„Berliner Briefe“ von Susanne Kerckhoff

Ist Politik ein schmutziges Geschäft?

Kerze, Foto: Stefan Groß

Die „Berliner Briefe“ werden nach dem Zweiten Weltkrieg von „Helene“ geschrieben. Helene fühlt sich früh als junge Sozialistin. Während des Dritten Reiches wendet sie sich so gut es geht von den Nazis ab. Sie versteht sich nicht als Mitläuferin und auch nicht als Widerstandskämpferin.

Nach dem Krieg tritt sie im Westen in die SPD ein, um bald in Berlin Mitglied der SED zu werden. Helene ist die Schriftstellerin Susanne Kerckhoff. 1950, mit 32 Jahren, begeht sie in Berlin Selbstmord.

Berliner Briefe
von Susanne Kerckhoff
Verlag Das Kulturelle Gedächtnis April 2020
ISBN-13: 978-3946990369
128 Seiten 20€

Die 13 Briefe richten sich an einem jüdischen Freund, der rechtzeitig Deutschland verlassen hat und nun in Paris lebt. Die Antworten des Freundes „Hans“ werden nur indirekt und unvollständig aufgeführt. 1947 versteht Hans unter Freiheit die USA.

Wichtige und interessante Akzente des Buches:

Wortschatz des 3. Reiches: Reichssplittertag, Nazissen

Für britische Soldaten ist nach dem Krieg (zunächst?) die Fraternisierung verpönt. Sie wird von Teilen der Bevölkerung als Kränkung verstanden, von den Nazis jedoch gerne akzeptiert.
Alliierte Zwangsdemokratie = Diktatur der Demokratie
Politik ist ein schmutziges Geschäft. Die Taten der Nazis werden nie gesühnt, schon gar nicht mit Hilfe der deutschen Justiz.

Die SED ist eher korrupt als marxistisch. Der DDR-Bürger ist ein Konventionalsozialist christlicher Prägung. Doch nicht was in den Mund hereingeht, sondern was aus dem Mund herauskommt, macht den Menschen unrein (Matthäus)!

Nichts auf Erden ist unpolitischer als der Glaube.
Der SED geht es mehr darum, ihre Ideologie durchzusetzen, als um das Wohl der Bevölkerung.
Die Antifaschisten haben den Krieg gewonnen, weil sie wollten, dass die Alliierten ihn gewinnen.
Die Deutschen in Ost und West nach dem Krieg: Sich von der Verantwortung zu drücken und die Schuldenlast von sich abzuwälzen.
Die SED will schon bald den Antinazikurs abmildern!
Nie wieder: Die meisten Deutschen wollen durch neue Gewalt die alte Gewalt rehabilitieren.

Dieses Buch darf nicht zur Pflichtlektüre in den Schulen degradiert werden! Dieses Buch muss freiwillig gelesen werden!

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Über Nathan Warszawski 535 Artikel
Dr. Nathan Warszawski (geboren 1953) studierte Humanmedizin, Mathematik und Philosophie in Würzburg. Er arbeitet als Onkologe (Strahlentherapeut), gelegentlicher Schriftsteller und ehrenamtlicher jüdischer Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Gesellschaft zu Aachen.