Benedict Wells, der als Vorbild die Romane von John Irving nennt, zweiter Roman „Becks letzter Sommer“ bedeutete für den jungen Künstler den Durchbruch in der Welt der Literatur. 2009 wurde er mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet. 2015 kam die Verfilmung von Becks letzter Sommer mit Christian Ulmen in der Hauptrolle sogar in die Kinos der Republik.
Nach siebenjähriger Schreibdauer erschien im Februar 2016 erschien sein vierter Roman „Vom Ende der Einsamkeit“. Dieser sensibel geschriebene Roman bedeutete für Wells einen weiteren Erfolg und der Anstieg auf der Karriereleiter. Vom Ende der Einsamkeit kam kurz nach Erscheinen sofort auf Platz 3 der SPIEGEL-Bestsellerliste.
„Vom Ende der Einsamkeit“ erzählt von einer Familientragödie, die den Ich-Erzähler Jules und seine beiden Geschwister Marty und Lizzy aus der Bahn werfen. Ihre Eltern kamen durch einen Verkehrsunfall in Frankreich ums Leben. Der Tod, die Trauer und die Einsamkeit sind für sie nur schwer zu ertragen und prägen ihren weiteren Lebensweg. Jeder trauert dabei für sich alleine. Vor allem Jules lebt in seiner eigenen Erinnerungswelt, wo die Eltern noch leben und schafft sich damit eine Traumwelt, die ihn am Leben erhält. Er übernimmt die Liebe zur Fotographie von seinem Vater und entwickelt sich sonst zu einem scheuen, nachdenklichen jungen Mann. Wie seine Mutter hört Jules am liebsten die Beatles, Paolo Conte, John Coltrane und den ebenfalls früh verstorbenen Melancholiker Nick Drake.
Doch der Roman hat nicht nur eine traurige, düstere Seite: Aus Erinnerungen beschreibt Wells die Liebesgeschichte zwischen Jules und seiner Jugendfreundin Alva. Beiden gemeinsam ist, dass sie nie über den großen Verlust ihrer Kindheit hinwegkommen sind, was sie auch wieder zusammenschweißt. Nach einigen Verwicklungen und spannenden Wendungen kommt es doch noch zu einem versöhnlichen Ende. Die beiden finden schicksalshaft zueinander und gründen zum Schluss eine Familie mit zwei Kindern, um die Einsamkeit letztendlich zu besiegen. Die Gedanken an seine Eltern begleiten Jules dennoch weiter.
Dieser „Selbstfindungsroman“[1] bedient alle großen Gefühle: Tod, Trauer, Einsamkeit, Liebe und die Sehnsucht nach Geborgenheit. Das Innenleben der Figuren, besonders Jules, steht im Vordergrund des Romans. Er schafft es, Gefühle bei den Lesern hervorzurufen, ohne dabei kitschig oder plump zu sein. Es ist kein Wunder, dass Wells für sein einfühlsames und fesselndes Werk mit dem Literaturpreis der Europäischen Union ausgezeichnet wurde. Hintergründig und nachdenklich, romantisch und vernünftig, die Facetten der Geschichte sind sehr vielfältig: Benedikt Wells schafft es damit, die Leser zu begeistern und in eine spannende, melancholische Welt mit kritischem Hintergrund zu entführen. Eine lesenswerte, kurzweilige Lektüre.
[1] http://www.sueddeutsche.de/kultur/benedict-wells-vom-ende-der-einsamkeit-wer-bin-ich-eigentlich-1.2940402
Buches Benedict Wells: Vom Ende der Einsamkeit, Diogenes Verlag 2016, 22 Euro
Kommentar hinterlassen
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.