Nach dem Höhenflug in die mystische Welt von Alexej Jawlensky im vergangenen Jahr lädt die Galerie Thomas Modern dazu ein, sich wieder dem Irdischen zuzuwenden mittels einer Auswahl von Werken eines anderen großen unter den expressionistischen Malern: August Macke.
Jawlenskys vergeistigte Aura weicht bei August Macke einer Nähe zur Natur in ihrer Schönheit, einer Vorliebe für die ländliche Idylle und für die urbane Landschaft zugleich sowie für die Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung. Den „bodenständigsten“ unter den Expressionisten nennt ihn Silke Thomas in ihrem einleuchtenden Vorwort zur Ausstellung.Als geringfügig vorhanden schätzt sie die Spuren, die die esoterischen Strömungen um dem Blauen Reiter auf seinem Schaffen hinterlassen. Weit entfernt erweist sich in der Tat der „Rheinische Expressionist“ von seinen russischen Zeitgenossen Kandinsky und Jawlensky und ist eher französischen Einflüssen ausgeliefert, die ihn nach Westen führen, in den Bannkreis nämlich der Fauves und insbesondere von Henri Matisse. Ausgeprägter ist wiederum seine geistige Verwandtschaft zu anderen Expressionisten wie Gabriele Münter und Franz Marc. Seine Arbeit – erinnert Silke Thomas – entspricht – wie er es selbst formulierte – ein „Durchfreuen der Natur“, die ihn stets in seinen Formen und unterschiedlichen Offenbarungen fesselt. In seinen Skizzen und Ölgemälden dominieren Ansichten beliebter Orte, wie die heimatliche „Rentnerstadt“ Bonn oder Tegernsee. Dort entstanden ist ein ausdrucksstarkes Portrait eines Bauernburschen, der ihm oft zu Modell steht. Und immer wieder kommt „ Li“ zum Vorschein, seine angebetete Ehefrau Elisabeth, die er „sein Zweites Ich“ und „natürlich“ sein „Hauptmotiv“ nennt. Oder auch Sohn Walter, den er schon als Säugling zu malen anfängt. Neben der idyllischen Landschaft unterliegt er zweifelsohne der Faszination der menschlichen Figur, wie aus den 50 Werken aus dem Familienbesitz deutlich zu ersehen ist. Werke, die seine langsame Annäherung an den Blauen Reiter verfolgen lassen, seine spätere Entwicklung und auch erste Versuche in Richtung der Abstraktion aus den Jahren 1912-13 dokumentieren. Eine Sonderstellung nehmen Skizzen ein, die von einer vierzehntägigen Reise inspiriert sind, die er im April 1914 in Begleitung von Paul Klee und Louis Moillet nach Tunesien unternimmt. Sie erzählen von „Reitenden Arabern“, von einer heftigen „Türkenschlacht“ aber auch von „Königen aus dem Morgenland“ in der Wüste, die beinah märchenhaft wirken. Der kurze Aufenthalt in Nordafrika erweist sich für Macke wie die Ruhe vor dem Sturm. Wenige Monate später wird er vom Militär eingezogen und fällt schon im September 1914 in der Champagne. Anderthalb Jahre später wird sein Freund und Mitstreiter Franz Marc sein Schicksal teilen.
Mackes Korrespondenz gewährt einen Einblick in die Ängste, die die Schrecken des Krieges diesem nach Harmonie strebenden Künstler einflößen. Nachzulesen ist in der Schau ein Brief an Elisabeth voller Sehsucht für das verlassene Familienleben und für seine Arbeit. Ein letztes Zeugnis über die Sinnlosigkeit des kollektiven Massenmordes, dem viele talentierten Künstler und Schriftsteller auf beiden Seite ebenso sinnlos zum Opfer fielen.
GALERIE THOMAS MODERN – www galerie-thomas.de
Türkenstr. 16 – Mo-Fr 9-18 Uhr – Sa 10-18 Uhr
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