Seit 2008 gehört die Klassik Stiftung Weimar zu den von der Kulturstiftung des Bundes und der Kulturstiftung der Länder im Rahmen des KUR-Programms geförderten Einrichtungen. Die finanzielle Unterstützung der Kulturstiftung des Bundes ermöglichte ein Projekt zur Konservierung und Restaurierung von fünf historischen Tasteninstrumenten aus dem Bestand der Klassik Stiftung.
In der vergangenen Woche kehrte das erste Instrument nach einem Dreivierteljahr aus der Restaurierungswerkstatt Wolfgang Wenke in Eisenach an seinen alten Aufstellungsort, das Gesellschaftszimmer der Maria Pawlowna (»Zedernzimmer«) im Stadtschloss, zurück. Es handelt sich um den 1811 von Sébastien Erard (Erard Frères) in Paris gefertigten Hammerflügel. Jüngste Archivstudien haben die Vermutung bestätigt, dass dieses besonders elegante Instrument aus dem Besitz der Zarentochter und späteren Großherzogin Maria Pawlowna stammt. Es ist mit nur geringfügigen Veränderungen komplett erhalten geblieben. Erard ist als einer der größten Erfinder in die Geschichte des Klavierbaus eingegangen, da er mit zahlreichen Innovationen die Qualität der Klavier-Mechanik nachhaltig verbesserte.
An den vier Hammerflügeln und einem Tafelklavier lässt sich die Entwicklung der Klavierkunst vom späten 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts paradigmatisch ablesen. Dass diese fünf Instrumente an historisch-authentischen Orten der Kulturstadt Weimar überliefert sind, macht ihren außergewöhnlichen Reiz aus.
Für die Realisierung des Projekts hat die Klassik Stiftung Weimar drei Kooperationspartner gewinnen können: die Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar, das Greifenberger Institut für Musikinstrumentenkunde und das Händel-Haus in Halle. Gemeinsames Ziel ist es, die Einbindung des Weimarer Musiklebens in europäische Entwicklungszusammenhänge künftig stärker zu betonen.
Der Bau von Tasteninstrumenten durchlief im 19. Jahrhundert ein Stadium rasant aufeinanderfolgender Neuerungen. Nach dem Erfolg der frühen süddeutschen, Wiener und Londoner Instrumente vor und um 1800 führte der Siegeszug des Hammerflügels in das große öffentliche Konzert. Zum Nachteil der Instrumente experimentierten einige Hersteller zur Erzielung eines stärkeren Tones, wie ihn die wachsenden Auditorien erforderten, z.B. mit dickeren Saiten oder zogen drei statt der bisher üblichen zwei Saiten pro Ton auf. Der daraus resultierenden verstärkten Zugkraft erwies sich die Statik eines weitgehend aus Holz gefertigten Instrumentenkorpus vielfach als nicht gewachsen. Durch die Veränderungen an den Klavierinstrumenten und die sich wandelnden Musikstile ist nur noch ein Bruchteil von der riesigen Anzahl einst vorhandener Klaviere vom späten 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts erhalten, was die Weimarer Sammlung besonders wertvoll macht.
Die Mechanik des Erard-Flügels von 1811 basiert auf einer Innovation, die die Firma allerdings nur wenige Jahre umsetzte – der Zugzungenmechanik. Bei dieser heute nur noch sehr selten anzutreffenden Mechanik wird die Zunge des Hammerstiels mit einem Bügel nach unten gezogen und somit der Hammer gegen die Saite geprellt. Die Schwachstelle des Weimarer Instruments ist der Resonanzboden. Er wird durch den starken Saitenzug verwölbt. Dagegen sind die – für ein solches Instrument frühe – starke Eisenarmierung des Stimmstockes, die Corpuskonstruktion und die Hammermechanik solide Grundlagen einer mehrere Generationen überdauernden Klavierbaukunst.
Durch den später gewählten Standort im Tiefurter Schloss, der dem Instrument zu viele Klimaschwankungen mit einem kurzzeitigen Luftfeuchtestau bescherte, erlitt der Flügel in den vergangenen drei Jahrzehnten eine Schädigung, die sich in starkem Schimmelbefall und Metallkorrosionen zeigte. Diese Schäden mussten jetzt beseitigt, die Bauteile konserviert und kleine Veränderungen an der Besaitung korrigiert werden. Beim darauf folgenden Stimmen des Instrumentes wurden aus der Erhöhung des Saitenzuges resultierende Veränderungen an Corpus und Resonanzboden genau vermessen. Die Stimmtonhöhe wurde so gewählt, dass keine weiteren Schäden auftreten werden. Nach der Restaurierung zeigt sich der Flügel in einem Zustand, welcher der Benutzungszeit des Instruments entspricht und eine Referenz-Tonaufnahme ermöglicht.
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