Während des III. Kreuzzuges, zur Zeit der Belagerung von Akkon im Jahr 1190, entschlossen sich einige deutsche Händler, einen Hospitalorden zu gründen, der den Kreuzfahrern und Pilgern auf dem Weg ins Heilige Land und nach Jerusalem beistehen sollte. Doch bereits nach kurzer Zeit entwickelte sich aus dieser Institution ein weiterer geistlicher Ritterorden – die Deutschritter – nach dem Vorbild der Johanniter und Templer. Im Februar des Jahres 1199 wurde dieser neue Orden durch Papst Innocenc III. offiziell anerkannt. Schon zwei Jahrzehnte später besaßen die Deutschritter zwölf befestigte Häuser in Palästina, Griechenland, Süditalien und Deutschland. Besonders unter dem fähigen Hochmeister Hermann von Salza wurde die finanzielle Position des Ordens durch reiche Schenkungen nachhaltig gefestigt. Dennoch erreichte der Deutsche Orden im Heiligen Land niemals den Einfluß der Templer oder der Johanniter, denn dort waren bereits alle bedeutenden befestigten Plätze und einträglichen Ländereien an die beiden älteren Orden vergeben worden. Diese schwache Stellung hatte jedoch auch ihre Vorteile, denn so wurde der Deutsche Orden nicht in die häufigen Intrigen der Fürsten des Heiligen Landes verwickelt. Welch hohe Wertschätzung die Deutschherren aufgrund ihrer neutralen Position unter den christlichen Parteien im Heiligen Land genossen, beweist die Tatsache, daß sie bei der Krönung des deutschen Kaisers Friedrich II. von Hohenstaufen zum König von Jerusalem im Jahr 1229 die Ehrengarde während der Krönungszeremonie bilden durften.
Bemerkenswert ist jedoch das Bestreben der Deutschritter, einen eigenen Ordensstaat zu gründen, und somit über ein autonomes eigenes Staatsgebiet zu herrschen. Angeregt wurden diese Expansionsbestrebungen ebenfalls durch Hochmeister Hermann von Salza, der nicht nur ein überaus befähigter Soldat, sondern auch ein kluger Diplomat war. Als Kontingente des Deutschen Ordens im Jahr 1210 von Ungarns König Andreas zu Hilfe gerufen wurden, um das unruhige Transylvanien zu befrieden, erbaten sich die Deutschritter als Gegenleistung das Burzenland, ein Gebiet in Transylvanien, zum Lehen. Nachdem die Befriedung dieses Landstriches im Jahr 1225 abgeschlossen worden war, besiedelten die Deutschritter das Burzenland kurzerhand mit deutschen Kolonisten. Nur die energische Intervention des ungarischen Königs verhinderte dort das Entstehen eines eigenen Ordensstaates. Was die Deutschritter in Transylvanien nicht erreichten, sollte ihnen jedoch wenig später in Livland gelingen. Im Jahr 1224 bat der polnische König Konrad von Masovien den Orden um Unterstützung bei der Bekehrung der heidnischen Preußen. Bereits seit dem 10. Jahrhundert versuchte die katholische Kirche, in den Territorien Preußens Fuß zu fassen, doch bislang hatte sich die Bevölkerung mit Erfolge dagegen zur Wehr gesetzt. Mit dem Eingreifen des Deutschen Ordens erfuhr die Lage nunmehr eine dramatische Wendung. Nachdem Konrad von Masovien im Jahr 1229 dem Orden die Provinz Kulm südlich des heutigen Danzig unterstellt und der Papst offiziell diese Schenkung bestätigt hatte, besaß Hermann von Salza eine sichere Basis für den Kreuzzug gegen die Preußen. Hier wurde zunächst die starke Festung Vogelsang an der Elbe errichtet.
Zwei Jahre später dann begannen 20 Ordensritter und 200 Sergeanten unter der Führung von Bruder Hermann Balke mit der Heidenmission. Dies bedeutete nichts anderes als die Eroberung der von Nichtchristen bewohnten Gebieten und deren militärische Sicherung. Die Ordensbrüder unter Hermann Balke gingen dabei alles andere als zimperlich zu Werke. Taufe oder Tod war ihr Angebot an die freiheitsliebenden Preußen. In einem zermürbenden, jahrelangen Kleinkrieg, von beiden Seiten mit Zähigkeit und unvorstellbarer Grausamkeit geführt, brachen die militärisch bestens ausgebildeten Ordensritter Schritt für Schritt den Widerstand der Preußen. Männer, welche die Taufe verweigerten, wurden gnadenlos getötet, Frauen und Kinder in die Sklaverei geschickt. Es soll jedoch auch nicht verschwiegen werden, daß die Deutschritter den Einheimischen einen Übertritt zum christlichen Glauben mit allerlei Gaben versüßten. Abgabenfreiheit und Landschenkungen gehörten dazu. So kam es, daß mehr und mehr Preußen sich dem neuen Glauben zuwandten und sogar in den Dienst des Ordens traten. Für die Deutschherren zu arbeiten, bedeutete ein relativ sicheres und in den Grenzen der Regel des Ordens auch freies Leben zu führen. Während dieser Epoche entstanden die großen Festungen von Kulm, Marienwerder, Thorn und Elbing. Als die Ordensritter im Jahr 1239 ihren Fuß an die Küste der Ostsee setzten, umspannte bereits ein ausgedehntes System von Burgen und befestigten Plätzen das neu eroberte Gebiet. Nunmehr richteten die Ordensbrüder ihre Blicke noch weiter ostwärts und planten, auch die bedeutende Handelsstadt Nowgorod ihrem entstehenden Imperium einzuverleiben.
