Wenn Ihnen jemand in einem weit entfernten, fremden Land offenbaren würde, dass er Ihre persönliche Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft kennt, indem er sie aus in Sanskrit oder Tamil verfassten Schriften lesen könne, die auf uralten Palmblattmanuskripten geschrieben stehen – würden Sie ihm glauben? Wahrscheinlich nicht.
Dennoch gibt es sie, die geheimnisvollen Palmblattbibliotheken. Die Urschriften der dort aufbewahrten Palmblätter wurden von einer Gruppe mythologischer Wesen – den Rishis – verfaßt, die etwa 5000 v. Chr. gelebt haben sollen. Der Überlieferung zufolge nutzten die Rishis ihre spirituellen Fähigkeiten dazu, aus der Akasha-Chronik die Lebensläufe von mehreren Millionen Menschen zu lesen und schriftlich auf den getrockneten Blättern der Stechpalme zu fixieren. Das gesamte Leben dieser Menschen, von der Geburt bis zum genauen Zeitpunkt ihres Todes, wurde auf den Palmblättern in Alt-Tamil – einer Sprache, die heutzutage nur noch von wenigen Eingeweihten beherrscht wird – in eng geschriebenen Zeichen eingeritzt. Ein solches Palmblatt überdauert im Normalfall etwa 800 Jahre. Wenn es alt und brüchig geworden ist, wird eine Abschrift des Textes auf einem neuen Palmblatt angefertigt. Von der einstigen Urschrift existieren zwölf Kopien, die in ebenso vielen Bibliotheken in ganz Indien bewahrt werden. Etwa 10 Prozent der Palmblätter sollen Informationen über das Schicksal von Nicht-Indern enthalten. Jeder, der erfahren möchte, was das Schicksal für ihn bereithält, muß sich aber selbst in eine der Palmblattbibliotheken begeben.
Spuren der Rishis finden sich auch außerhalb des indischen Subkontinentes. Palmblattbibliotheken existieren beispielsweise auch auf Bali und Sri Lanka sowie in Myanmar und Kambodscha.
Auf eine weitere dieser Schicksalsbibliotheken stieß ich in Kuala Lumpur. Das Haus, in dem die Bibliothek verwahrt wird, unterscheidet sich in nichts von den Nachbargebäuden in dem Little India genannten Viertel, das vor allem Arbeiter, Angestellte und Händler bewohnen. Kein Hinweisschild, keine Werbung, nichts, das dem neugierigen Fremden den Weg weisen könnte, macht auf diesen besonderen Platz aufmerksam.
Doch eine kurze Frage bei den Nachbarn klärte die Situatiuon. Hier würde ich tatsächlich die „Nadi Agasthya Jythida Nylayam“, die Palmblattbibliothek des Rishis Agasthya finden. Zunächst ging es mit dem Lift 4 Etagen hinauf. Und dann stand ich tatsächlich in den Räumlichkeiten der Bibliothek. Indische Götterbilder hingen an den Wänden, der aromatische Duft von Räucherstäbchen zog durch die Räume.
Nach kurzer Wartezeit erschien der Palmblattleser und bat mich um einige persönlichen Informationen. Um das Palmblatt eines Klienten aufzufinden, benötigten die Nadi-Reader hier zunächst den kompletten Namen, das Geburtsdatum und den Abdruck des Daumens. Dabei wurde der Daumenabdruck je nach Geschlecht des betreffenden Klienten unterschiedlich abgenommen. Die Herren gaben den Abdruck des rechten Daumens, die Damen den des linken Daumens ab. Dies verwunderte mich nun doch ein wenig, gilt doch in Asien allgemein die linke Hand allgemein als „unrein“, da sie für alle Tätigkeiten unterhalb der Gürtellinie benutzt wird, und in den ärmeren Bevölkerungsschichten auch heute noch das Toilettenpapier ersetzt. Doch für das Orakel schienen die Fragen der rituellen Reinlichkeit nur eine untergeordnete Bedeutung zu haben. Sri Devadendran, der Palmblattleser, erklärte mir, daß diese Art der Personalienaufnahme aller Ratsuchenden einst durch den Rishi Sri Agasthya persönlich angeordnet worden sei. Nach dieser Auskunft machte er sich auf, um im Archiv nach meinen Palmblättern suchen. Sobald sie gefunden waren, würde das eigentliche Nadi-Reading beginnen.
