Für den 8. November 2022 19. Uhr hat die Europäische Bewegung Bayern und das Haus des Deutschen Osten Mitglieder und Freunde zu einem Vortrag von Prof. Dr. Dr. Reinhard Heydenreuter in das Miller-Zimmer des Künstlerhauses am Lenbachplatz, Lenbachplatz 8 eingeladen: Bayern und Böhmen. Streifzüge durch die Geschichte einer wechselvollen Nachbarschaft.
Vom Juli bis Dezember 2022 hat die Tschechische Republik die Präsidentschaft des europäischen Rats inne. Aus diesem Anlass wirft der im Folgenden erweitert abgedruckte Vortrag einen Blick auf die wechselvollen und engen politischen und kulturellen Beziehungen zwischen dem Herzogtum, Kurfürstentum und Königreich Bayern und dem benachbarten Königreich Böhmen. Wer weiß heute noch, dass der böhmische König und deutsche Kaiser Karl IV. der größte mittelalterliche Wohltäter der Reichsstadt Nürnberg war oder dass man im 15. Jahrhundert einem bayerischen Herzog die böhmische Königskrone angetragen hat. Und wer weiß, dass das barocke Prag vor allem auch durch die oberbayerische Architektenfamilie Dientzenhofer gestaltet wurde. Es gibt vieles, was Bayern und Böhmen verbindet und was man nicht vergessen sollte!
Am Ende des Vortrags wurden zum Nachweis für die Qualität des von einem Bayern „erfundenen“ Pilsner Bieres und zum Nachweis für die kraftvolle Art der böhmischen Küche entsprechende Kostproben gereicht. Im folgenden Text ist der Vortragston beibehalten.
Erste Vorbemerkung
Liebe Freunde der Europäischen Bewegung Bayern!
Wir befinden uns heute im kleinen Kreis im Ferdinand-Miller-Zimmer des Künstlerhauses, das an einen Förderer dieses von Gabriel von Seidl für die Münchner Künstlerschaft errichteten Baus erinnert, an den Frh. Ferdinand von Miller (1842-1929). In dieser heimeligen Atmosphäre möchte die Europäische Bewegung Bayern in Zukunft in regelmäßigen Abständen und im kleinen Kreis Kulturveranstaltungen wie die heutige veranstalten, die uns die Schönheit und historische Vielfalt Europas näherbringen sollen. Jedes europäische Land, aber auch jede an Europa interessierte bayerische Institution soll hier zu Wort kommen.
Doch nun zum Thema des heutigen Abends, zu den wechselvollen Beziehungen zwischen Bayern und Böhmen. Dabei kehre ich zu diesem Raum zurück, der dem Freiherrn Ferdinand von Miller gewidmet ist und den man auch mit Böhmen in Verbindung bringen kann, denn dessen Vater, der gleichnamige Ferdinand von Miller (1813-1887) hat einige interessante Plastiken für Böhmen geschaffen. Diesen Erzgießer Ferdinand von Miller kennen wir alle: Er goss die Bavaria über der Theresienwiese, die Türflügel des Kapitols in Washington D.C., die Quadriga auf dem Münchner Siegestor und das Reiterdenkmal für Ludwig I. auf dem Odeonsplatz. Und er hat auch einiges getan für die bayerisch-böhmischen, also für die bayerisch-tschechischen Beziehungen. Und das kam so:
Im 19. Jahrhundert gab es einen deutschstämmigen Bewohner des Königreichs Böhmen, der durch Zuckerrüben reich geworden ist und als der reichste Bewohner Böhmens galt, Anton Veith (1793-1853). Dieser Anton Veith war ein großer Kunstmäzen und ein großer Freund der Tschechen. Als er sah, dass König Ludwig I. in Bayern mit seiner Walhalla bei Regensburg einen prunkvollen Tempel für berühmte Deutsche erbaute (Eröffnung 1842), wollte er das gleiche für berühmte Tschechen tun. Auf seinem Schloss und Landsitz Liboch an der Elbe ließ er im maurischen Stil eine tschechische Walhalla bauen, die den Namen „Slavín“ erhielt, was so viel wie Ruhmeshalle bedeutet (slava = der Ruhm).
Und nun kommt Ferdinand Miller ins Spiel, denn dieser goss für Anton Veith nach den Entwürfen des ebenfalls in München tätigen Ludwig von Schwanthaler (1802-1848) zwischen 1846 und 1867) acht Standbilder berühmter Gestalten aus der tschechischen Geschichte, darunter etwa König Přemysl Ottokar II., König Georg Podiebrad, Herzog Přemysl und die sagenhafte Stammmutter der Přemysliden und Gründerin Prags Libussa. 1890 kamen diese bayerischen Meisterwerke in das Pantheon des tschechischen Nationalmuseums in Prag am Wenzelsplatz, wo man sie heute noch bewundern kann. Böhmen ist also in Bayern fast überall präsent, auch hier im Miller-Saal des Künstlerhaus.
Zweite Vorbemerkung
Bevor wir weiter in die Tiefe der bayerische böhmischen Geschichte eindringen, sei noch an einen Sohn Böhmens gedacht, der für die Europäische Bewegung Bayern höchste Bedeutung hat: Ich meine den in Prag geborenen Gründer der Paneuropa-Union Richard Nikolaus von Coudenhove-Kallergi (1894-1972). 54mal ist er zum Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden, hat ihn aber nie erhalten. Das Stammgut der Familie Coudenhove, das sie 1945 verlassen musste, war Ronsperg (Poběžovice) bei Taus, knapp an der bayerischen Grenze. Wie international und vorurteilslos dieser erste große Europäer war, zeigt seine und die Geschichte seiner Vorfahren. Seine Mutter war Japanerin, sein Vater österreichischer Diplomat und Verfasser eines der ersten Werke, die sich mit dem unheilvollen Antisemitismus beschäftigten. Der Name Coudenhove geht auf ein Kaufmannsgeschlecht auf Brabant des 11. Jahrhunderts zurück, und die Kallergi stammen aus Kreta.
Richard Coudenhove-Kalergis Vorschlag, ein Paneuropa zu schaffen, erregte 1922, als Kalergi gerade 28 Jahre alt war, internationales Aufsehen. 1923 schrieb er sein programmatisches Buch „Pan-Europa“ und im Jahr 1924 gründete er die Paneuropa-Union, die älteste europäische Einigungsbewegung. Mitglieder dieser Bewegung waren u.a. Albert Einstein, Thomas Mann, Otto von Habsburg, Konrad Adenauer, Friedensnobelpreisträger Aristide Briand und der tschechoslowakische Außenminister und Minister- und Staatspräsident Edward Beneš. 1938, beim Anschluss Österreichs, floh Coudenhove-Kalergi mit seiner jüdischen Frau zunächst nach Ungarn und schließlich in die Vereinigten Staaten. Am 18. Mai 1950 erhielt Coudenhove-Kalergi als Erster den internationalen Karlspreis der Stadt Aachen in Würdigung seiner Lebensarbeit für ein geeintes Europa. 1955 schlug er die Ode an die Freude, also Beethovens Vertonung von Schillers Gedicht An die Freude, als Europäische Hymne vor. Seit 1972 ist die Melodie die Hymne des Europarats und seit 1985 die Hymne der Europäischen Union.
Endlich zum Thema: Im Herzen Europas: Kultur und Geschichte zwischen Bayern und Böhmen. Ein Streifzug.
Der Freistaat Bayern und die Tschechische Republik sind die Erben zweier Staatsgebilde, die älter sind als die meisten Staaten Europas: Wir reden vom Herzogtum Bayern und vom Herzogtum Böhmen. Der Freistaat Bayern und die Tschechische Republik sind damit auch die Erben einer weit zurückreichenden gemeinsamen kulturellen Tradition in Kunst und Musik, die als ein gemeinsames Dach beide Länder und damit auch die Mitte Europas zusammenhält. Nirgends ist dieser Zusammenhalt besser zu spüren als im barocken Zusammenklang der nach Musik verlangenden Kirchenbauten der oberbayerischen Architektenfamilie Dientzenhofer in Böhmen und Bayern.
Die gemeinsame Geschichte der beiden Länder beginnt schon mit deren Gründung in grauer Vorzeit. Besonders die Bayern, gemeint sind die Altbayern in Ober- und Niederbayern und der Oberpfalz sind ja, modern gesprochen, ein Volk mit unbestimmten Migrationshintergrund. Daher werden sie von Wissenschaftlern bis heute mit immer neuen Theorien über ihre Herkunft belehrt. Am häufigsten wurde dabei die Meinung vertreten, dass die Urheimat der Bayern Böhmen war. Das bedeutet, dass man sich bei der Völkerwanderung den kürzesten Weg, nämlich durch Böhmerwald und Bayerischen Wald gesucht hat, was für den praktischen Sinn der Bayern sprechen würde.
Warum freilich die Bayern dieses Schatzkästchen Böhmen, das von der Natur als einziges Land Europas liebevoll mit natürlichen waldreichen Grenzen versehen wurde, verlassen haben, bleibt ein Rätsel und daher neigt man heute zu der Ansicht, dass es sich beim Entstehen des Herzogtums Bayern um ein frühes „Integrationsmodell“ handelte. Das heißt, dass der im 6. Jahrhundert plötzlich auftauchende Stamm der Bayern nicht geschlossen eingewandert ist, sondern sich aus sitzengebliebenen Kelten und Römern und aus eingesickerten germanischen und slawischen Volksteilen gebildet hat. Diese unglaubliche „Integrationskompetenz“ der Bayern zeigte sich dann auch noch im 19. Jahrhundert, als die fränkischen und schwäbischen Gebiete dank Napoleon an Bayern kamen und Bayern als Königreich in seinen heutigen Grenzen entstand. Und nach dem 2. Weltkrieg wurden auch die Sudetendeutschen als vierter bayerischer Stamm integriert!