Doch diese Expansionsbestrebungen des Ordens fanden ihr Ende in der Schlacht auf dem Eis des Peipus-Sees. Hier wurden die sieggewohnten Truppen der Deutschherren von den russischen Verbänden unter Prinz Alexander Newski vernichtend geschlagen. Die Ordensbrüder hatten eine Schlacht auf dem vereisten See gesucht, da diese ebene Fläche sich besonders für die wegen ihrer vernichtenden Wucht gefürchteten Reiterangriffe der schweren Kavallerie des Ordens eignete. Doch gerade das Gewicht ihrer Ausrüstung wurde den meisten Deutschherren zum Verhängnis. Pferde und gepanzerte Reiter brachen in das Eis des Sees ein, ertranken oder wurden kampfunfähig zum Opfer der leichten russischen Kavallerie. Dieses militärische Desaster stoppte nicht nur die Ostexpansion des Ordens, sondern brachte die Deutschritter in ihrem eigenen Ordensstaat in eine prekäre Situation. Unter Swantepolle von Pommern – einem ehemaligen Bundesgenossen der Deutschritter – erhoben sich die eben erst bekehrten Preußen gegen den Ordensstaat. Zwölf Jahre dauerte dieser Aufstand, in dem die Deutschritter mehrere ihrer Niederlassungen einbüßten.
Es brauchte weitere sieben Jahre, ehe sie nach der Niederschlagung dieser Erhebung die Kontrolle über das Ordensgebiet vollständig zurück erlangt hatten. Nun holte der Orden zum Gegenschlag aus. Im Jahr 1253 wurde mit Königsberg eine neue, stark befestigte Niederlassung gegründet und bis 1260 das Samland vollständig erobert. Doch abermals wendete sich das Kriegsglück gegen die Ordensbrüder. In der Schlacht von Durben fiel eine große Anzahl der Deutschherren. Die momentane militärische Schwäche des Ordens ausnutzend, erhob sich eine neue preußische Rebellion, und zu allem Überfluß kündigten die benachbarten Litauer dem Orden auch noch das Bündnis auf. Nur massive Hilfe von außen vermochte den Ordensstaat nun noch zu retten. Der Papst erließ in dieser kritischen Zeit zwischen 1261 und 1264 nicht weniger als 22 Bullen, die zu einem neuen Ostkreuzzug aufriefen. Diese Appelle blieben nicht ohne Gehör. Neue Soldaten und Siedler strömten in den Ordensstaat.
Doch erst 1272 war die Krise des Ordens wirklich überwunden und seine militärische Stärke wuchs erneut. Wenige Jahre später standen mehr als 2.000 Brüder unter Waffen und die letzte preußische Rebellion wurde 1290 rasch niedergeschlagen. Doch alle diese Umstände vermochten nicht darüber hinwegzutäuschen, daß die große Zeit der Kreuzzüge ein für allemal vorbei war. Das Hauptquartier des Ordens im heiligen Land – Kastell Starkenberg – mußte bereits 1271 unter dem Druck der moslemischen Belagerung aufgegeben werden. Nach dem Fall von Akkon – der letzten christlichen Stadt im Heiligen Land – zwanzig Jahre später, verlegten die Deutschherren ihr Hauptquartier vorerst nach Venedig. Während der gewaltsamen Auflösung des Ordens der Tempelherren zu Anfang des 14. Jahrhunderts wurden auch Stimmen laut, die ein gleiches Schicksal den Deutschrittern zugedacht hatten. Doch die Bruderschaft unter dem schwarzen Kreuz vermochte sich ihrer Vernichtung zu entziehen. Die Zukunft des Ordens lag im Osten. Die Heidenmission und die Verteidigung des Ordensterritoriums waren die neuen Aufgaben, denen der Deutsche Ritterorden hier im Auftrag des Vatikan nun nachgehen sollte. So verlegte im Jahr 1309 der Hochmeister sein Hauptquartier konsequenterweise nach Marienburg. In dem neuen litauischen König Gedymin, der 1310 an die Macht gelangte, war dem Orden ein unversöhnlicher Gegner erwachsen. Diese Feindschaft sollte die nächsten dreißig Jahre prägen. Die Ordensritter unternahmen in dieser Zeit mehr als 80 Feldzüge gegen Litauen, ohne jedoch die Unterwerfung des widerspenstigen Nachbarn herbeiführen zu können. Dafür jedoch wurden Kampfkraft und Mut der Deutschherren legendär. Für die Ritterschaft der damaligen Zeit zählte es zu den höchsten Ehren, Mitglied des Deutschen Ordens zu werden und in Litauen zu Einsatz kommen zu dürfen. Solche berühmten Männer wie Jean Boucicaut, Henry Bolingbroke, Earl of Derby und später König Heinrich IV. von England, König Ludwig von Ungarn und König Johann von Böhmen dienten während dieser Epoche in den Reihen des Ordens. Doch seine Stärke und sein Ruhm brachten dem Orden auch zahlreiche Feinde ein – allen voran die katholischen Herrscher von Polen und Ungarn. Auf ihre Intrigen war es zurückzuführen, daß im Jahr 1380 der Herrscher von Litauen die polnische Kronprinzessin heiratete. Damit erreichte Polen auf friedlichem Weg, wofür die Deutschherren 75 Jahre lang mit der Waffe umsonst gekämpft hatten. Litauen wurde christlich. Die Allianz seiner Gegner läutete den Untergang des Ordens ein.