Sri Devadendran erläuterte, dass er aus all jenen Palmblattmanuskripten, die eine bestimmte Affinität zu den vorhandenen Angaben – also dem Daumenabdruck, meinem Namen, dem Geburtsdatum und der astrologischen Konstellation, unter der ich diese Palmblattbibliothek aufgesucht hatte – die jeweils bedeutendsten, die Vergangenheit betreffenden Aussagen vorlesen würde. Konnte ich diese Aussagen bestätigen, wurde mit der Lesung fortgefahren Trafen die Aussagen nicht zu, wurde das Palmblatt verworfen und ein neues Manuskript gelesen. Letztlich ging es darum, meinen Namen und das Geburtsdatum sowie die Namen und ihrer Eltern zu verifizieren. Stimmten diese mit den Informationen des Palmblattes überein, war das zutreffende Manuskript aufgefunden. So ergab sich eine Art von Frage-und-Antwort-Spiel, bei dem sich der Leser durch Rückfragen vergewisserte, ob die auf den Palmblättern angegebenen Daten – die sich sämtlich auf die Vergangenheit und die momentanen Lebensumstände bezogen – mit der Realität übereinstimmten. Nachdem Sri Devadendran bereits einige Blätter verwerfen musste, da deren Aussagen zutrafen, war es soweit .
„Sie sind bei ihrer Mutter aufgewachsen, die nicht verheiratet ist. Der Name Ihrer Mutter ist Ursula.“
Das stimmte.
„Zum Zeitpunkt dieser Lesung weilen sowohl ihr Vater als auch ihre Mutter nicht mehr unter den Lebenden. Ihre Mutter verstarb im Februar 2017.“
Genau so war es.
„Der Name Ihres Vaters war Gottfried. Ihr Vater ist im Monat November des Jahres 1994 verstorben.“
„Das trifft zu.“
„Sie haben studiert, und beschäftigten sich dabei mit Gesetzen, mit dem geschriebenen Recht ihres Landes. Dieses Studium haben sie nicht abgeschlossen.“
„Ja.“
„Derzeit führen Sie Ihr eigenes Geschäft. Sie veranstalten Reisen und schreiben Bücher.“
Auch dies traf zu.
„Ihr erster Name ist Thomas.“
Ich konnte nur nicken.
„Dann habe ich mich nicht getäuscht.“ sagte der Palmblattleser. „Dies hier ist Ihr Palmblatt. Anhand dieses Palmblattes, das ich ihre Visitenkarte nennen will, ist es nun möglich, alle Informationen, die Ihr Leben betreffen, in unserem Archiv aufzufinden.“ ließ mich der Nadi-Reader wissen. „Dort existiert für Sie ein Palmblattmanuskript, das aus 12 allgemeinen Kapiteln besteht, die Khandams genannt werden. Diese Khandams beschreiben die einzelnen Lebensbereiche eines Individuums Außerdem gibt es vier weitere, spezielle Khandams, die sich mit besonderen Fragen befassen. Dieses Palmblattmanuskripte aber bekommt kein Klient, sei er nun Hindu oder nicht, zu sehen. Sie sind nur den Nadi-Readern zugänglich. Heute wird für Sie das erste Kapitel des Palmblattes geöffnet. Es enthält allgemeine und weit gefaßte Informationen über ihr gesamtes Dasein in dieser Inkarnation sowie über das ihrer Familie bis hin zu Tag, an dem sie ihren irdischen Körper verlassen wird. Ich schreibe den Text des ersten Khandams dann in ein speziell für diesen Zweck bestimmtes Heft nieder. Anschließend lese ich den Text nochmals laut vor. Diese Lesung in Englisch wird dann aufgenommen.“
Und so geschah es. Auf sechs engzeilig beschriebenen Seiten des Heftes fand sich die englische Wiedergabe des ersten Kapitels aus meinem Palmblattmanuskript.
