Bürger oder Versorgungsempfänger?

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So langsam treten die Risiken und Nebenwirkungen des sozialpolitischen Prestigeprojekts der Ampel zutage: Das sogenannte „Bürgergeld“ kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem für den Arbeitsmarkt eigentlich ganz andere Signale notwendig wären: nämlich größtmögliche Anreize, so schnell wie möglich eine Beschäftigung anzunehmen. Die zukünftige Sozialleistung, die mit dem „Bürgergeld“ gezahlt wird, gibt den Betroffenen aber genau das gegenteilige Zeichen. Die Zahl der Leistungsempfänger wird deutlich ansteigen, und man wird sagen dürfen: Das genau ist der Wunsch insbesondere der Sozialdemokraten.

„Bürgergeld“ signalisiert nämlich schon vom Begriff her: Hier entsteht ein neuer Anspruch für den „Bürger“, und den soll er auch einfordern. Dabei war die Leistung, die dahintersteht, ursprünglich einmal eine reine Sozialleistung, nämlich die Sozialhilfe, die immer erst dann bezahlt wurde, wenn Versicherungsleistungen wie das Arbeitslosengeld oder die eigene Leistungsfähigkeit aus Ersparnissen und Vermögen erschöpft waren. Aber schon mit den Hartz-Reformen vor 20 Jahren wurden die Grenzen schwimmend, aus der Sozialhilfe wurde das Arbeitslosengeld II, die Unterscheidung zwischen selbst erworbener Versicherungsleistung und der von der Allgemeinheit gezahlten Sozialleistung war damit bereits begrifflich unklar geworden.

Da ist das neue „Bürgergeld“ nur die logische Fortsetzung dieses Weges. In der Diskussion um die angemessene Höhe und die Voraussetzungen zum Leistungsbezug geht verloren, dass für Arbeitnehmer, die arbeitslos werden, immer noch der Bezug des Arbeitslosengeldes oder des Kurzarbeitergeldes als Versicherungsleistung vorangeht. Und in dieser Zeit sind eigentlich alle Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich – nicht erst dann, wenn die Bezugszeit abgelaufen ist und demnächst das „Bürgergeld“ ansteht.

Und selbst dann setzen sich nach dem Willen der Koalition die Anreize fort, doch länger dort zu verweilen. Der Bundesrechnungshof weist – sehr zum Ärger der Koalition – darauf hin, dass eine vierköpfige Familie mit einem Haus jeder Größe, mit zwei Autos und 150.000 Euro Vermögen sowie weiteren Rücklagen zur Altersversorgung demnächst „Bürgergeld“ erhalten kann. Das Kieler Institut für Wirtschaft kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, dass insbesondere in Konstellationen einer mehrköpfigen Familie das Haushaltseinkommen mit „Bürgergeld“ höher oder gleich hoch sein wird wie bei einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Diejenigen, die angesichts dieser Aussichten immer noch jeden Morgen aufstehen und zur Arbeit gehen, stellen sich zu Recht die Frage: Warum eigentlich?

Damit kein Missverständnis entsteht: Menschen, die in Not geraten, muss unser Staat helfen. Und angesichts der hohen Inflation ist es selbstverständlich, dass die Regelsätze schnell angepasst werden, damit gerade die Schwächsten in unserer Gesellschaft unter den Kostensteigerungen nicht am meisten leiden. Aber hinter dem „Bürgergeld“ steht vor allem gesellschaftspolitisch der falsche Weg. Denn große Teile der Ampel-Koalition sympathisieren seit langer Zeit mit einem bedingungslosen Grundeinkommen für alle Bürger. Nach der Grundsicherung im Alter, die noch von der alten Koalition beschlossen wurde, folgt jetzt das „Bürgergeld“. Die Koalition arbeitet an den Plänen für eine Kindergrundsicherung, die spätestens 2024 folgen soll. Und dann wäre das Ziel weitgehend erreicht, dass ein sehr großer Teil der Menschen in Deutschland Anspruch auf staatliche Transferleistungen hätte. Aus dem zunächst einmal für sich selbst verantwortlichen Bürger wird mehr und mehr ein Versorgungsempfänger. Nicht Eigenverantwortung steht im Vordergrund, sondern ein paternalistischer Staat, der nach eigenen Maßstäben erst nimmt und anschließend einen Teil davon wieder gibt. Es bleibt am Ende eine Frage: Warum macht ausgerechnet die FDP das alles mit?

Quelle: MerzMail

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