Der Hallenser Sozialarbeiter, Diakon und Publizist Lothar Rochau bezahlte seinen Kampf um politische Freiheit mit zeitweiliger Unfreiheit. Doch nach seiner Abschiebung in den Westen kehrte er 1989 als „Sieger der Geschichte“ in seine ostdeutsche Heimat zurück – und hat darüber mit „Marathon mit Mauern“ (Mitteldeutscher Verlag 2021) ein bemerkenswertes Buch veröffentlicht Von Benedikt Vallendar
Wer das Buch gelesen, wird die DDR vielleicht etwas besser verstehen, auch wenn seine Sozialisation im Westen erfolgt ist. Lothar Rochau, Diakon, Sozialarbeiter und Dissident aus Thüringen hat beide Seiten erlebt und seine Erfahrungen auf knapp 245 Seiten zu Papier gebracht. Heute lebt er mit seiner zweiten Frau in Halle, leitete jahrelang das örtliche Jugendamt und wurde jüngst Deutscher Meister im Marathonlaufen der über 70-Jährigen.
In den achtziger Jahre saß Rochau in DDR-Haft, weil er aus seiner regimekritischen Haltung nie einen Hehl gemacht hatte. Eine harmlose Fahrraddemo gegen wachsende Luftverschmutzung genügte, um im SED-Staat zu drei Jahren verurteilt – und später in den Westen abgeschoben zu werden.
Rochaus Buch ist auf den ersten Blick eine Biografie, und doch noch mehr das Psychogramm eines Staates, der vorgab, „humanistisch“ zu agieren, auch wenn er an seinen Grenzen Menschen erschießen ließ; und jene einsperrte, die nicht bei ihm leben wollten. Rochau wusste zeitlebens, dass die DDR auf sandigem Grunde errichtet war, dass es offenbar nur geringer Erschütterungen bedurfte, um das marode System des Kommunismus aus den Angeln zu heben. Und doch wusste Rochau auch, dass sein Platz im Osten ist, und er nur vor Ort etwas gegen das SED-Regime verrichten konnte.
Folgerichtig kehrte der Dissident im November 1989 als nunmehr diplomierter Sozialpädagoge nach Halle zurück. Und gilt bis heute als kritischer Beobachter und Kommentator all jener, die weiter an das Märchen von der DDR als dem besseren deutschen Staate glauben.
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