Unter anderem hieß es hier:
Sri Agasthya Maharshi sagt in diesem Palmblatt, daß du auf diese Welt zurückgekehrt bist, obwohl sich der Zyklus deiner Leben bereits vollendet hatte. Du kamst, um anderen Menschen bei ihrer Entwicklung zu helfen.
Deine besondere Stärke ist die Kommunikation mit anderen Menschen – du schreibst, du reist und du berätst andere Menschen. Dies ist deine Aufgabe in diesem Leben.
Du wirst für andere da sein, die auf der Suche nach ihrem Weg sind und wirst ihnen helfen, diesen eigenen Weg zu finden. Du organisierst Reisen und Seminare. Damit verdienst du auch deinen Lebensunterhalt.
Auch wirst du mit den Ideen, die du in deinen Büchern verbreitest, nicht nur Freunde gewinnen, sondern auch Gegner. Dies werden jene sein, die sich den Wandlungen des Lebens entgegenstellen, weil sie verkennen, daß das Bild, welches sie sich von der Welt machten, nicht die Wahrheit ist. Für sie bedeutet die materielle Welt des Kali Yuga Macht und in der Macht sehen sie den Sinn ihres Lebens. Aber du bist gekommen, um Veränderung zu bringen und den Menschen zu helfen, sich aus den Fesseln der Materie zu befreien.
Du wirst in den kommenden Jahren noch mehr dem Schreiben zuwenden als bislang. Viele wichtige Anregungen und Inspiration wirst er aus den vedischen Texten und den Epen Indiens beziehen. Du wirst deine Kenntnisse und dein Wissen in Seminaren, Vorträgen und Büchern weitergeben.
Doch du wirst auch sehr viel reisen in den nächsten Jahren, um deine Kenntnisse von der Welt und den alten Wissenschaften zu erweitern. Auf deiner Suche wird es dir gelingen, zunächst auf spirituellem Wege, doch in späterer Zeit auch körperlich, die Tore zu anderen Welten zu durchschreiten und an dem Wissen der Wesen dieser Welten teilzuhaben.
Du wirst jedoch auch auf Reisen gehen, um anderen Menschen die Möglichkeit zu geben, jene Erfahrungen zu machen, die du selbst gemacht hast. Du wirst für andere Reisen organisieren und sie auf diesen Reisen begleiten.
Die Basis einer solchen Palmblattlesung, des „Nadi-Readings“ ist die Lehre vom Shuka-Nadi. Dabei steht „Shuka“ für göttliche Weisheit und „Nadi“ für einen bestimmten Augenblick der Zeit. Diese Lehre beruht auf der Wahrnehmung von Vergangenheit und Zukunft jenseits unseres herkömmlichen Raum-Zeit-Begriffes. Darauf aufbauend, soll das Shuka-Nadi eine lebensberatende Funktion ausfüllen.
Weitergehende Ausführungen zu einzelnen Lebensbereichen sind den folgenden Kapiteln des Manuskriptes vorbehalten. Insgesamt sind in der Bibliothek von Kuala Lumpur mehrere – um genau zu sein, insgesamt bis zu 16 – Nadi-Readings möglich, wenn man den Inhalt aller Kapitel einschließlich der speziellen Khandams erfahren will. Nach der ersten Palmblattlesung können die folgenden Kapitel jedoch zumeist erst in einem zeitlichen Abstand erfragt werden, der zwischen mehreren Tagen und einigen Monaten schwankt. Nach Ablauf dieser Frist ist es dann möglich, den Inhalt des nächsten Khandams zu erfahren. Diese Kapitel befassen sich detailliert mit einzelnen Lebensbereichen – so wird im zweiten Khandam über die Ausbildung, berufliche Karriere und das persönliche Vermögen des Klienten berichtet, während sich das fünfte Kapitel ausschließlich mit dem Schicksal der Kinder des Ratsuchenden auseinandersetzt oder aufzeigt, aus welchen Gründen es dem Klienten nicht möglich ist, in diesem Leben Kinder zu bekommen. In diesem Zusammenhang werden auch Möglichkeiten zur Erfüllung eines bestehenden Kinderwunsches aufgezeigt, von medizinischer Hilfe bis hin zur Adoption. Im siebenten Khandam werden Informationen zu Liebe, Beziehungen und Partnerschaft gegeben sowie das Geburtshoroskop des