Brigitte Sölch / Elmar Kossel (Hrsg.): Platz-Architekturen

Kontinuität und Wandel öffentlicher Stadträume vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart

Landeshauptstadt Schwerin, Foto: Stefan Groß

Brigitte Sölch/Elmar Kossel (Hrsg.): Platz-Architekturen. Kontinuität und Wandel öffentlicher Stadträume vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart, Deutscher Kunstverlag, Berlin 2018, ISBN: 978-3-422-07457-6, 48 EURO (D)

In diesem Werk zur kunsthistorischen Stadt- und Platzforschung geht es um Kontinuität und Wandel öffentlicher Stadträume vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. In verschiedenen Beiträgen nehmen Experten städtebauliche Überlegungen und die konkrete historische Entwicklung verschiedener Stadträume in den Blick. 

Das Buch beginnt mit dem allgemeinen Beitrag von Wolfgang Pehrt, der einen Streifzug durch Architektur und Städtebau des 20. Jahrhunderts mit der Vorstellung wichtiger Theoretiker unternimmt. Anschließend folgt das Unterkapitel Konzepte: Anne Brandl beschäftigt sich dabei mit der sinnlichen Wahrnehmung von Stadträumen in der Literatur und Wolfgang Sonne setzt sich mit Ansätzen des reformierten Städtebaus von 1900, die das Jahrhundert mitprägten, auseinander.

Danach folgen vier Beiträge, die das Themenfeld der longue durée abdecken. Jean-Philippe Garnic behandelt zunächst die Interpretation römischer Stadträume durch das neue Medium der Fotografie. Danach stellt Melchior Fischli die städtebaulichen Eingriffe in das Zentrum von Florenz am Ende des 19. Jahrhunderts vor. Katia Piesker skizziert die Entwicklung des Tophane-Platzes in Istanbul als Beispiel des osmanischen Kulturraums. Klaus-Jan Phillipp geht danach noch auf das Spannungsfeld von öffentlichem Raum und kommerziellen Interessen am Beispiel des „Kleinen Schlossplatz“ in Stuttgart ein. 

Geschichtsbilder stehen bei den zwei folgenden Essays im Mittelpunkt: Dario Donetti untersucht den Bau und die Wirkung der römischen Platzanlage Piazza della Romanita all’EUR von Pietro Aschieri und Elmar Kossel auf den Piazzale dell’Impero ebenfalls in Rom. 

Im Kapitel Spurensuche geht zunächst Ulrich Knufinke den Spuren der Erinnerung von Synagogen nach, die in der „Reichspogromnacht“ 1938 zerstört wurden. Leonie Beiersdorf untersucht danach Plätze als Memorialräume mit Denkmalformen.

Felix Schmuck und Stanislaus von Moos richten ihren Blick auf städtebauliche Visionen, auf unterschiedliche Formen und Konzepte des Dialogs zwischen Architektur und Öffentlichkeit. Schmuck analysiert dabei das Bühnenbild, das Friedrich Weinbrenner in Auftrag gab, um seine Planung des öffentlichen Marktplatzes und der zugehörigen Via Truimphalis im Karlsruher Hoftheater zu zeigen. Danach zeigt von Moos die Stadtsanierung von Philadelphia nach dem 2. Weltkrieg und die Projekte auf. 

Die neuen Visionen von Städten seit den 1980er Jahren werden von André Bideau und Ole W. Fischer aufgearbeitet. Bideau setzt sich mit dem Entwurf von Oswald Mathias Ungers für Frankfurt/Main auseinander, während Fischer nach strategischen Konzepten der Zeit fragt. 

Schillernde Kontrastfolien sind die Beiträge von Claudia Tittel und Olivier Gaudin, die sich mit der Medialisierung von Stadträumen auseinandersetzen. Tittel stellt dabei den Times Square in New York vor, Gaudin die alltäglichen Wechselwirkungen zwischen Shoppingsmalls und kommerziellen Räume städtischer Zentren. 

Die Stadt und der Platz als Orte des Protests sowie als Gegenstand sozialer und politischer Auseinandersetzungen werden dann vertieft. In ihrem Beitrag beschäftigt sich Magdalena Nieslony mit dem Petrograder Schlossplatz als Schauplatz des Bilderstreites. Carolin Höfler analysiert Protestformen im analogen und digitalen Bereich wie beim Tahrir-Platz in Ägypten. 

Im Anhang findet man noch die Abbildungsnachweise, ein Orts- und Personenregister.

Hier werden Plätze der Vergangenheit in typologischer Hinsicht, in Bezug auf die architektonische Raumbildung sowie die Qualität von Denkmälern und Monumenten am Platz sowie Plätze als Schauplätze sozialer Kämpfe thematisiert, es ist kein Band über soziologische Raumaneignungsstrategien. Die Beiträge haben hohes Niveau und decken fast alle Bereiche ab. Es fehlen jedoch Beiträge zur Vision der Stadt im 21. Jahrhundert, der städtischen Raumplanung mit dem Schwerpunkt ökologischer Aspekte (Urban Gardening, Erholungsort usw.)

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Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.