In Bayern nahm man also immer bereitwillig fremdes auf, nicht zuletzt um daraus etwas nützliches zu machen. Das gilt vor allem auch für die Beziehungen zum Nachbarn Böhmen. Hier ein Beispiel: Die bayerischen Rauten und damit die bayerischen Farben Weiß und Blau, die man bekanntlich in der ganzen Welt kennt (und sei es nur als Markenzeichen einer Autofirma oder eines Fußballclubs) kamen aus Böhmen nach Bayern.
Ludwig der Kelheimer (+1231) und Ludmilla (+1240). Böhmisches Gebiet samt Wappen kommt an Bayern.
Es war die böhmische Königstochter Ludmilla, Witwe des letzten Grafen von Bogen und in zweiter Ehe mit einem bayerischen Herzog vermählt, die zu Beginn des 13. Jahrhundert mit den Rauten der Grafen von Bogen das bayerische Wappen bereicherte. Mit ihrem Erbe kam auch der halbe bayerische und böhmische Wald und Straubing an Bayern Und da der letzte Graf von Bogen Vasall des böhmischen Königs war, nimmt man sogar an, dass die Rauten ursprünglich eine böhmisches Abzeichen waren – so zu lesen im Museum in Bogenberg über der Donau.
Bistum Regensburg – Missionierung in Böhmen
Diese Annäherung Bayerns an Böhmen war nichts ungewöhnliches, denn schon seit dem 9. Jahrhundert kümmerten man sich im Herzogtum Bayern um die christliche Gesinnung der Nachbarn. 845 wurden in Regensburg 14 slawische Stammesführer getauft und das Kloster Niederaltaich an der Donau schickte seine Mönche nach Prag. Der erste slawische Heilige, der hl. Wenzel, wurde 929 nicht zuletzt deswegen ermordet, weil er zu eng mit dem Regensburger Bischof zusammengearbeitet hatte. Einem anderen Regensburger Bischof, dem hl. Wolfgang ist es zu danken, dass es 973 zur Gründung des Bistums Prag kam. Angeblich ist er deswegen aus Regensburg vertrieben worden und hat sich dann am Wolfgangsee in die Einsamkeit zurückgezogen!
Die Geschichte eines Heiligen, der Bayern und Böhmen verbindet: Gunther
Gerade im kirchlichen Bereich gibt es einige bemerkenswerte Gemeinsamkeiten zwischen Bayern und Böhmen. Da findet sich etwa der Hl. Gunther (Günther) (*um 955,+9. Oktober 1045), ein Verwandter des ebenfalls heilig gesprochenen Kaisers Heinrich II., des Gründers des Bistums Bamberg. Gunther war Gaugraf in Thüringen, womöglich aus dem Hause Schwarzburg. Er hat sich trotz seiner hohen Herkunft für ein frommes und beschauliches Leben als Mönch entschieden.Und zwar in den Wäldern zwischen Bayern und Böhmen – im Bayerischen Wald und im Böhmerwald. Er lebte zuerst im Kloster Niederaltaich, ging dann als Einsiedler nach Lalling auf den Ranzinger Berg. 1019 gründet er mit anderen das Kloster Richnach, das erste Kloster im Bayerischen Wald, von dem aus sowohl der Bayerische Wald als auch der Böhmerwald erschlossen und missioniert wurde. Verdienste hat er sich erworben, als er in den permanenten Streitigkeiten zwischen den deutschen Kaisern, die ja auch Herren in Bayern waren und den böhmischen Königen vermittelt hat. Er starb in der Einsamkeit am so genannt Guntherfelsen am 1006 m hohen Gunthersberg (Breznik) bei Gutwasser (Hartmanice). Der böhmische Herzog Bretislav I. ließ seine Gebeine in das Kloster Břevnov überführen. Dort verschwanden sie während der Hussitenkriege. Was aber noch da ist, ist das wunderschöne Fresko, dass im dortigen Speisesaal der bayerische Maler Cosmas Damian Asam an die Decke gemalt hat und das ein Wunder zeigt, das eigentlich eine Mahnung an die böhmische Gefräßigkeit und an die Gefräßigkeit des Klerus ist. Gunther war zum Essen bei einem heidnischen Fürsten eingeladen und der tafelte sehr gegen den Willen des Heiligen prunkvoll auf. Auf ein Gebet des Heiligen hin erhob sich der eben servierte und gebratene Pfau, jetzt wieder im prachtvollen Federkleid, und flatterte davon. Dann kamen Engel und servierten langweilige Fastenspeisen. All das hat der bayerische Künstler 1727 im Auftrag des reichen Klosters an die Decke des Speisesaals gezaubert. Guten Appetit!
König Johann von Böhmen und Ludwig der Bayer
Schreiten wir weiter in der Geschichte: Am 28. September 1322, am Wenzelstag vor genau 700 Jahren, besiegte König Ludwig der Bayer seinen Verwandten und Habsburger Gegenkönig Friedrich den Schönen in der Schlacht von Mühldorf und Ampfing und sicherte sich damit bis 1347 die deutsche Königswürde und seit 1328 die Kaiserwürde. Dass die Schlacht am Tag des böhmischen Schutzpatrons stattfand, war kein Zufall, denn der mächtigste Verbündet des Bayern war der damalige König Johann von Böhmen, der darauf drängte, dass man an diesem Tag, früher als von Ludwig geplant, gegen die österreichischen Ritter und die ungarischen Hilfstruppen zuschlug. Bei diesen ungarischen Hilfstruppen kämpften auch heidnische Kumanen, was bedeutete, dass die Schlacht auch eine Schlacht gegen Heiden war, eine Art Kreuzzug. Das bedeutete auch, dass man die auf bayerischer Seite unter dem Schutz des Hl. Wenzels fechtenden Adeligen und Patrizier als Kämpfer gegen die Heiden auf dem Schlachtfeld zu Rittern schlagen konnte. Die bayerischen Adelssöhne sparten sich so den Weg nach Ostpreußen, wo man sich beim Deutschen Orden die Ritterwürde im Kampf gegen die heidnischen „Pruzzen“ (= Preußen) holen konnte und man sparte sich erst recht den aufwändigen Weg ins heilige Land, wo man sich mit Arabern, Türken und ungünstiger Witterung herumschlagen musste.
Wer war nun dieser böhmische König Johann, der vor 700 Jahren für die Bayern die Schlacht bei Mühldorf und Ampfing gegen die Österreicher entschieden hat? König Johann wurde am 10. August 1296 in Luxemburg geboren. Die Grafschaft Luxemburg (Lützelburg = kleine Burg) war früher um einiges größer als das heutige Großherzogtum und Johanns Vater Heinrich (1275-1313) hatte das Glück, dass er durch die Hilfe seines Bruders Balduin, Erzbischof von Trier, 1308 zum deutschen König gewählt wurde. 1312 krönte ihn der Papst sogar zum Kaiser gekrönt. Ein gewaltiger Karrieresprung für einen Graf von Luxemburg! Seine Stellung als deutscher König nützte Heinrich VII. geschickt aus, um sich und das Haus Luxemburg zu bereichern. Nachdem in Böhmen der letzte der jahrhundertelang regierenden Přemysliden Wenzel III. nach nur einjähriger Regierung 1306 ohne Erben durch einen Mordanschlag ums Leben gekommen war, wählte man in Böhmen als dessen Nachfolger zunächst Heinrich von Kärnten, dann aber 1310 Johann, den Sohn des deutschen Königs. So kamen die Luxemburger nach Prag. Doch als Fremde hatten sie die allergrößten Probleme und König Johann konnte nur durch eine Vermittlung des Königs Ludwig des Bayer 1318 vor einer Absetzung durch die böhmischen Stände bewahrt werden. So wurde er zum engen Verbündeten des Bayern. Seine Tochter verheiratete Johann von Böhmen im August 1322 mit dem niederbayerischen Herzog Heinrich, der auch die böhmische Stadt Taus erhielt. Kein Wunder, dass König Johann mit seinen böhmischen Truppen und Herzog Heinrich mit seinen niederbayerischen Truppen in der Schlacht von Mühldorf und Ampfing auf der Seite Ludwig des Bayern standen.
Das Egerland, Preis für die böhmische Hilfe von 1322
Doch Johann von Böhmen war ein Geschäftsmann. Er verlangte von Ludwig Entschädigung für den Einsatz böhmischer Truppen, die schon damals ihre Schlagkraft bewiesen, wie dann später in den Hussitenkriegen. So ist es verständlich, dass die Böhmen bis ins 16. Jahrhundert als Söldner gefragt waren. Eine Wehrpflicht gab es bekanntlich bis ins 19. Jahrhundert nicht, man kaufte sich seine Soldaten, je nach Kassenlage (ähnlich wie heute Bundesligavereine!).
Knapp bei Kasse war 1322 auch König Ludwig der Bayer nach der Schlacht bei Mühldorf und Ampfing. Es dauerte, bis man all die Lösegelder beisammen hatte, die man für die gefangenen österreichischen Ritter verlangen konnte. Manche dieser Ritter verdrückten sich trotz Ritterehrenwort ohne zu zahlen. Um König Johann zu befriedigen, verpfändete ihm 1322 König Ludwig die Reichsstadt Eger. Die wertvolle Pfandschaft wurde von den Bayern und vom Reich nie mehr eingelöst und so blieb das bayerische (oberpfälzische) Eger bis heute bei Böhmen.
Weitere Schicksale des 1346 gefallenen Königs Johanns, des letzten Ritters.