idealen Partners in diesem Leben benannt. Die Aussagen können so präzise sein, daß sie sogar den genauen Ort und den Zeitpunkt der ersten Begegnung mit dem Lebenspartner bezeichnen. Das achte Kapitel enthält Angaben zu gesundheitlichen und anderen Risiken der persönlichen Existenz und den Möglichkeiten ihrer Verhütung. Außerdem werden in diesem Kapitel der genaue Zeitpunkt, die Umstände und der Ort des eigenen Todes benannt. Das neunte und das elfte Kapitel hingegen widmen sich ausschließlich spirituellen Fragen, so etwa dem Sinn der Existenz in diesem Dasein und den zu erfüllenden geistigen Aufgaben. In diesem Zusammenhang werden auch Aussagen über die Möglichkeiten der persönlichen spirituellen Entwicklung durch das Studium bei einem auserwählten Meister oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft erörtert. Ebenso stehen Reisen zu heiligen Orten sowie Anleitung zu bestimmten yogischen oder tantrischen Übungen im Mittelpunkt vor allem des neunten Kapitels. Das zwölfte Khamdam gibt darüber hinaus Hinweise auf den Zeitpunkt und den Ort der nächsten Inkarnation oder die Möglichkeit, nach Vollendung des gegenwärtigen Lebens Moksha, also Erlösung vom Kreislauf der irdischen Wiedergeburten, zu erlangen.
Die Kunst des Nadi-Reading ist bereits seit Jahrtausenden fest in der Hindu-Religion integriert. Als Zentrum des Shuka-Nadi galt ursprünglich die alte Stadt Trichy in Südindien. Dort soll der Rishi Agasthya, welcher auch als Begründer der tamilischen Sprache gilt, mittels einer eigens dafür geschaffenen Schrift die Urtexte jener Palmblätter angefertigt haben, deren Kopien noch heute auch in Delhi für die Ratsuchenden bereitliegen. Im Lauf der Jahrhunderte verlagerte sich das Zentrum des Shuka-Nadi von Trichy nach Tanjavur, da sich dieser Ort mehr und mehr zum spirituellen Zentrum der Region entwickelte.
Nach der Lehre des Shuka Nadi existieren neben unserer dreidimensionalen Welt noch weitere, sehr komplexe Ebenen oder Dimensionen. Diese sind transzendent und mit unserer Wirklichkeitsebene auf eine bestimmte Weise miteinander verschachtelt. Normalerweise beeinflussen sich diese Ebenen nicht gegenseitig, daher können sie auch nicht wahrgenommen werden. Nur bei Veränderungen oder der Störung des Gleichgewichts dieser Sphären werden sie auch von weniger sensitiven Menschen bemerkt. Vorahnungen oder auch das kurzfristige Versetzen in andere Zeitebenen sind die Auswirkungen dieser Phänomene. Nach dieser Auffassung sind nicht nur individuelle Schicksale in der Akasha-Chronik gespeichert, sondern alle Ereignisse der Menschheitsgeschichte. Es heißt, daß sich jeder Mensch und jedes Geschehen in der Akasha-Chronik wiederfindet. Die Akasha-Chronik enthält mithin also alles, was in diesem Universum war, was ist und was jemals sein wird. Für jemanden, der es gewohnt ist, in den westlichen Maßstäben des Verständnisses von Raum und Zeit zu denken, wird diese Aussage sicher nur sehr schwer nachvollziehbar sein. Sie basiert auf einem völlig anderen Zeitbegriff – nicht auf der linearen Abfolge von Ereignissen, welche das Abendland als Geschichte begreift, sondern auf einer Art von Zeitlosigkeit, die sich als Gleichzeitigkeit aller Ereignisse und Prozesse im Universum manifestiert. Die „Zeit“, so wie wir sie begreifen und „messen“, ist demnach nichts anderes ein von unserem Gehirn kreiertes Ordnungssystem, mit dem es uns erst möglich wird, sich in Raum und Zeit – also dem gleichzeitigen Ablauf aller Ereignisse – zu orientieren. Im folgenden soll ein recht einfacher, bildhafter Vergleich benutzt werden, der sich an unserem westlichen Zeitverständnis orientiert, um zu erklären, wie es den