Bischof Dr. Voderholzer führt tschechische Priester durch das ehemalige Wohnhaus von Prof. Ratzinger in Pentling

Bischof Voderholer und eine Grupee tschechischer Priester besucht das Wohnhaus von Joseph Ratzinger

Ein Bischof als Reiseleiter, wer hat schon das Glück? Eine Gruppe tschechischer Priester kam in den Genuss und besuchte das ehemalige Wohnhaus von Joseph Ratzinger, Papst em. Benedikt XVI., in Pentling. Der Regensburger Bischof Dr. Voderholzer hatte während seiner Führung tiefgehende Einblicke sowohl in den persönlich-wissenschaftlichen als auch kirchlichen Werdegang des emeritierten Papstes und früheren Professors gegeben, aber ebenso ein sehr persönliches Lebensbild gezeichnet. Das Haus in Pentling war eigentlich als Alterswohnsitz für Joseph Ratzinger gebaut worden. Hier wollte er im Kreise von Bruder Georg und Schwester Maria seinen Lebensabend verbringen. Doch bekanntlich kam alles anders.

Bescheiden, aber modern, steht es als Zeichen der jüngsten Kirchengeschichte unweit von Regensburg. Große Fenster, ein Blick in einen wunderbaren Garten mit zwei Bronze-Skulpturen, einer Katze und einer Maria als Mutter der Kirche sowie einem runden Sitzplatz machen die Idylle perfekt. Ein langer Balkon zum Beten und Denken gibt Ausblick und Überblick, ja Weite. Das Haus in Pentling sollte der Ort sein, wo der große Intellektuelle Joseph Ratzinger nach seinen Wanderjahren Ruhe finden wollte. Zwischen 1969-1970 erbaut, diente es dem damaligen Regensburger Professor in den Jahren von 1970 bis 1977 als privater Wohnsitz.

Ob als Erzbischof von München und Freising, als Präfekt der römischen Glaubenskongregation, als Papst oder Papa Emeritus – Pentling galt als Sehnsuchtsziel, war sein „Daheim“. Im September 2006 während seines Pastoralbesuches in Bayern und im Juni 2020, als er sich von seinem schwererkrankten Bruder verabschiedete, kam der große Theologe, der 1969 die Berufung an die theologische Fakultät annahm, nochmals in sein einstiges Refugium.

„Ich hatte ein kleines Haus mit Garten bauen können, das meiner Schwester und mir ein rechtes Zuhause wurde, in dem mein Bruder immer gerne einkehrte. Wir waren wieder daheim“, schreibt Joseph Kardinal Ratzinger in seinem Buch „Aus meinem Leben“. Heute erinnert eine Gedenktafel an den Ehrenbürger der Gemeinde, der in Pentling immer zu Fuß unterwegs war. Wie sehr er auch in Italien immer noch mit Regensburg verbunden war, betonte er bei einer Audienz für die Pentlinger in Rom: „Ich habe auch sehr gute Nachbarn gefunden, das Ehepaar Hofbauer, das zusammen mit Chico, dem Kater, und mit Ingo, dem Hund, das Haus treulichst bewacht und belebt.“

Gruppenbild im Garten des Papsthauses

Im September des Jahres 2010 hatte Prälat Georg Ratzinger in Vertretung seines Bruders Joseph den Schlüssel des Gebäudes an den damaligen Direktor des „Instituts Papst Benedikt XVI.“ Prof. Dr. Rudolf Voderholzer überreicht und damit sein Privathaus in der Bergstrasse 6 der Stiftung Papst Benedikt XVI. übertragen und die zukünftige Nutzung und Betreuung in die Hände des Instituts gelegt.

Bischof öffnet mit Originalschlüssel

Genau mit diesem Originalschlüssel öffnete Bischof. Dr. Voderholzer nun die Türen für einen Rundgang durch Haus und Garten. Wie Bischof Rudolf gleich zu Beginn erklärte, sei es ungewöhnlich, dass am Haus eine Garage sei, denn der Geistliche hatte nie einen Führerschein gemacht. „Es gab eine Auflage, dass man nur ein Haus hier bauen darf, wenn man auch eine Garage dazu baut.“ Ratzinger jedenfalls ist entweder mit dem Bus oder dem Fahrrad gefahren.

Bischof Rudolf öffnet die Tür

Das Herzstück – Das Arbeitszimmer

Das Papsthaus ist mittlerweile zu einem weit über Regensburg bekannten „Ort der Begegnung und der Dokumentation“ geworden. Wie Bischof Rudolf betonte, sei das Arbeitszimmer so hergerichtet wie es sich Professor Ratzinger einst eingerichtet hatte. Der große lichtdurchflutete Raum, wo er viele seiner bekannten wissenschaftlich-theologischen Werke  geschrieben hatte, wurde größtenteils mit rekonstruierten Möbeln und entsprechenden Büchern ausgestattet. Die eindrucksvolle Bibliothek, Spiegel eines jeden Intellektuellen, entspricht weitgehend der Ausstattung aus dem Jahr 1977. Selbst die Regale von einst wurden bei der „Wissenschaftlichen Buchgesellschaft“ in derselben Farbgebung nachbestellt, so der Ratzinger-Experte Bischof Dr. Voderholzer. Etliche Bücher, die seinerzeit zurückgelassen wurden und den handschriftlichen Besitzvermerk „Joseph Ratzinger“ tragen, sind in die Bibliothek integriert.