Johann von Böhmen verkrachte sich später mit seinem einst so guten Freund Ludwig, weil dieser sich Brandenburg aneignete, das der Böhmenkönig auch gerne gehabt hätte. Darüber hinaus kam man sich auch wegen Tirol in die Quere. Die Erbin von Tirol, Margarete Maultasch war nämlich mit dem jüngeren Sohn Johanns verheiratet. Margarete war aber mit ihm unzufrieden und schickte ihn und seinen böhmischen Anhang fort. Kaiser Ludwig der Bayer erklärte die Ehe für nichtig und verheiratete seinen Sohn Ludwig den Brandenburger mit der Erbin Tirols. Damit war es endgültig aus mit der Freundschaft zwischen dem böhmischen König Johann und Ludwig dem Bayern. König Johann, der ab 1340 erblindete, starb einen ritterlichen (Selbstmord-) Tod auf der Seite Frankreichs in der Schlacht von Crecy 1346. Mit dieser Schlacht begann der siegreiche englische König Eduard III. den Hundertjährigen Krieg. Eduard III. hat den Beginn dieses Krieges mit einem Darlehen bei italienischen Bankhäusern in Pisa und Florenz finanziert, ein Darlehen, das er nie zurückzahlte. Worauf die Bankhäuser bankrott machten („banca rotta“ = die zerbrochene Bank der Wechsler). Die erste europaweite Bankenkrise der Geschichte! Angefügt sei noch ein interessantes Detail zum Schlachtfeld von Crecy: Als Eduard mit seinem Sohn, dem Prinzen von Wales nach ihrem Sieg (sie hatten die besseren Bogenschützen) über das Schlachtfeld schritten, fanden sie auch den Leichnam des blinden Königs Johann, der auf seinem Helm die Wappendevise „Ich dien“ hatte. Diese nahm der Prinz von Wales an sich. Er führt sie bis heute in seinem Wappen!
Auch die Gebeine des Königs hatten ein merkwürdiges Schicksal. Nach der französischen Revolution kamen die Knochen auf Umwegen an die saarländische Familie Villeroy & Boch. Der deutsche Kaiser baute dann für König Johann ein Mausoleum über der Saar und nach dem 2. Weltkrieg wollten sowohl tschechische als auch luxemburgische Truppen die Reliquien annektieren. Heute liegt Johann in der Kathedrale von Luxemburg begraben.
Johann Sohn war der berühmte Kaiser Karl IV. Wie der Vater blieb er ein Feind der Wittelsbacher und folgte 1347 Ludwig dem Bayern als König nach. Mit ihm beginnt die große Glanzzeit Böhmens, aber auch des fränkischen Nürnbergs!
Karl IV., die Oberpfalz und die Reichsstadt Nürnberg
Die große Zeit des kreativen Nebeneinanders zwischen Bayern (bzw. Franken und Oberpfalz!) und Böhmen war das 14. Jahrhundert, die Zeit der Gotik. Damals regierte in Prag der humanistisch gebildete böhmische König Karl (1316-1378), der als Karl IV. seit 1347 auch deutscher König und Kaiser war.
Karl, der älteste Sohn König Johanns von Böhmen, war als Wenzel geboren worden. 1319, mit drei Jahren wurde er von seinem Vater Johann der Mutter weggenommen und nach Paris zur Erziehung geschickt. Einer seiner Erzieher war Pierre Roger, der spätere Papst Clemens VI. Bei der Firmung erhielt er den Namen seines Firmpatens, des Königs Karl IV. von Frankreich. 1333 ging er nach Böhmen zurück und wurde von seinem Vater Johann 1334 zum Markgrafen von Mähren ernannt. Nach dem Tode seines Vaters 1346 und nachdem er in Bonn als Gegenkönig des wenig später (11.10.1347) verstorbenen Kaiser Ludwig des Bayern gewählt worden war, krönte man ihn am 2. September 1347 auch zum König von Böhmen. 1355 wurde er sogar in Rom zum Kaiser gekrönt.
Karl IV. gründete nicht nur im Jahre 1348 in Prag die erste deutsche Universität, er versuchte auch Böhmen mit dem bayerischen Nordgau (Oberpfalz) samt Nürnberg zu verklammern. Die Reichsstadt Nürnberg, in der er sich während seiner Regierungszeit über 50mal aufhielt, machte er zur Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches: Hier sollten die wichtigsten Reichstage stattzufinden und hier sollten die Reichskleinodien aufbewahrt werden. In Nürnberg ließ er das wichtigste Reichsgesetz des Alten Reichs, die goldenen Bulle von 1356 beschließen. Sein Wille, Böhmen fest im deutschen Reich zu verankern, zeigt die Bestimmung in diesem Reichsgesetz, dass jeder deutscher Kaiser auch tschechisch beherrschen sollte.
Emsig baute er an einer Landbrücke zwischen Böhmen und Nürnberg. Er erwarb 1353 große Teile der Oberpfalz, das jetzt den Namen „Neuböhmen“ erhielt.1353 wird der größte Teil der Leuchtenberger Herrschaften (Landgrafschaft leuchtenberg) Böhmen zu Lehen aufgetragen Diese Gebietserwerbungen reichten bis vor die Tore Nürnbergs. Dort ließ sich Karl IV. 1356 in Lauf an der Pegnitz auf einer Pegnitzinsel an der Stelle einer zerstörten Burg eine burgartige Residenz bauen. Das war seine letzte Station, bevor er von Böhmen kommend, in sein geliebte Nürnberg einzog. Diese seine Residenz, die heute noch unversehrt erhalten ist, trug und trägt den Namen „Wenzelschloss“. Denn Kaiser Karl war auf den böhmischen Nationalheiligen Wenzel getauft worden. 1360 ließ er in das Wenzelschloss einen Wappensaal einbauen, der mit 112 eingehauenen und farbig ausgemalten Wappen böhmischer Adelsgeschlechter versehen ist. Es war wahrscheinlich sein Schlafgemach. Karl IV. liebte Wappen, Repräsentation und herrschaftliche Demonstration. Das hatte er in Frankreich gelernt, wo der erzogen wurde. Er war der erste deutsche Kaiser, der es verstand, durch repräsentatives Auftreten und durch repräsentative Bauten Reklame für sich zu machen. Ich erinnere nur an die Karlsburg und an die Karlsbrücke.
Was ist nun aus diesen böhmischen Besitzungen in der Oberpfalz geworden, zu denen man noch die Erwerbungen böhmischer Adelsgeschlechter (Lobkowitz) dazu zählen muss? Die meiste Erwerbungen gingen Böhmen wieder verloren (So etwa Sulzbach, das zunächst an Böhmen, dann an die niederbayerischen „reichen“ Herzöge und schließlich an das Fürstentum Pfalz-Neuburg fiel). Vor allem hat sich die Reichsstadt Nürnberg beträchtliche Teile der Oberpfalz gesichert und 1628 kam der größte Teil der Oberpfalz von der (protestantischen und calvinistischen) pfälzischen Linie der Wittelsbacher an die altbayerische (katholische) Linie zurück und wurde rekatholisiert
Als diese altbayerische Linie 1777 ausstarb und die (inzwischen katholische) Pfälzer Linie Bayern erbte, also auch die Oberpfalz, behaupteten die Österreicher, die gesamte Oberpfalz sei böhmisches Lehen und marschierten dort ein. Es begann der Pfälzer Erbfolgekrieg, der in Böhmen durch den Frieden von Teschen 1779 beendet wurde.
König Wenzel der Faule, seine bayerische Gemahlin Sophie und der Heilige Johannes Nepomuk (+1393)
Der bekannteste Heilige aus Böhmen ist natürlich der 1393 vom bösen König Wenzel hingerichtete Johannes Nepomuk, der nicht sagen wollte, was Sophie, die bayerische Frau des Königs ihm gebeichtet hat. Wer war Wenzel, wer war Sophie?
Wenzel (1361-1419; als böhmischer König Wenzel IV.) war der Sohn Kaiser Karl IV. dem es 1376 gelang, also 2 Jahre vor seinem Tod, Wenzel zu seinen Nachfolger als deutschen König wählen zu lassen. Wenzel war nicht unbegabt, versank aber nach dem Tode seines Vaters immer mehr in Trunksucht und Trägheit. Durch absurde Reichsstadtprivilegien an landsässige Städte versuchte er Geld aufzutreiben. Wenn die Reichsstädte, hier vor allem das reichte Rothenburg, sich weigerten, ihn zu finanzieren, schickte er ihnen unflätige Bescheide und malte zur Not noch ein Schwein auf die jeweilige Nachricht, um den städtischen Rat zu beleidigen. Als Wenzel „den Faulen“ und „unnützen“ König setzten ihn die Kurfürsten 1400 ab, ein einmaliger Vorgang in der deutschen Reichsgeschichte. Er erkannte die Absetzung zwar nicht an, tat aber nichts dagegen und beschränkte sich bis zu seinem Tod auf Böhmen. 1410 wurde dann sein Stiefbruder Sigmund deutscher König.
Schuld hat Wenzel auf sich geladen durch die merkwürdige Behandlung seiner bayerischen Frau Sophie und die Hinrichtung des Hl. Johannes Nepomuk. Voller Hass verfolgte er den Prager Erzbischofs (der fliehen konnte) und dessen Stellvertreter, Johannes Nepomuk, dem Beichtvater seiner Frau, den er 1393 foltern und von der Karlsbrücke stürzen ließ, angeblich weil dieser das Beichtgeheimnis nicht brechen wollte. In Wirklichkeit ging es aber um Geld und Macht, denn der geldgierige Wenzel sah sich durch den Erzbischof und dessen Vertreter um seine angeblichen Ansprüche auf kirchliche Einnahmen gebracht.
In Bayern ist Johannes Nepomuk, der im 18. Jahrhundert heilig gesprochen wurde, als Brückenheiliger und auch sonst, besonders auf dem Lande, sehr beliebt, wie seine zahlreichen Bildnisse in bayerischen Kirchen und Kapellen beweisen. Sogar auf dem Giebel der Asamkirche in München wacht Johannes Nepomuk über Bayern.