Rishis gelang, die Schicksale bestimmter Personen aus der Akasha-Chronik zu lesen. Stellen wir uns also die Zeit als einen gigantischen Strom vor, der sich aus der Vergangenheit von einer imaginären Quelle – der Einfachheit halber wollen wir sie mit dem Urknall, dem Beginn unseres Universums gleichsetzen – über die sich ständig im Fluß befindliche „Gegenwart“ in die Zukunft bewegt, bis hin zu jenem fernen Punkt, an dem das Universum einmal aufhören wird zu existieren, dem Savarjana Beeja (das Ende aller Form) der indischen Kosmologie. Stellen wir uns dieses „Ende aller Form“ deshalb als einen gigantischen Ozean vor, in den der Strom der Zeit mündet. Wir schwimmen wie alle anderen Wesen auch für einen bestimmten Abschnitt in diesem Strom der Zeit – tauchen an einer Stelle auf, um nach dem Ablauf unserer Lebensspanne wieder darin zu versinken. Dabei ist es für diese Erklärung erst einmal nicht notwendig, weiter zu diskutieren, ob wir nun nur einmal in diesem Strom auftauchen, wie es das westliche Verständnis von Geburt und Tod aussagt oder ob wir, gemäß der östlichen Lehre der Wiedergeburt, viele tausend Male in verschiedenen Abschnitten dieses Flusses der Zeit schwimmen. Als Schwimmer in diesem Zeitstrom ist unser Blickfeld natürlich stark eingeschränkt, so daß wir immer nur einen sehr geringen Teil der Strecke wahrnehmen, die vor uns liegt. Dies mögen im Einzelfall jeweils wenige Stunden, Tage oder allenfalls Wochen sein Nur für diesen kurzen Abschnitt ist es uns möglich, unser Leben wirklich zu überschauen und entsprechend zu agieren, statt nur zu reagieren. Weiter reicht unser Blick nun einmal nicht in die Zukunft. Es hat jedoch in allen Epochen der Geschichte Menschen gegeben, denen es möglich war, diese engen Begrenzungen zu überwinden. Stellen wir uns vor, dies seien jene Schwimmer im Strom der Zeit, denen es gelungen ist, den Fluß zu verlassen und an dessen Ufern zu wandeln. Wenn sie flußabwärts entlang des Stromes gingen, mochte es sein, das sie ein wenig schneller waren als die Strömung der Zeit, in der alle anderen dahintrieben. So war es diesen einsamen Wanderern am Rande der Zeit möglich, eher als alle anderen die Untiefen (Verflachung des geistigen Lebens, Versinken in der Welt der Materie), die Stromschnellen (Kriege und Naturkatastrophen) und auch die toten Seitenarme (gescheiterte persönliche oder gesellschaftliche Entwicklungen) im Strom der Zeit zu erkennen. Die Menschen, denen das gelang, waren zu allen Zeiten als Wahrsager oder Propheten bekannt. Michael de Notre Dame, genannt Nostradamus, und der Amerikaner Edgar Cayce gehörten zu ihnen. Anderen Wesenheiten jedoch gelang es, sich über dem Strom der Zeit emporzuschwingen und aus der Höhe mit scharfem Blick zu überschauen, was in dem mächtigen Fluß der Zeit vor sich ging. Und irgendwann befanden sich diese Wesen so hoch über dem Strom der Zeit, daß sie ihn von seiner Quelle (der Entstehung des Universums) bis zu seiner Mündung (dem Ende aller Form) überschauen konnten. Aus dieser Position heraus brauchten sie nur noch die Ereignisse zu beschreiben, welche sich ihnen darboten, und die sie einer Aufzeichnung wert befanden. Aus einer solchen – natürlich rein geistig zu verstehenden – Position heraus mögen die Rishis einstmals all jene Informationen bezogen haben, die sie dann in den Texten der Palmblattmanuskripte niederlegten. Diese Schilderung stellt nur ein bildhaftes Beispiel dar, doch hoffe ich, dass sie zu verdeutlichen hilft, welch brisante Informationen die Palmblattbibliotheken bergen. Es ist nicht mehr und nicht weniger als unser aller Fahrplan in die Zukunft, den die Rishis für uns aufgezeichnet haben.