Quasi das geistige Zentrum des Arbeitszimmers ist aber der Schreibtisch. Hier atmet der Besucher buchstäblich den Geist, die Ideen, die den unermüdlich arbeitenden Theologen beflügelten und die dem Raum eine Aura des Erhabenen verleihen. Das Erlebnis inmitten eines Stückes abendländischer Geisteskultur zu stehen, wird auch dann nicht minimiert, wenn man erfährt, dass das Original im über 1000 Kilometer entfernten Vatikan-Kloster „Mater Ecclesiae“ steht. 1953 hatte Ratzinger das funktionale Möbelstück zu Beginn seiner Dozententätigkeit in Freising von der Hochschule zur Verfügung gestellt bekommen. Der Schreibtisch, wie Bischof Rudolf erklärt, sei im Detail fotografiert, vermessen und nachgebaut worden, also eine originalgetreue Kopie. Vor seinem Umzug nach Bonn 1959 kaufte er dann das funktionale Möbelstück, das er seit dieser Zeit zu allen seinen Wirkungsstätten mitnahm. Wie Bischof Rudolf betonte, „hatte man in Freising den Professoren einen Dienstschreibtisch zur Verfügung gestellt“.  Ob in Bonn, Münster, Tübingen, Regensburg, München und Rom – auf dem Möbelstück sind alle wichtigen theologischen Werke entstanden. Eine Besonderheit auf dem Schreibtisch ist ein griechisches „Neue Testament.“ Fast jede Seite, so der Bischof, ist in ganz kleiner Schrift mit Randnotizen versehen. „Das ist das Buch, das ihn überall hin bekleidet hat – und er hat jeden Vortrag und jede Predigt aus dem griechischen Testament erarbeitet.“

Gruppe im Papsthaus

Wie der Bischof gegenüber den zwanzig Priestern aus den verschiedenen Diözesen Tschechiens, die alle noch ihren Dienst unter dem Vorzeichen des Kommunismus ausgeübt oder wenigstens begonnen haben, betonte, habe man im Hause Ratzinger stets auf Qualität großen Wert gelegt. So sei es auch mit einer Lampe aus den 30er Jahren, die damals ebenso Einzug in das neue Haus fand. „Was man allerdings nicht habe, sei die Schreibtischlampe,“ so der Regensburger Oberhirte. Und wem es gelingt, diese Lampe mit Schwanenhals zu finden, die beim Umzug von München nach Rom wahrscheinlich kaputtgegangen ist, winkt eine Kiste mit gutem Wein.

Überrascht zeigte sich die Gruppe vom „Sudetendeutschen Priesterwerk e.V.“ als Bischof Rudolf erklärte, dass Leute die Wasserleitung des Hauses angezapft hatten, weil sie glaubten, es sei besonders Heiliges Wasser. Für eine Überraschung sorgte ebenso die Aussage des Gründungsdirektors des „Instituts Papst Benedikt XVI.“ und Henri de Lubac-Experten Voderholzer, dass der Vater von Joseph Ratzinger seine Frau über eine Anzeige im „Altöttinger Liebfrauenboten“ gefunden hatte. Ebenso beeindruckt war man darüber, dass die Türen des Hauses einen besonderen Schutz genießen. Kein Wunder, tragen noch fast alle den Schriftzug 20 * C + M + B + [Christus mansionem benedicat – Christus segne dieses Haus] mit der jeweils erneuerten Jahreszahl. Und wie zu erkennen ist, handelt es sich gut erkennbar um die Handschrift des späteren Papstes. Wie Bischof Rudolf mit viel Begeisterung zum Abschluss des Rundganges erklärte, habe man den jungen Ratzinger oft nicht als Professor identifiziert, weil er in und mit seiner Jugendlichkeit gar nicht so recht in das Bild eines Ordinarius passte.

Eintragung in das Gästebuch

Nach der einstündigen Führung stieg die Gruppe, die zuvor das „Institut Papst Benedikt XVI.“ im Priesterseminar in Regensburg besucht hatte, begeistert in den Reisebus. Zuvor hatten sich schon alle im Gästebuch des Papsthauses verewigt – und damit ein wenig Geschichte in die Zukunft geschrieben.

Seit Jahren unterstützt der Regensburger Bischof, selbst Mitglied im „Sudetendeutschen Priesterwerk e.V.“, Aktivitäten der Mitbrüder. Den tschechischen Geistlichen ein paar schöne Tage zu bieten, hat sich das SPW auf die Fahnen geschrieben. So war man in den vergangenen Jahren auf dem Gebiet der Diözese Regensburg aktiv, im nächsten Jahr ist Nürnberg als Tagungsort geplant.

 

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Über Stefan Groß-Lobkowicz 2159 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".