Aus den Kupfertrichtern flüstern Stimmen, klagen in vielen Sprachen ihr Leid, der Sturm schwillt an, zu einem Schrei, schwarzer Flügelschlag über die Glut. Rebecca Horn, Konzert der Seufzer
Verteilt auf drei Repräsentationsräume der neuen Galerie im Museumsviertel, zeigt Thomas Modern einen „ganzen Strom“ von jeweils verknüpften und miteinander Dialog führenden Werken einer der herausragendsten Protagonistinnen der internationalen Kunstszene: Rebecca Horn.
Es sind für diesen besonderen Ort und Anlass – nämlich die erste Personale der Künstlerin in München – neu gestaltete Installationen, wie die bereits 1997 bei der Kunstbiennale von Venedigausgestellte„skulpturale Komposition“ Konzert der Seufzer – Concerto dei sospiri, aus deren Kupferröhren und -trichtern sich ein Zusammenspiel von Flüstern und Geräuschen heraushören lässt. Stimmen sind zu vernehmen in den unterschiedlichsten Idiomen der Welt– spanisch-kubanische, chinesische und französische – , die die Künstlerin auf ihren Reisen aufgelesen und sich hier zu einem „Klangteppich von Klagen und Alpträumen“ (Doris von Drahten)vermischen. Ein „babylonisches Sprachgewirr“ artikuliert von berühmten Persönlichkeiten des zeitgenössischen Kulturgeschehens: vom englisch-irischen Schauspieler David Warrilow, dem Freund und Interpreten Samuel Becketts, von Andy Warhols Freund Taylor Mead oder auch von der legendären Marina Abramović. Die eindrucksvolle „chorale“ Installation mit den raumverbindenden Röhren füllt den mittleren Raum der Galerie. Im ersten vollzieht sich langsam die Verwandlung eines abgebrochenen in Bronze gegossenen Astes. Ein Kranz aus Messingstäben
innerhalb der Skulptur öffnet sich für einen kaum wahrnehmbaren Augenblick und offenbart – wenn sich ihre Spitzen treffen – eine leere Mitte, die zum verborgenen innersten Zentrum des Baums wird, das es zu schützen gilt. Es ist – erklärt Rebecca Horn – der „Sonnengeflechtspunkt des Baums“, von dem alle Energie ausgeht: ein „Nachbild der Sonne auf unserer Retina“.
Die optische Täuschung setzt sich in ihrer magischen Inszenierung im dritten verdunkelten Raum fort, wenn der Besucher auf einmal vor Black Moon Mirror steht: die eindrucksvolle kinetische Installation, die der Ausstellung ihren Titel verleiht. Er steht – so klein wie Blaise Pascals „Néant“- vor dem unlösbaren Rätsel des Universums, das sich ihm nur durch einen schwebenden Schatten aufschließt. Erstaunt erblickt er eine rundförmige glatte Wasserfläche, die plötzlich von einer feinen Kupferschlange leicht berührt wird und verfolgt fasziniert die Wasserringe, die sich mit einem einzigen Lichtstrahl als „konzentrisch sich ausdehnende Wellen an die Wand projizieren“. Im luftleerem Raum herum schwirrende, wie von leichten Windbrisen beflügelte Pinselstriche in hellen Tönen auf großflächigen Gemälden und Gouachen begleiten die tief bewegende Schau der im Odenwald geborenen, in Berlin und Paris lebenden Künstlerin, deren komplexe Raumarbeiten seit den 70er Jahren in Kirchen, Synagogen oder historisch-politisch aufgeladenen Orten zu erleben und zu entschlüsseln waren.
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