Die Akasha-Chronik, welche in ihrer Eigenschaft als Weltgedächtnis den eigentlichen Grund für jegliche Zukunftsdeutung liefert, hat allerdings nicht ausschließlich beschreibenden Charakter. Sie gleicht vielmehr einer Art von virtuellem Speicher, der ständig Dinge und Ereignisse aufnimmt, die initialisiert oder verändert werden. Daher schreibt die Akasha-Chronik den Verlauf von Ereignissen nicht unausweichlich vor. Es ist vielmehr so, dass jeder Mensch durch die Kraft seiner Gedanken im Stande ist, aktiv an diesem Prozeß teilzunehmen. Durch unsere Emotionen, unsere Gedanken, Worte und Taten setzen wir Ursachen, deren Auswirkungen wir später erleben. Die Hindus nennen dies Karma. Die Zukunftsdeutung ist in diesem Sinne ebenso wie die Akasha-Chronik lediglich Hilfsmittel zur Klärung von Ursachen, die in der Vergangenheit liegen und sich in der Gegenwart auswirken oder sich erst noch möglicherweise in der Zukunft auswirken werden. Die eigene Zukunft mittels einer Palmblattlesung zu kennen, bedeutet eben gleichzeitig auch, diese Zukunft beeinflussen zu können.
Angst, Panik oder das Festhalten am Althergebrachten in Anbetracht der bevorstehenden Veränderungen sind demnach die falschen Signale. Die Wendezeit, in der wir leben, hat gemäß den Aussagen der Schöpfer der Palmblattbibliotheken nichts Erschreckendes an sich. Sie ist vielmehr eine große Chance zur Weiterentwicklung jedes Individuums ebenso wie der gesamten Menschheit. Eine solche Chance erhalten wir nur einmal in vielen Tausend Jahren. Nutzen wir sie!
Weitere Informationen zu den Bibliotheken des Schicksals und interessanten Reisen mit dem Autor gibt es hier:
Thomas Ritter, An der Frauenkirche 18, D – 01067 Dresden, Tel. / Fax: 0351-48454165
Website: www.Thomas-Ritter-Reisen.de
E-Mail: ritterreisen@aol.com
Begriffserläuterungen
Kali-Yuga: das “Zeitalter von Streit und Heuchelei”, das vor fünftausend Jahren begann.
Mahabharata: Das bedeutendste und umfangreichste Epos der Hindus, in dem deren Gedanken anhand der Geschichte der Bharatas, eines indischen Volksstammes, verdeutlicht wurden. Geschichtswissenschaftler gehen davon aus, daß diese Ballade vor ca. 3000 Jahren entstand. Das heute bekannte Mahabharata stammt jedoch aus dem 4. und 5. Jahrhundert v.Chr.. Bharata war ein Herrscher, der durch sein weises und tapferes Handeln den ganzen indischen Subkontinent beherrschte. Die Inder nennen sich oft noch heute die Söhne Bharatas und Indien selbst Bharat oder Bharatavarsha. Kuru, ein Nachkomme Bharatas, war der Stammvater des Königsgeschlechts der Kauravas. Durch Familienzwistigkeiten kam es zum 18-tägigen Bruderkrieg zwischen den Kauravas und den Pandavas, der auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra stattfand und den alten Stamm fast ausrottete. Der wohl bekannteste und schönste Teil des Mahabharata ist die Bhagavad Gita.
Ramajana: indisches Nationalepos mit 24.000 Doppelversen, wahrscheinlich von Walmiki verfasst (4./3. Jh. v. Chr.). Erzählt die Sagen von dem göttl. Helden Rama und den Kämpfen, die er zu bestehen hatte, um seine von dem Dämonengott Ravana geraubte Gattin Sita zu befreien.
