Aus dem Land der weißen Wolke … zeigt das Museum der Fünf Kontinente Helme Heines „Spiegelbilder“ mit Maori-Kunst

Nur eine dünne rote Linie – aber Maori und Pakehar sind getrennt – jeder mit seinem Gegenüber im Kopf. Helme Heines Karikaturen von 2018 geben zu denken. Foto (Hans Gärtner)

Aotearoa, ein Wort aus der Sprache der Maori, heißt „lange weiße Wolke“. Vor 800 Jahren waren Seefahrer von Pazifikinseln nach Neuseeland gekommen. Eine lange weiße Wolke wies ihnen den Weg in das in eine Nord- und eine Südinsel geteilte Land. Hierher zogen später Menschen aus anderen Teilen der Erde. Einer von ihnen: der gebürtige Berliner Helme Heine. Da war der heute 77-jährige renommierte Kinderbuchautor 57 Jahre alt. Mit seiner Frau Gisela von Radowitz besuchte er München, wo beide mal vergeblich auf Bleibe-Suche gingen. Sesshaft wurden sie im Dorf Russell auf Neuseelands Nordinsel, ihrem „kleinen Paradies“. Jährlich machen sie seither Kurzbesuche in Europa.

Helme Heine wirft im Münchner Museum Fünf Kontinente mit eigenen Bildern und Skulpturen einen durchaus kritischen Blick auf das von ihm so hochgelobte, bi-kulturell vorbildlich aus Maori und Pakeha besiedelte Insel-Duo südöstlich Australiens, gepaart mit einer gut verträglichen, angenehm witzelnden Portion Humor. „Keiner kann aus seiner Haut“ benennt Heine ein Bild, auf dem zwei sich spiegelverkehrt zuwendende Männer, ein Maori und ein Pakeha, also ein Neuseeländer europäischer Herkunft, einander die nackten Bäuche bepinseln. Der Maori ist an seiner wilden, unvorbereiteten Europäern fürchterlich erscheinenden Tautoierung erkennbar. Der andere kommt sich diesem, mit Brille, überlegen vor.

Weitere „Spiegelbilder“ des Neuseeland-Begeisterten aus Berlin, der auch mal im Chiemgau ansässig war, entstanden eigens für die dann so betitelte Schau. Sie nehmen, gemischt mit ausgesucht schönen alten und neuen kunsthandwerklichen Objekten der Maori, direkt oder indirekt Bezug zu gegenwärtigen Verhältnissen in Europa, zumal zur Situation der Zuwanderung und Migration. Insofern sind es Widerspiegelungen im Sinne des Reflektierens. Sie geben Denkanstöße zum ersehnt friedvollen Miteinander von Einheimischen und Neuankömmlingen.

Am Pult der Ausstellungseröffnung im überfüllten Saal des einladenden Museums Fünf Kontinente an der Maximilianstraße 42 plädierte der redegewandte Helme Heine für ein „reflektierendes Sehen“ auf die Dinge und die gesellschaftspolitischen Entwicklungen – nicht allein mit den Augen, sondern auch mit Herz und Verstand. Nur so sei jenes Selbst-Erkennen herbeizuführen, das schon der altersweise Sokrates auf der Agora von Athen den ihm Begegnenden durch das Vorhalten eines Spiegels abverlangte. Von Sokrates – und Neuseeland – könnten wir Europäer viel lernen, lehrte Heine. Davon überzeugte er sein Publikum, das ihm zu Füßen lag und sich nicht zierte, „Die Gedanken sind frei“ mitzusingen, auch wenn das der aus Hiesigen und Geflüchteten bestehende hauseigene Chor zugegeben um einiges professioneller machte und die Whakaari Rotorua Maori Cultural Group mit ihren kraftvollen rituellen Tänzen und Gesängen dem Redner und dem Chor die Show stahl.

Ein Flyer informiert ausführlich über alle Begleitveranstaltungen zu der einmaligen Ausstellung (Homepage: museum-fuenf-kontinente.de). Zu ihr steuerte der Sohn des 2017 verstorbenen Heine-Nachbarn Cliff Whiting bemerkenswerte Blätter seines Vaters bei. Der Kuratorin Hilke Thode-Aroa gelang ein Meisterstück. Die Finissage mit einer ihrer bewundernswerten Führungen und einer rituellen Schließung nach Maori-Protokoll durch Mitglieder der Whakaari Rotorua Maori Cultural Group ist am 28. April. Geöffnet bis dahin Di – So von 9.30 bis 17.30 Uhr – Feiertagsregelung auf der Homepage.

Foto (Hans Gärtner)

Nur eine dünne rote Linie – aber Maori und Pakehar sind getrennt – jeder mit seinem Gegenüber im Kopf. Helme Heines Karikaturen von 2018 geben zu denken.

Finanzen

Über Hans Gärtner 493 Artikel
Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.