offizielle Begleitpublikation, die gleichzeitig in deutscher und englischer Sprache erscheint.

In der Einleitung wird auf das Verbindende von Goltzius und Rubens hingewiesen, nämlich die „Wucht, die ihre Werke bei Erscheinen entfalteten und heute noch haben.“ (S 15) Im Mittelpunkt stehen Fragen wie Wie werde ich berühmt? Wie bleibe ich berühmt? Wie kann ich diesem Ruhm vermehren und auch finanziell nutzen?

Danach folgen drei Hintergrundessays. Zuerst geht es um den künstlerischen Austausch der beiden Protagonisten. Danach stehen Goltzius’ unverwechselbarer Stil und seine Vorbilder im Vordergrund genauso wie seine Rolle als Verleger, wo er sich auch um den Druck und den Vertrieb der Blätter sowie um deren Finanzierung und Schutz kümmern musste.

Die grafische Arbeit von Rubens von seinen Anfängen bis hin zu seinen Stilelementen und der globalen Verbreitung seiner Werke werden danach vorgestellt.

Danach folgt der Katalogteil, der in verschiedene Schwerpunkte gegliedert ist: Werkstattbetrieb und Stecher, Wohnungen, Privilegien, Verleger, Druckgrafik und Zeichnungen, technische Experimente, Meisterdrucke, Antike, Vorbilder, Porträts und Nachbilder.

Er wird immer von einem längeren Text von Hintergrundwissen eingeleitet, danach werden die Exponate abgebildet.

Anschließend wird die Druckgrafik von Goltzius und Rubens in der Staatlichen Graphischen Sammlung München behandelt, bevor eine Bibliographie das Buch abschließt.

Für Idealisten, die Künstler*innen deswegen lieben, dass sie Kunst um der Kunst willen machen, ist diese Ausstellung oder das Buch nicht geeignet. Es zeigt vielmehr ausführlich die frühe Kunst des Selbstmarketings an zwei sehr prominenten Beispielen. Was nicht heißen soll, dass die herausragende Kunst das eigentliche Produkt ausgemacht haben

Lange bevor dies heute zu einer eigenen Profession geworden ist, werden hier Strategien und Effekte sichtbar gemacht, die zu dieser Zeit wirkungsvoll waren. Auf die Gegenwart ist dies von daher nur bedingt übertragbar.

 

 

 

Über Michael Lausberg 567 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.