Boris Palmer: Haben die Grünen meine einst kritisierten Positionen zur Flüchtlingespolitik übernommen?

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Ricarda Lang hat heute in der Südwestpresse ein überzeugendes Interview gegeben. Wir kennen uns gar nicht, aber ich würde das gerne mal nachholen. Ihre Frage, ob sich eigentlich seit meinem Austritt inhaltlich etwas verändert hat, finde ich selbst spannend. Ich habe deshalb nochmal nachgelesen, was mir im Parteiausschlussverfahren vorgeworfen wurde.
Die nachfolgenden Punkte sind allesamt Zitate aus der Begründungs des Parteiausschluss und stellen in der Tat die Frage, ob das heute noch Ausschlussgründe sind oder nicht eher Elemente der aktuellen Regierungspolitik.
Ausschlussgrund 2c)
Gruppe von Männern am Tübinger Hauptbahnhof 2019
Im November 2019 sah sich der Antragsgegner am Bahnhof Tübingen von einer Gruppe junger Männer bedrängt, „davon sechs Schwarzafrikaner und augenscheinlich alle Migranten“. Er äußerte erhebliche Zweifel an der Integrationswilligkeit der fraglichen Personen und forderte, „dass Flüchtlinge, bei denen durch ihr individuelles Verhalten erhebliche Zweifel an ihrer Integrationswilligkeit bestehen, in einer Landeseinrichtung verbleiben oder erneut dort untergebracht werden.“ Weiter führte er aus: „Abgelehnte Asylbewerberinnen und -bewerber ohne Bleibeperspektive müssen unser Land schnellstmöglich wieder verlassen.“
Ausschlussgrund 1a) Abschiebung von Flüchtlingen, die wichtige Verhaltensregeln verletzen
Im August 2015 äußerte der Antragsgegner, für Flüchtlinge, die elementare Verhaltensregeln verletzten, könne das Asylrecht außer Geltung gesetzt werden und die fraglichen Personen dürften in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden, darunter auch Syrien: „Es gibt auch in
Syrien Gebiete, die nicht im Krieg sind.
Ausschlussgrund 1b) Kein Platz für alle 2015
In einem Interview mit dem Mannheimer Morgen betonte der Antragsgegner im August 2015, wir haben nicht Platz für alle“ und schlug vor, die EU-Außengrenzen „notfalls bewaffnet“ zu schließen.
Ausschlussgrund 1c) Obergrenze für Flüchtlinge 2015
Im Oktober 2015 führte das Festhalten des Antragsgegners an seiner Position, es brauche eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen, zu einer Kontroverse mit der damaligen Bundesvorsitzenden Simone Peter und den baden-württembergischen Landesvorsitzenden Oliver Hildenbrand und Thekla Walker. Der Antragsgegner hielt öffentlich an seiner Position
fest.
Ausschlussgrund 1e) Erneut: Abschiebung auch in unsichere Gebiete 2016
Gegenüber der Stuttgarter Zeitung fasste der Antragsgegner im August 2016 seine Positionen zur Flüchtlingskrise noch einmal zusammen. Für Flüchtlinge, die elementare Verhaltensregelnverletzten, könne das Asylrecht außer Geltung gesetzt werden und die fraglichen Personen dürften in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden, darunter auch Syrien, so der Antragsgegner und ein weiteres Mal: „Es gibt auch in Syrien Gebiete, die nicht im Krieg sind.
Ausschlussgrund 1f) „Wir können nicht allen helfen“ 2017
In seinem 2017 erschienenen Buch „Wir können nicht allen helfen“ sprach sich der Antragsgegner für Abschiebungen nach Afghanistan aus. Die Wahrscheinlichkeit eines gewaltsamen Todes sei dort nicht relevant höher als etwa in Chicago.
Und weiter: „Voraussetzung für eine solche humanitäre Haltung ist aber, dass die Grenzen nicht wie 2015 erneut geöffnet werden. … Andernfalls würde in Afghanistan sehr schnell die Botschaft ankommen, dass es reicht, einmal nach Deutschland durchzukommen, um ein Aufenthaltsrecht zu erlangen. Diese Sogwirkung zu bestreiten, hieße wirklich, die schrecklichen Zustände in Afghanistan zu verkennen.“
Zum Fall eines afghanischen Asylbewerbers, der nach Verbüßung einer Haftstrafe nicht abgeschoben wurde, weil er zwischenzeitlich zum Christentum konvertiert war, führte der Antragsgegner aus: „Zum Schutz der Hilfsbedürftigen dürfen Gewalttäter sich nicht auf das Asylrecht oder gar das Christentum berufen, um in unserem Land Gewalttaten begehen zu können.

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