Zurück zu Wenzel: Da er gerne etwas vom Reichtum der seit dem 14. Jahrhundert gut dotieren böhmischen Geistlichkeit haben wollte, verwundert nicht, wenn er dem Reformator Hus, der sich ja auch gegen den Reichtum der Kirche gewandt hat, eine gewisse Sympathie entgegenbrachte. So auch Sophie, seine Frau, die bayerische Prinzessin. Sie kann sich rühmen als Beichtväter zwei prominente Figuren aus der böhmischen Geschichte gehabt zu haben. Den Hl. Johannes Nepomuk und den 1415 in Konstanz hingerichteten böhmischen Nationalhelden und Theologieprofessor an der Universität Prag Johannes Hus. Der Papst verdächtigte sie deshalb der Ketzerei. König Wenzel war schon in erster Ehe 1387 mit einer bayerischen Prinzessin (Johanna) verheiratet, die jedoch bald starb und durch Sophie ersetzt wurde. Diese heiratete den verwitweten Wenzel 1389, da war sie gerade 12 Jahre alt, ihr Mann 27. 1400 wurde sie dann zur Königin von Böhmen gekrönt. In diesem Jahr wurde ihr Mann, „Wenzel der Faule“ als deutscher König abgesetzt. Nach dem Tode ihres Mannes Wenzel 1419 wurde sie von dessen Bruder und Nachfolger König Sigmund zur Statthalterin ernannt. Gab aber bald auf und zog sich nach Preßburg zurück, wo sie 1428 starb.
Bayern und die Hussiten
Bekanntlich leben Nachbarn nicht überall und immer friedlich nebeneinander. So gab es auch zwischen Bayern und Böhmen Jahre der Zwietracht und der gewaltsamen Auseinandersetzung. Und da die Böhmen wackere Kämpfer waren – im Deutschen Reich galten sie neben den Schweizern als die besten Soldaten – gingen diese Auseinandersetzungen nicht ohne Schrammen ab. Zu nennen sind hier vor allem die Hussitenkriege zwischen 1419 und 1436. Die Hinrichtung des tschechischen Reformators Jan Hus auf dem Scheiterhaufen in Konstanz im Jahre 1415 trotz vorheriger Zusicherung freien Geleits löste in Böhmen eine ungeheure religiöse und nationale Empörung aus. Als der Papst 1420 einen Kreuzzug und der Schuldige von Konstanz (König Sigismund) einen Reichskrieg gegen die tschechischen Aufständischen ausrief, kam es zum bewaffneten Konflikt, der sich bald auch auf Bayern, insbesondere auf die Oberpfalz ausweitete.
Wer war dieser Kaiser Sigismund (1368-1437), des letzten Luxemburgers, der in Böhmen nie Fuss fassen konnte, obwohl er als Sohn des Königs Wenzel mit den böhmischen Verhältnissen vertraut war? Er war, begünstigt durch seinen Vater, Kurfürst von Brandenburg von 1378 bis 1388 und von 1411 bis 1415, König von Ungarn und Kroatien seit 1387. Nachdem sein Vater, Wenzel der Faule von den Kurfürsten abgesetzt und durch Rupprecht von der Pfalz ersetzt worden ist, der aber schon 1410 starb, wurde Sigismund 1411 zum römisch-deutschen König gewählt, während sein Vater bis zu seinem als König von Böhmen bis zu seinem Tod 1419 im „Austrag“ lebte. 1419 wurde dann Wenzel auch König von Böhmen.1433 wurde er sogar vom Papst zum Kaiser gekrönt.
Die Angst vor den auf der ganzen Linie siegreichen Hussiten war so groß, dass man damals alle Kirchen in Grenznähe mit Mauern umgab. Immerhin „verdanken“ wir der Hussitengefahr die erste (von vielen) gesamtdeutsche Steuer, den so genannten „gemeinen Pfennig“. Noch unangenehmer für die Bayern war die damals entstandene Sitte des „Husausläutens“ um 10 Uhr abends. Kein Wirt durfte nach dem Glockenschlag um 10 Uhr mehr Wein und Bier ausschenken, da man offensichtlich die Hussiten als Gottes Strafe für den steigenden Alkoholkonsum und das damit verbundene gotteslästerliche Fluchen ansah.
Die Bedrohung durch die Hussiten führt dazu, dass man in der Oberpfalz und Niederbayern die Burgen ausbaut, ja selbst die Kirchen, Friedhöfe und Kirchtürme in Festungen verwandelt (Kirchenburgen). 1431 scheiterten endgültig die „Kreuzzüge“ gegen die unbesiegbaren Hussiten in der Schlacht von Taus. Die Hussiten mit ihrem unter Jan Žižka (1360-1424) ausgebildeten Volksheeren galten mit ihrer überlegenen militärischen Taktik als unbesiegbar. 1436 einigte man sich notdürftig. Nun kam man den Utraquisten entgegen, die nun gemeinsam mit kaiserlichen und päpstlichen Truppen gegen die radikalen Taboriten zogen und sie 1434 besiegten. Erst 1436 waren die Kämpfe zu Ende.
Die religiösen Exzesse sind eine böhmische Eigenheit. Nach den Hussiten folgten die Böhmischen Brüder Ende des 15. Jahrhunderts, die ebenfalls Armut verkündeten und Bibelauslegung. Ergebnis der böhmischen Trennung von der Kirche, war die Säkularisation des reichen kirchlichen Vermögens. Die Kirche spielte neben dem Adel und den Städten keine Rolle mehr. Erst nach dem 30jährigen Krieg begann sie sich wieder zu erholen. Weitere böhmische Religionsexzesse gegenüber das katholisch gebliebene Bayern finden sich im 16. Jahrhundert, als Wiedertäufer aus Böhmen nach Bayern einsickerten und erbarmungslos (ebenso wie die Protestanten) hingerichtet werden.
Albrecht III. – lieber Herzog von Bayern als König von Böhmen
Ein interessantes Kapitel der bayerisch-böhmischen Beziehungen spielte sich nach dem Ende der Hussitenkriege im Jahre 1440 ab. Am 9. Dezember 1438 war König Sigmund gestorben, 1439 wurde der mit seiner Tochter Elisabeth verheiratete Habsburger Albrecht II. deutscher König und König von Böhmen. Die böhmischen Stände, utraquistisch bzw. kalixtinisch (Calix = Kelch; Befürworter der Kommunion in zweierlei Gestalten) gesinnt, wollten keinen Österreicher mehr und wählten den bayerischen Herzog Albrecht III. zum böhmischen König. Albrecht III. (1401-1460, regiert als bayerischer Herzog von 1438 bis 1460) kannte sich gut in Böhmen aus: In seiner Jugend hatte er sich öfters bei seiner Tante Sophie aufgehalten, die, wie erwähnt, mit dem 1419 verstorbenen böhmischen und deutschen König Wenzel verheiratet war. Albrecht III. wusste also, was ihn in Böhmen erwartete und verzichtete auf die böhmische Wenzelskrone. Sehr wahrscheinlich wollte er sich auch nicht in die Abhängigkeit der Utraquisten begeben, um dann möglicherweise als Ketzer vom Papst exkommuniziert zu werden. Nun folgte in Böhmen eine 13jährige Thronvakanz, da sich die katholischen und die utraquistische Partei nicht einigen konnten. Der erst 1440 geborene Sohn des Habsburger Königs Albrecht Ladislaus Postumus wurde erst 1553 König, der einheimische Georg Podiebrad, sein Verwalter und möglicherweise Mörder, folgte ihm nach und dann folgten bis 1526 die Jagellonen. Chaos und Religionskämpfe prägten das Land.
Die verständliche Zurückweisung der böhmischen Königskrone ist im Übrigen auch in den Geschichtsfresken im Münchner Hofgarten dargestellt. In diesem bayerischen „Geschichtsbuch“, wo für jedes Jahrhundert der Wittelsbacher Herrschaft ein kriegerisches und ein friedliches Ereignis vorgestellt wird, hat man für das 15. Jahrhundert als friedliches Ereignis eben die Zurückweisung der böhmischen Krone dargestellt.
Tatsächlich war Albrecht III. ein friedlicher, aber auch allzu weicher Fürst. Wir kennen ihn im Zusammenhang mit seiner Liebschaft mit Agnes Bernauer, die sein Vater in der Donau zu Straubing ertränken ließ. Albrecht III. war nur kurz beleidigt, er hat dann brav eine Prinzessin aus dem Hause Braunschweig geheiratet und viele Kinder gezeugt.
Bayern und Böhmen im 30jährigen Krieg
In ihrer damaligen militärisch nicht zu brechenden Widerborstigkeit während der Hussitenkriege zeigen die Tschechen durchaus eine Verwandtschaft mit dem bayerischen Nachbarn, der in der Regel ruhig sein Feld bestellt, aber wenn er gereizt wird, sich in einer gefährlichen Aufwallung („furor bavaricus“) zu wehren weiß. Die Gefährlichkeit der böhmischen Krieger macht sie im Übrigen bis ins 16. Jahrhundert, wie schon erwähnt zu begehrten Söldnern. Während des nach 1503 nach dem Aussterben der niederbayerische Linie der „reichen“ Herzöge ausbrechenden bayerischen Erbfolgekriegs kämpfen viele böhmische Söldner auf der Seite der Pfälzer und verwüsten Niederbayern, wie einst während der Hussitenkriege!