Rishis: bedeutet wörtlich „Rasende“ oder besser „Seher“. Die Rishis waren die Heiligen des vedischen Zeitalters in Indien. Das Sternbild „Großer Wagen“ steht mit seinen Sternen für die Sieben Rishis.
Veden: Der Hinduismus begründet sich in den Veden, d.h. heiliges Wissen, die von den Weisen (Rishis) „erschaut“ wurden und die sie dann in Worte faßten. Lange Zeit wurde dieses Wissen nur mündlich überliefert, seine Hüter wurden Brahmanen genannt, im ursprünglichen Sinne eine spirituelle Bezeichnung für einen Wissenden, einen, der im Kontakt mit dem Brahman steht. Erst später wurden diese rituellen und magischen Formeln, Lieder, Opfergebete und Hymnen in Alt-Sanskrit aufgeschrieben. Im Mittelpunkt stand dabei immer das Opfer, das auf genau vorgeschriebene Art ausgeführt werden mußte, um das Wohlwollen der Götter und die universelle Harmonie aufrecht zu erhalten. Die Bedeutung des Opfers erklärt sich schon allein aus der Tatsache, daß die Arier ein nomadisierendes Hirten- und Kriegervolk waren und somit Kulthandlungen in Tempeln, wie wir sie aus dem heutigen Hinduismus kennen, gar nicht möglich waren. Ebenso waren in dieser Zeit natürlicherweise personifizierte Naturgewalten wie Agni, Surya und Indra von großer Bedeutung. Sinn der Opferhandlungen war es, die Gunst der Götter auf sich zu ziehen, um recht irdische Dinge zu erlangen, wie viele Söhne, Wohlstand etc.. Dem im Sinne des Dharma Lebenden, der alle Regeln seiner Kaste bezüglich Familie, Beruf, Gesellschaft etc. erfüllte, stand nach dem Tode das Land der Väter offen (scheint sowas wie unser Paradies zu sein). Diese Religionsauffassung wird als Religion des Genießens im Gegensatz zu den später entstandenen Upanishaden verstanden, wo der Schwerpunkt auf der Erlösung (moksha) liegt. Die ältesten vedischen Hymnen sollen in die Zeit bis 1500 v.Chr. zurückgehen, während die ältesten Upanishaden ab 750 v.Chr. anzusiedeln sind.
Yoga: Selbstkontrolle – spirituelle Disziplin mit dem Ziel des Einswerdens mit Gott.
Verwendete Literatur
Arz, Wilfried, Palmblattbibliotheken in Südindien, in DAO Heft 2/98, S. 20 ff., DAO Zeitschriften Verlag, Hamburg, 1998
Buttlar, Johannes von, Gottes Würfel, Herbig Verlag, München, 1992
Childress, David Hatcher, Lost Cities of Ancient Lemuria & the Pacific, Adventures unlimited, Stelle, IL 60919 USA, 1987
Frankenberg, Peter, Spuren im Weltgedächtnis, in VISIONEN, Heft 01/97, S. 49 ff., Sandila Verlag, Herrischried, 1997
Finlay, Huge & Kollegen, Indien-Handbuch, 5. Auflage, Gisela E. Walther Verlag, Bremen, 1997
Krassa, Peter, Habeck, Reinhard, Die Palmblattbibliothek & und andere geheimnisvolle Schauplätze dieser Welt, Herbig Verlag, München, 1993
Rausch, Barbara, Meyer, Peter, Indien – Nepal, 7. aktualisierte und verbesserte Auflage, Barbara Rausch Verlag, Wetzlar, 1992
Ritter, Thomas, Die Geheimnisse indischer Palmblattbibliotheken, Bohmeier Verlag, Lübeck, 2002
Rohr, Wulfing von, Es steht geschrieben…, Ariston – Verlag, Genf / München, 1994
Schweia, Horst, Muruganandam, K., Tamil für Globetrotter, Kauderwelsch-Sprachreiseführer Bd. 39, 2. Auflage, Peter Rump Verlag, Bielefeld, 1993
Waterstone, Richard, Living Wisdom India, Duncan Baird Publishers, London, 1995