100 Jahre später, im 30jährige Krieg, verwüsten dann nicht die kriegerischen Böhmen Bayern, sondern die kriegerischen Bayern Böhmen. Und das aus folgendem Grund:
Der Krieg begann bekanntlich in Böhmen, weil dort die böhmischen Stände, vor allem die Adeligen und Städte, protestantisch geworden waren und keinen katholischen König von Böhmen mehr duldeten. Sie hatten vom Habsburger Kaiser Rudolf II., der in Prag und nicht in Wien residierte, im berühmten Majestätsbrief von 1609 ihre Religionsfreiheit zugesichert bekommen und auch von dessen Nachfolger Matthias. Als dieser aber 1617 durchsetzte, dass der radikal katholisch eingestellte Ferdinand von Innerösterreich, der von Bayern aus über seine Frau fromm und katholisch gemacht worden war, zum König von Böhmen gewählt wurde, kam es am 23. Mai 1618 zum Prager Fenstersturz. Einer der drei kaiserlichen Räte, die auf einen Misthaufen fielen und überlebten, ein Wilhelm Slavata, ist im Übrigen mit seiner Frau in Altötting begraben, da er sich bei der gegen ihn geführten Attacke der Muttergottes von Altötting verschrieben hat. Ein anderer Überlebender, der Statthalter Martinitz, auch er ein Verehrer der hl. Muttergottes von Altötting, konnte sich nach München flüchten.
Am 20. März 1619 starb Kaiser Matthias in Wien. Nun brach der Konflikt los. Die böhmischen Stände setzten Ferdinand im August als König von Böhmen ab und wählten am 26. August den Protestanten Friedrich von der Pfalz zum böhmischen König. Im September 1619 nahm er die Wahl zum König von Böhmen an und am 31. Oktober zog er mit seiner seine ehrgeizige Frau, der englischen Königstochter Elisabeth Stuart, in Prag ein. Nicht alle protestantischen Fürsten erkannten ihn an, aber für ihn taten sich nun auch wirtschaftliche Aspekte auf, denn die Oberpfalz mit ihren Eisenvorkommen und Böhmen, das silberreiche Land, waren jetzt vereint. Die Krönung im Veitsdom am 4. November 1619 mit der Wenzelskrone wurde nicht vom katholischen Erzbischof, sondern von einem utraquistischen Administrator vorgenommen. Doch Friedrich machte sich schnell unbeliebt. Er war Calvinist und Bilderstürmer und die aus Heidelberg mitgebrachten Geistlichen räumten den Veitsdom aus und zerstörten das berühmte Marienbild von Lukas Cranach. Darüber hinaus sprach Friedrich kein Wort tschechisch. Obwohl Böhmen ein reiches Land war, war Friedrich von den Zuschüssen der Stände abhängig. Die zeigten sich geizig, was für die bevorstehenden militärischen Auseinandersetzungen katastrophal auswirken sollte.
Aber auch der aus Böhmen hinausgeworfene Ferdinand, der seit September 1619 deutscher Kaiser war, hatte kein Geld. Deswegen schloss er im Oktober 1619 einen Beistandsvertrag mit seinem Cousin Herzog Maximilian von Bayern, der über eine volle Kriegskasse verfügt. Der streng katholische Maximilian versprach gegen den böhmischen Aufstand und den zum König von Böhmen gewählten Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz vorzugehen. Dafür wurde ihm als Belohnung die Oberpfalz und die Kurwürde zugesichert. Dass sein Gegner auch aus dem Hause Wittelsbach stammte, spielte keine Rolle. Im Gegenteil, dieser Friedrich aus der Pfälzer Linie war protestantisch, ja calvinistisch. Darüber hinaus gab es Streit zwischen Heidelberg und München wegen der Kurstimme, also wegen des Rechts, den Kaiser zu wählen. Im Hausvertrag von 1329 war vereinbart worden, dass diese Kurstimme zwischen der Pfälzer und bayerischen Linie wechseln sollte, aber sie blieb zum Ärger der Münchner Linie immer in Heidelberg. Das hatte Kaiser Karl IV. In der goldenen Bulle von 1356 eigenmächtig festgelegt.
Der bayerische Herzog führte zwar auch den Titel „Pfalzgraf bei Rhein“ an erster Stelle und den Pfälzer Löwen an erster Stelle im Wappen. Aber schon seit 1605 setzte er die Rauten an die erste Stelle ins Wappen und später setzte er auch den Herzogstitel vor den Pfalzgrafentitel. Die Kurwürde nahm er 1623 seinem pfälzischen Verwandten weg. Ein Streitpunkt bis zum Westfälischen Frieden. Es gibt eben keinen größeren Hass als unter Verwandten. Und das alles wegen eines böhmischen Königstitels!
Jetzt bekam Böhmen die altbayerische Rauflust zu spüren. 1620 marschieren die bayerischen Truppen Maximilians, dem Führer der katholischen Liga unter dem Feldherrn Tilly in das protestantisch-calvinisitische-hussitische Böhmen ein. Keiner seiner Glaubensbrüder kam dem frisch gekrönten König von Böhmen zur Hilfe, der am 8. November 1620 in der Schlacht am Weißen Berg unterhalb der Prager Burg geschlagen wird. Ihm, dem „Winterkönig“ und seiner ehrgeizigen Frau, die ihn in das Abenteuer getrieben hatte, waren nur ein Winter in Prag vergönnt.
Die Schlacht am Weißen Berg und das darauf folgende Blutgericht über die Aufständischen nicht nur Auswirkungen auf das zukünftige Schicksal Böhmens sondern auch auf die Geschicke Deutschlands. Von den Konfiskationen, die nach 1620 viele protestantische böhmische Adelige traf, die zum Heidelberger Winterkönig gehalten hatten, profitierten viele Adelige in kaiserlichen und bayerischen Diensten, etwa die Schwarzenberg, die Lobkowitz, die Haimhausen und die Pappenheim.
Noch ein Wort zum böhmischen Benediktinerkloster Braunau, eines der Ausgangspunkte für den 30jährigen Krieg, der ja als Religionskrieg begonnen hat. Wohlgemerkt Braunau in Böhmen, nicht Braunau am Inn, dem Geburtsort Adolf Hitlers (das hat schon Präsident Hindenburg verwechselt, als er Hitler als den „böhmischen Gefreiten“ titulierte). Das Benediktinerkloster Braunau, seit der Ausweisung der Mönche 1946 in Rohr in Niederbayern, war eine der Auslöser des Fenstersturzes, weil der Abt des Klosters in der ihm unterstehenden Stadt Braunau den Bau einer protestantischen Kirche verhindern wollte.
Einige bayerische und fränkische Adelsgeschlechter und Personen, die mit Böhmen verbunden waren.
Seit dem Ende des 18. Jh. erwarben die uns aus Franken als Fürstbischöfe von Würzburg und Bamberg bekannten Schönborn (ein mächtiger Schönborn war Reichsvizekanzler!) umfangreiche Besitzungen in Böhmen (Wiesentheider, später Gaibacher Linie mit dem Schloss Skalka bis 1945). Die böhmische Linie der Schönborn hielt sich in Böhmen (mit dem Palais Schönborn in Prag) bis 1918.
Weit bedeutender als die Schönborn waren in Böhmen die aus Franken stammenden
Schwarzenberg. 1405 erwarb ein Erkinger von Seinsheim das mittelfränkische Schloss Schwarzenberg im Steigerwald. Dieser nannte sich bald nach dem Schloss Schwarzenberg Freiherr von Schwarzenberg. 1422 verpfändete ihm der böhmische König und deutsche Kaiser Sigismund, der dringen militärische Hilfe gegen die Hussiten brauchte, das Gut Libenice mit dem Bergflecken Grunta in Böhmen. Damit begann die böhmische Karriere der Schwarzenberg, die Ende des 18. Jahrhunderts in Böhmen über 230.000 Untertanen und riesige Wälder besaßen. Anfang des 18. Jahrhunderts hatten sie den Besitz der ausgestorbenen Geschlechter Rosenberg und Eggenberg geerbt, vor allem Krumau, das dann bis ins 19. Jahrhundert der Hauptsitz der Schwarzenberger war. 1723 wird Fürst Adam Franz von Schwarzenberg zum Herzog von Krumau in Böhmen erhoben.
Um den Holzreichtum ihrer böhmischen Wälder zu verwerten, bauten die Schwarzenberg im 18. Jahrhundert den 50 km langen berühmten Schwarzenberger Schwemmkanal, mit dem man das Holz vom Böhmerwald durch das Mühlviertel zur Donau triften konnte.
Während die Schwarzenberg ihre böhmischen Wälder und Schlösser 1946 verloren (ein Teil wurde nach 1989 restituiert) blieben ihnen noch bis heute die Anfang des 17. Jahrhunderts (1619) erheirateten Besitzungen um das Schloss Obermurau in der Steiermark mit einem Umfang von 18.000 ha
Aber nicht nur durch Heirat und glückliche Erbschaft vermehrten die Schwarzenberger ihren Besitz, sondern auch durch ihre militärischen Fähigkeiten und durch ihre politischen Dienste für Kaiser, Reich und Österreich. Auch hohe Kirchenfürsten finden sich in der Familie. Was die Militärs unter den Schwarzenberg betrifft, so ist hier zunächst der aus der rheinische Linie stammende und im Rudolfinischen Türkenkrieg erfolgreiche kaiserlichen General Adolf von Schwarzenberg, der 1599 in den Reichsgrafenstand erhoben. Damals erhielt das Wappen der Schwarzenberg mit dem Türkenkopf, dem ein Rabe ein Auge aushackt, seine heutige Form. Das grausame Wappenbild erinnert an die Befreiung Györs (deutsch = Raab) von den Türken durch General Adolf von Schwarzenberg. Der bedeutendste Feldherr unter den Schwarzenbergs des 19. Jahrhunderts ist Karl Philipp von Schwarzenberg, einer der Sieger in der Leipziger Völkerschlacht gegen Napoleon. Kaiser Franz Joseph ließ ihm 1867 ein Denkmal auf dem Wiener Schwarzenbergplatz errichten. Als kaiserliche Minister spielen die Schwarzenberg in der großen Politik immer wieder eine wichtige Rolle – bis heute: Karl VIII war Außenminister Tschechiens.
Immer blieb die Verbindung der Schwarzenberg mit dem bayerischen Franken erhalten: Erst in den letzten Jahren ist das umfangreiche Schwarzenberg-Archiv aus Böhmen nach Franken zurückgekehrt und wird jetzt als bayerisches Staatseigentum im Staatsarchiv Nürnberg aufbewahrt.
Der Familie Lobkowitz, böhmischer Uradel schon unter den Přemysliden, gehörte seit 1657 das oberpfälzische Waldthurn als eine eigenständige reichsunmittelbare Herrschaft. Schon 1575 hatte der Kaiser die Herrschaft Sternstein (Neustadt an der Waldnaab) an Popel von Lobkowitz unter böhmischer Lehenshoheit gegeben. 1663 wird die Grafschaft zur „gefürsteten“ Grafschaft mit Residenz in Neustadt an der Waldnaab erhoben. 1806 kommt sie zu Bayern.
Die Familie verlor 1918 den Adelstitel, wurde von den Nazis und später noch einmal von den Kommunisten enteignet und verließ nach der kommunistischen Machtübernahme 1948 die Tschechoslowakei. Für Bayern wichtig: Der in Prag geborene und fließend tschechisch sprechende Politologe Nikolaus L. (1931-2019) war Professor in den USA, Rektor und Präsident der Uni München und Gründungspräsident der Katholischen Universität Eichstätt 1984-1996, Sein Sohn Dr. Erich ganz in Bayern angekommen.. Er leitet die Schlossbrauerei Maxlrain. Ein Zweig der Familie erhielt 1991 die Besitzungen in der Tschechoslowakei restituiert. Das Palais Lobkowitz in Prag beherbergt inzwischen die Deutsche Botschaft.
Die kurze und glorreiche Geschichte des im Kloster Strahov auf dem Hradschin begrabenen Generals Gottfried Heinrich von Pappenheim (1595-1632)
Alle kennen wir die Redensart: Ich kenne meine Pappenheimer: richtig: Daran erkenn ich meine Pappenheimer. Das berühmte Zitat fällt im 3. Aufzug des 3. Teils (Wallensteins Tod) von Schillers Trilogie. Wallenstein, der schon vom Kaiser geächtet ist und sich nach Pilsen und dann weiter nach Eger zurückzieht, um sich mit den schwedischen Truppen zusammen zu tun, empfängt eine Abordnung von zehn Vertretern der Kürassiere des Regiments Pappenheim. Wallenstein begrüßt einige von ihnen mit Namen, erinnert sich an ihre Taten auf Feldzügen und betont, dass er keinen vergesse, mit dem er einmal Worte gewechselt habe. Sie sagen ihm, auch wenn viele Regimenter von ihm abgefallen seien, würden sie weiter für ihn kämpfen, wenn er dem Kaiser treu bleibe. Sie halten die gegenteiligen Gerüchte für eine Lüge und wollen die Wahrheit aus seinem eigenen Munde erfahren (was Wallenstein quittiert mit dem genannten Zitat Daran erkenn ich meine Pappenheimer) Nun erzählt Wallenstein ihnen, dass der Kaiser ihn betrogen habe und er sich wehren müsse. Mit den Schweden gehe er nur zum Schein zusammen. Er schafft es, sie auf seine Seite zu ziehen. Doch da berichtet Buttler, dass Terzkys Regimenter das Wappen des Kaisers gerade gegen das von Wallenstein tauschen. Nun gehen die Soldaten des Regiments Pappenheim wortlos davon – Wallenstein hat den Rückhalt der Soldaten verloren.
Wer war nun der berühmte General Gottfried Heinrich von Pappenheim? Pappenheim studierte 1607-09 in Tübingen, 1610/11 in Altdorf (Rektor) und lernte auf einer ausgedehnten Kavalierstour Frankreich, Spanien, Italien und die Niederlande kennen. Unter dem Einfluss seines Stiefvaters konvertierte er 1616 in Prag. In der bayerischen Armee stieg er vom Rittmeister (1619), Oberstleutnant im Regiment seines Stiefvaters (1620), Oberst (1622), Generalfeldwachtmeister (1626) und Generalfeldzeugmeister (1629) bis zum Feldmarschall (1630) auf. Pappenheims militärische Laufbahn vollzog sich zwischen den Schlachten am Weißen Berg (1620), wo er erstmals schwer verwundet wurde, und der bei Lützen, wo er starb (1632). Nach seiner Teilnahme an den Feldzügen in der Rheinpfalz gegen die Anhänger des „Winterkönigs“ (1621) trat er 1624/25 in spanische Dienste und übte im Kampf gegen Frankreich im Veltlin zeitweise das Oberkommando aus. Eng mit Pappenheims Namen verbunden ist vor allem die Zerstörung Magdeburgs im Mai 1631, die er mit seinem Befehl eingeleitet hat, aus taktischen Gründen einige Häuser in der Nähe des Walls anzuzünden. Schon seit Frühjahr 1630 Stellvertreter Tillys, des Oberbefehlshabers der Liga-Truppen, und als dessen Nachfolger vorgesehen, erlebte er im September 1631 die vernichtende Niederlage der Liga bei Breitenfeld. Am Tag vor der Schlacht bei Lützen, in der er ebenso wie Kg. Gustav Adolf von Schweden tödlich verletzt wurde, hatte er von Wallenstein, zu dem er stets Distanz wahrte, den Befehl erhalten, schnellstens von Halle aus die kaiserliche Armee zu verstärken. Seit seinem Studium historisch interessiert, war Pappenheim nicht nur ein verwegener, gegen sich selbst, seine Truppen und die Feinde rücksichtsloser Militär, sondern auch ein politisch denkender, zu unkonventionellen Maßnahmen fähiger Stratege, der zu den bedeutendsten Generälen des Dreißigjährigen Krieges zählt.
1628 erwarb er in Böhmen einige Güter (Jungbunzlau, Kosmanos, Grulich). Die Güter vererbte er seinem einzigen Sohn Georg Adam, der 1647 im Duell starb. Damit starb die Treuchtlinger Linie aus.
Auf Befehl General Wallensteins wurde Pappenheim in der Kirche Mariä Himmelfahrt des Prämonstratenserklosters Strahov auf dem Hradschin in Prag begraben.
Friedliches oder: Barocker Architektenaustausch. Balthasar Neumann aus Eger in Franken und die Familie Dientzenhofer aus Oberbayern in Böhmen
Wer kennt nicht Balthasar Neumann, einen der bedeutendsten Barockarchitekten Frankens, Schöpfer der Würzburger Residenz und der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen. Architekt war damals kein Hochschulfach, man lernte es als Maurermeister oder als Geschütz- und Glockengiesser, so wie eben Balthasar Neumann. Am 27. Januar 1687 wurde er im böhmischen Eger geboren und am 19. August 1753 starb er in Würzburg. Seine höfische Laufbahn in Franken begann er zunächst im gefährlichen Beruf des Artilleristen und im Militärdienst brachte er es dann auf Grund seiner technischen Fähigkeiten bis zum Festungsbaumeister. Sein Glück war es, dass er 1719 vom neuen Würzburger Fürstbischof Johann Philipp Franz von Schönborn zum fürstliche Hofbaumeister berufen wurde. Und sein Glück war obendrein, dass die Schönborns von einer liebenswerten Krankheit befallen waren, vom so genannte „Bauwurm“. Sie liebten barocke Bauten und so wurde Balthasar Neumann, der geniale Architekt, der alle Finessen der Baustatik ausnutzte, nie arbeitslos, so lange Fürstbischöfe Geld für Gebäude ausgaben. Während nun der Böhme Balthasar Neumann Würzburg und Franken barock umgestalteten, taten für Prag und Franken die Mitglieder der aus Oberbayern (bei Rosenheim) stammenden Familie Dientzenhofer das gleiche. Allen voran Christoph Dientzenhofer ( geboren 1655 gestorben 1722 in Prag) sowie sein Sohn Kilian Ignaz Dientzenhofer (geboren 1689 in Prag, gestorben 1751 in Prag).
Christoph Dientzenhofer entstammte einer oberbayerischen Bergbauernfamilie. Um 1675 ging er als Geselle auf die Walz und ist seit 1678 mit seinen vier Brüdern Georg, Wolfgang, Leonhard und Johann in Prag nachweisbar. Seine Ausbildung erfolgte vermutlich in den Bauhütten von Abraham Leuthner und Carlo Lurago.
Als einziger der Brüder blieb er in Prag und heiratete am 3. März 1685 Maria Anna Lang aus Leitmeritz, Witwe des Baumeisters Johann Georg Achbauer der Ältere. Ein Jahr später beantragte er das Bürgerrecht der Prager Kleinseite, 1688 folgte die Aufnahme in die Zunft des Maurer- und Steinmetzhandwerks. Von seinen fünf Kindern wurde Sohn Kilian Ignaz ebenfalls ein bekannter Baumeister.
Von 1682 bis 1689 arbeitete Christoph Dientzenhofer für seinen Schwager Abraham Leuthner, mit dem er lebenslang befreundet blieb, als Polier am Bau des Klosters und der Stiftsbasilika Waldsassen, unter der Bauleitung seines ältesten Bruders Georg. Als Georg 1689 starb, übernahm Christoph die frei gewordene Bauleiterstelle. Im gleichen Jahr arbeitete er als selbständiger Baumeister an den Stiftsbauten in Tepl. Von 1698 bis 1701 war er als Nachfolger von Abraham Leuthner Festungsbaumeister in Eger, danach Festungsbaumeister in Prag, wo er schon seit 1695 Altbaumeister seiner Zunft war und ein einträgliches Bauunternehmen besaß.
In den folgenden Jahren wurde er in Prag und in Böhmen ein viel beschäftigter Baumeister, dessen Auftraggeber überwiegend Klöster und Adelsfamilien waren. Sein bekanntestes Werk ist die der Heiligen Margarethe geweihte Klosterkirche Břevnov sowie die von seinem Sohn beendete St. Nikolaus-Kirche auf der Prager Kleinseite. Nach seinem Tod wurde er in der St.-Nikolaus-Kirche beigesetzt. Seine Büste fand Aufstellung in der Ruhmeshalle in München.
Sein Sohn Kilian Ignaz Dientzenhofer (Geboren 1689 in Prag, dort gestorben 1751) war noch produktiver als sein Vater. Angeblich wollte er zunächst Geistlicher werden und ist dann wohl von seinem Vater überredet worden, als Architekt zu arbeiten. Bei ihm erlernte er das Maurerhandwerk. Während eines Aufenthalts in Wien lernte er die Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach und auch Johann Lucas von Hildebrandt lernen. Er unternahm um 1709 ausgedehnte Studien- und Bildungsreisen ins Ausland. Ab 1716 half er seinem Vater beim Bau des Klosters Břevnov. Kilian Ignaz Dientzenhofer entwarf und baute eine unübersehbare Zahl von Sakral- und Profanbauten in Böhmen, Mähren und Schlesien. Das Prager Panorama ist von seiner Architektur geprägt. Nach dem Tod seines Vaters übernahm er dessen Stelle eines Stiftsbaumeisters bei den Benediktinern in Břevnov und Braunau. Das bedeutete, dass er alle Bauten im Bereich der reichen Břevnov-Braunauer-Klosterdomäne sowie deren Propsteien in Politz und Wahlstatt entwerfen und ausführen musste. Sein Erfolg und sein Ruhm führten dazu, dass er schon 1725 ein so begehrter und beschäftigter Baumeister war, dass es selbst für Bauherren aus dem Adel schwer war, ihn für ein Projekt zu gewinnen. Im Gegensatz zur Architektur seines Vaters treten bei ihm die hochbarocken Formen zurück. Bei seinen Bauten bevorzugte er den Zentralbau und verband die bisherigen böhmischen Formen mit dem höfisch-wienerischen Stil. Kaiser Karl VI. verlieh ihm 1730 den Titel eines Hofbaumeisters, 1737 folgte die Ernennung zum Oberfestungsbaumeister. Nach seinem Tode wurden zahlreiche der von ihm begonnenen und geplanten Projekte durch seinen Schwiegersohn Anselmo Lurago ausgeführt.
Silber nach Bayern, Salz nach Böhmen: Waren- und Wissensaustausch. Einige Schlaglichter
Neben den geschilderten kriegerischen Auseinandersetzungen darf man nicht den weit wichtigeren langfristigen wirtschaftlichen und kulturellen Austausch zwischen Bayern und Böhmen vergessen. Die Architektur der Dientzenhofer haben wir behandelt, aber zahlreiche andere Verbindungen in der Musik, in der bildenden Kunst, in der Wissenschaft und in der Wirtschaft könnte man hinzufügen. Einige Beispiele mögen genügen: Das bayerische Salz wurde von Bayern über den Goldenen Steig nach Böhmen gebracht und machte die Stadt Passau reich. Dort befand sich in St. Nikola am Inn, wo jetzt die Universität Passau ihren Sitz hat, die bayerische Salzniederlage, wo das bayerische Salz aus Reichenhall angelandet wurde und dann durch das Gebiet des Passauer Fürstbischofs über den Goldenen Steig weiter nach Böhmen transportiert wurde.
Sieht man vom Salz ab, so war Böhmen ein mit Mineralien gesegnetes Land. Ähnlich wie Sachsen gehörte es in Europa zu den Ländern, wo der Bergbau eine überragende Rolle spielte und wo man lernen konnte, wie man Mineralien gewinnen konnte. Einer davon, der in Böhmen Mineralogie lernte, war Graf Sigismund von Haimhausen, ein bayerischer Finanzminister und Akademiegründer (1759). Das Königreich Böhmen und die Markgrafschaft Mähren waren immer reich an Mineralien und ich darf erinnern, dass aus den Silbergruben von Joachimsthal der Begriff „Taler“ kommt. Die Silbergruben des Königreichs Böhmen machten die Habsburger mächtig. Sie verfügten über das nötige Geld, ohne dass man weder Politik machen noch Kriege führen kann. Heute führt Tschechien noch immer die österreichischen Kronenwährung (Slowakei bis 2009).
Sigmund von Haimhausen stammte aus einer bürgerlichen Familie mit Namen Viepeck, die im 16. und 17. Jahrhundert im Dienste des Landesherrn eine steile Karriere machten. Die aus der Straubinger Gegend stammenden Viepecks zeichneten sich durch einen erstaunlichen Unternehmergeist aus. Sie betrieben bereits um das Jahr 1600 unweit Grafenau im Bayerischen Wald ein Bergwerk. Einer der Vorfahren, Dr. Wolfgang Viehpeck war Rat und Kanzler zunächst in Straubing und später in Landshut. Theodor Viehpeck, der Ururgroßvater des Grafen Sigmund von Haimhausen, wurde mit der Hofmark Haimhausen bei Dachau belehnt. Durch kaiserliches Diplom von 1615 durften die Viehpeck den Titel „von Haimhausen“ führen und wurden im selben Jahr in den Freiherrenstand und 1692 in den -Reichsgrafenstand erhoben. In diese Zeit fiel auch der Ankauf einiger böhmischer Güter, von denen Kuttenplan wegen des dazu gehörigen Kupferbergwerkes besondere Bedeutung erlangen sollte.
Graf Sigmund von Haimhausen, einer der Mitbegründer der bayerischen Akademie der Wissenschaften, wurde am 18. Dezember 1708 in München geboren. Sein Vater Joseph (1682-1711) war Reichshofrat und Gesandter des Kurfürsten Max Emanuel in Paris, starb aber bereits, als Sigmund erst 3 Jahre alt war, so dass dieser im wesentlichen von der Mutter erzogen wurde. Nach Absolvierung der Jesuitenschule in München wurde er zusammen mit seinem älteren Bruder Karl Ferdinand im Jahre 1724 an die Universität nach Salzburg geschickt. Nach zwei Jahren setzten die Brüder ihre Studien, diesmal der Jurisprudenz, in Prag fort, um sich nach zwei weiteren Jahren im Sommer 1728 auf Reisen durch ganz Europa begeben. Über Dresden, Berlin, Lübeck, Hamburg, Amsterdam kamen sie nach Leiden in Südholland, wo sie Vorlesungen über öffentliches Recht hörten. Nach einem kürzeren Aufenthalt in London zog Paris die beiden jungen Grafen in ihren Bann, bevor sie 1730 nach München zurückkehrten. Dort erwartete sie zuerst die Aufteilung des Erbes des verstorbenen Großvaters. Graf Sigmund übernahm die böhmischen Besitzungen. Dort kümmerte er sich vor allem um die Bergwerke (Kuttenplan) und erwarb entsprechende Kenntnisse. Er bereiste das sächsische Erzgebirge und befuhr selbst viele Gruben, um einen Eindruck von der bergmännischen Arbeit zu bekommen. Er stand auch mit bedeutenden Bergbauspezialisten aus Sachsen, Böhmen und Österreich in Verbindung, um sich über die neuesten Entwicklungen zu unterrichtet. Sein großes Wissen und sein Geschick im Bereich des Bergwesens führte dazu, daß ihm der bayerische Kurfürsten Max Joseph III. ein Amt im Berg- und Hüttenwesen anbot, was Haimhausen zunächst ablehnte, aber nach dem österreichischen Erbfolgekrieg ließ er sich schließlich dazu bewegen, die Leitung des bayerischen Münz- und Bergwesens zu übernehmen. Er verlangte eine strikte Trennung des Berg- und Hüttenwesens von der kurfürstlichen Hofkammer, was dann 1751 zur Gründung eines „Berg- und Münz-Kollegiums“ führte, dessen Mitglied schließlich auch Johann Georg Lori (1723-1787) wurde, der den Auftrag erhielt, sämtliche Rechtsdokumente zum Bergwesen in Bayern zusammenzutragen. Als Ergebnis seiner Arbeit legte Lori im Jahre 1764 eine umfassende Kodifikation des Bergrechts vor. Diese Zusammenstellung, die bis zu den Anfängen des bayerischen Bergrechtes im 14. Jahrhundert zurückreicht, gilt noch heute als wichtige Quellensammlung. Was Lori für das Bergrecht erarbeitete, hat im Auftrage von Haimhausen später dann das Akademiemitglied Flurl für die Rohstoffvorkommen Bayerns erstellt: Seine “Beschreibung der Gebirge…“ widmete er 1762 Haimhausen. Ein besonderes Verdienst Haimhausens war die Gründung der Porzellanmanufaktur. Während man die Herstellung des „weißen Goldes“ in anderen Residenzen wie Dresden oder Wien schon beherrschte, wollte dies in Bayern nicht recht gelingen. Um die Sache richtig in Gang zu bringen, errichtete Graf von Haimhausen 1753 im Schloß Neudeck in der Münchener Au“, nahe dem Paulanerkloster, eine erste Manufaktur. Nachdem man durch Anstellung eines fähigen „Arkanisten“, der in die Geheimnisse der Herstellung eingeweiht war, endlich mit der Herstellung von Porzellan beginnen konnte, , stieg die Produktion so schnell, daß bereits im Jahr 1761 eine Verlagerung der Manufaktur in größere Gebäude am nördlichen Schloßrondell in Nymphenburg nötig wurde, wo sie sich auch heute noch befindet. Bei der Versorgung mit Porzellanerde machte sich der Akademiker Flurl mit seiner Entdeckung von Porzellanerde bei Kleinsterz in der Oberpfalz nützlich. Haimhausen berief ihn 1787 auf den Posten des Kommissärs der Manufaktur. Der enorme wirtschaftliche Nutzen, den das Kurfürstentum aus der Tätigkeit Haimhausens (und der Akademie) zog, lässt sich schwer abschätzen. doch sei nur darauf hingewiesen, daß durch die Zusammenarbeit von Haimhausen und Flurl die bergmännische Produktion in Bayern einen gewaltigen Aufschwung nahm. Zwischen 1776 bis 1787 erwirtschaftete man 2.4 Millionen Gulden, wo vorher jährlich nur 7000 Gulden erzielt wurden. Haimhausen war also nicht nur ein bedeutender Staatsmann, Mäzen und Wissenschaftsförderer, sondern der erste große „adelige Unternehmer“ in Bayern. Als er am 16. Januar 1793 verstarb, starb auch das Geschlecht der Haimhausen aus, an das noch das Cuvilliesschloß in Haimhausen erinnert
Böhmen als Entwicklungshelfer für die bayerische Forstwirtschaft: Heinrich Kosteletzky
Wenig bekannt ist, dass einst die Forstwirtschaft eine führende Rolle bei der Finanzierung des bayerischen Staatshaushalts spielte. Dank der Arbeit eines Forstwissenschaftlers wie August von Ganghofer (der Vater des berühmten Schriftsteller Ludwig Ganghofer) konnte um 1900 Bayern seinen Haushalt fast zu einem Viertel aus den Holzerträgen finanzieren. Damals waren die Holzpreise enorm gestiegen und Bayern hatte genug Holz. Kein Wunder, dass die Forstbehörden beim Finanzministerium angesiedelt waren und dass man die Forstwissenschaftler als Professoren in die staatswissenschaftliche Fakultät der Münchner Universität holte. Die bayerische Forstwirtschaft hat allerdings eine böhmische Vorgeschichte: Dass heute Bayern über eine vorbildliche Forstwirtschaft verfügt, verdankt es einem böhmischen Forstmann, dem aus Prag stammenden Johann Heinrich Kosteletzky. Er richtete 1752 die erste Forstbehörde in Bayern ein, der es durch eine gute Waldbewirtschaftung gelang, die zunehmende Holzknappheit zu stoppen. Der Begriff der „Nachhaltigkeit“ wird dabei erstmals zum politischen Programm.
Ein Sprung ins 19. Jahrhundert: Böhmische Bergleute in Oberbayern: Penzberg, Miesbach, Hausham
Im 19. Jahrhundert entwickelten sich in Böhmen (Kladno) und Mähren mächtige Kohlenreviere, die Ruhrgebiete der österreichischen Monarchie. Zu den dortigen Industriemagnaten gehörte Alexander Ritter von Schoeller war (1805-1886). Er war in Oberbayern an den Kohlegruben in Penzberg, Miesbach und Hausham der Oberbayerische Aktiengesellschaft für Kohlenbergbau beteiligt. Und er holte böhmische Bergarbeiter nach Oberbayern und in meine Heimat Penzberg, die um 1900 vor allem aus Fremden bestand, die alle Sprachen sprachen, nur nicht bayerisch. Vor allem aber tschechisch und die in Penzberg, diesem „Klein-Österreich“ einen eigenen österreichischen Verein gegründet hatten, der jedes Jahr dem österreichischen Kaiser Geburtstagsglückwünsche sandte. Die Familiennamen in Penzberg sind dementsprechend. Und die Neigung zur Musik. Das ist das böhmische Erbe; die Musikkapellen und die vielen musikalischen Leute.
Die Erfindung des Pilsner Bieres durch den Bayern Josef Groll aus Vilshofen 1842
Das berühmte Pilsner Urquell gibt es erst seit 1842 und zwar deswegen, weil sich die Pilsner Bürger damals wegen der miserablen Qualität ihres Bieres ein neues bürgerliches Kommunbrauhaus bauten. Und da zu dieser Zeit das Bier in Bayern bereits Nationalgetränk war, holte man sich von dort die Fachleute. Man holte sich als ersten Braumeister den Bayern Josef Groll, Brauereibesitzer und Braumeister aus Vilshofen in Niederbayern. Er kannte die Geheimnisse des untergärigen Bieres und er gilt als der Erfinder des Pilsner Biers. Untergäriges Bier, das man zuerst in Bayern in großem Umfang gebraut hat, ist länger haltbar, man sprach damals vom „bayerischen“ Bier. In Bayern waren die klimatischen Verhältnisse ähnlich wie in Böhmen. Man konnte das Bier das ganze Jahr über in Eiskeller einlagern: so konnte man die Gärbottiche auf die für die untergärige Brauweise notwendige Temperatur von etwa 4-9 Grad abkühlen. Das von dem Vilshofner Groll in Pilsen gebraute Bier war sogar besser als das bayerische, weil das dortige Wasser weicher war als das bayerische, weil der Saazer Hopfen ausgezeichnet war und weil Groll helleres nur leicht gedarrtes Malz statt des bisher üblichen dunklen Malzes verwendete. Am 8. November 1842, also vor genau 180 Jahren, wurde es erstmals ausgeschenkt.
Apopros Hopfen. Der Saazer Hopfen wurde auch in Bayern sehr beliebt und sogar das Hofbräuhaus verwendete ihn, weil er erheblich billiger und genau so gut war wie der bayerische. Dies führte sogar um 1900 in Bayern zu einer Landtagsdebatte, weil sich die Hallertauer Hopfenbauern beschwerten. Der damalige Direktor des Hofbräuhauses musste seinen Hut nehmen. Die Pilsner, sie nannten ihr Getränk Pilsner Urquell, hatten im Übrigen bis 1900 bayerische Braumeister.
Essen – kräftig und grob
Dass die Bayern keine wählerischen Feinschmecker sind, sondern eher derbe Kost bevorzugen, weiß jeder Wirtshausbesucher. Michelinsterne sind in bayerischen Gasthäusern rar, Schweinsbraten und Knödel eignen sich nicht für allzu verwöhnte Mäuler. Schon im Mittelalter haben die Niederbayern beim Heiligen Stuhl Lockerung der Fastengebote beantragt mit dem Hinweis, dass der liebe Gott den Niederbayern besonders große Mägen geschenkt habe. Und Niederbayern grenzt an Böhmen und Schweinsbraten und Knödel sind auch die böhmischen Leibgerichte. Böhmische Küche war nach dem Krieg, als man gerne fett und reichlich aß, etwas kostbares. Heute muss man die böhmischen Restaurants mit der Lupe suchen. Sie sind nicht mehr gefragt.
Nun noch einige kräftige böhmische Spezialitäten: Špekáček ist eine traditionelle böhmische geräucherte Brühwurst aus Rind- und Schweinefleisch mit gewürfelten Speckstücken. Sie wird als Utopenec serviert, nämlich eingelegt in einem Sud aus Essig und Wasser mit Zwiebeln und Gewürzen. Die„špekáčky“ werden in Böhmen seit Ende des 19. Jahrhunderts hergestellt und unterliegen strengeren Vorgaben als andere Brühwurstarten. Der Ursprung des Namens utopenec, der ins Deutsche am ehesten mit Ertrunkener übersetzt werden kann, basiert wohl auf der Tatsache, dass die in Stücke geschnittenen Würste in der Lake „ertrunken“ sind.
Kräftig und grob – Bayern und Böhmen aus der Außensicht
Nicht nur beim Essen ist das kräftige und grobe ein gemeinsames Kennzeichen von Bayern und Böhmen – was im Übrigen die These bestätigt, dass die Bayern aus dem böhmischen Talkessel – quasi als Fußkranke der Völkerwanderung – nach Niederbayern und Oberbayern behutsame eingesickert sind. Nein, nicht nur beim Essen gibt es da Gemeinsamkeiten, sondern auch – wie schon erwähnt – in der (Blech)musik und vor allem in der Außensicht. Was die Norddeutschen über die Bayern sagen ist bekannt: Halbwilde Bergbewohner in unsittlichen kurzen Lederhosen. Ähnlich äußern sich die hochmütigen Wiener über die Böhmen: Trau schau wem, keinem Vintschgauer und keinem Böhm! Heißt ein österreichischer Spruch. Die größte böhmische Stadt nach Prag war Wien. Dort lebte der ärmere Teil des Königreichs Böhmen als Dienstboten, Kindermädchen, Ammen, fahrende Händler, kurzum als die dienenden Geister Wiens.
In der Karikatur zeigt sich am deutlichsten, wie man seinen Nachbarn sieht. Die Wiener Satiremagazine, aber auch der Münchner Simplicissimus stellt den Böhmen immer als tölpelhaften Bauern dar, ein Musikinstrument (eine alte Trompete) in der Hand, einen runden Bauernhut mit schmaler Krempe auf dem Kopf und ein unvermeidliches breites Grinsen. So ähnlich verunglimpfte man die Bayern und wenn man heute den Deutschen darstellen will, dann mit kurzer Lederhose, breiten Hosenträgern und mit Trachtenhut samt Gamsbart, bayerisch eben. Mia san mia!
Bayerisch und böhmische Lebensweisen, das ist eine Art Weltanschauung, eine Weltsicht der Gelassenheit, die auch den übrigen Europäern gut tut. Die Bayern mir ihrer genialen Integrationskraft sind Mustereuropäer. Sie sind grob, aber gutmütig, sie sind künstlerisch und musikalisch, kurzum (wie die Tschechen) ideale Europäer. Oder kulinarisch gesagt: An ihnen kann sich Europa eine Scheibe abschneiden!