Um 1400 verfügten die Deutschherren lediglich noch über 1.600 waffenfähige Brüder. In dieser Zeit mobilisierte König Ladislaus II. von Polen eine Armee von mehr als 10.000 Mann, in der sich alle geschworenen Feinde des Ordens zusammengefunden hatten. Litauer marschierten neben Russen und Polen, verstärkt durch die böhmischen Kontingente des Hussitengenerals Jan Ziska, Ungarn, Kossaken und sogar Tartaren. Dieses Heer überfiel die Besitzungen des Ordens im Juli des Jahres 1410. Die Deutschherren suchten, ihrer Gewohnheit entsprechend, eine rasche Entscheidungsschlacht. So trafen die beiden Armeen in dem hügligen, bewaldeten Gelände von Grunwald – auch als Tannenberg bekannt – aufeinander. Da das Gelände für eine Offensive der Ordensritter denkbar ungeeignet war, beschränkte sich der Hochmeister auf eine defensive Taktik und erwartete den Angriff des Gegners. Als dieser begann, gelang es den Armbrust- und Bogenschützen des Ordens zunächst, die alliierten Truppen auf einem Flügel in die Flucht zu schlagen.
Doch das Zentrum des Gegners und der andere Flügel umfaßten alsbald die Streitmacht der Deutschritter. Auch ein Einsatz der vom Hochmeister persönlich geführten Reserve vermochte den Ausgang der Schlacht nicht mehr zu beeinflussen. Die Deutschherren wurden von ihren Feinden eingekesselt und vernichtend geschlagen. Mehr als 200 Ordensbrüder fielen in der Schlacht, unter ihnen der Hochmeister und zahlreiche weitere Würdenträger des Ordens. Viele Ritter gerieten in Gefangenschaft, wo sie von ihren Gegnern alles andere als ehrenvoll behandelt wurden. Von dieser Niederlage bei Grunwald sollte sich der Deutsche Ritterorden nie wieder erholen. Die neue Ordensführung vermied fortan offene Feldschlachten und begab sich statt dessen auf das glatte Parkett der Diplomatie. Doch auch dieses Vorgehen vermochte das Ordensland nicht mehr zu retten. Das Hauptquartier Marienburg mußte 1457 aufgegeben werden, und 1466 ergab sich ganz Westpreußen dem polnischen König. Der Orden verlegte sein Hauptquartier daraufhin nach Königsberg.
Doch der Verfall der einstigen Stärke der Deutschherren schritt weiter fort und führte schließlich dazu, daß der von ihnen gegründete Ordensstaat schließlich 1525 als weltliches Herzogtum der polnischen Krone unterstellt wurde. Obwohl der Orden in Deutschland – sein neues Hauptquartier wurde Mergentheim in Württemberg – und auch in Österreich überlebte, war seine große Zeit vorbei. Die Invasion der Truppen Ivan des Schrecklichen trug das ihre zum raschen Untergang des Ordenslandes im Osten bei. Obwohl die Deutschherren bei der Verteidigung der Burgen und befestigten Plätze schier Übermenschliches leisteten – so gelang es im Jahr 1562 der lediglich 2.000 Mann starken Besatzung der Festung Weisenstein, den Angriff von 30.000 russischen Soldaten abzuweisen – ging doch ein Kastell nach dem anderen verloren. Wie verbissen die Deutschritter kämpften, zeigt das Beispiel der Burg von Wenden in Livland. Als die Ordensbrüder erkannten, daß der Platz nicht länger gehalten werden konnte, sprengten sie sich lieber mitsamt der Festung in die Luft, als sich dem Gegner zu ergeben. Doch aller heroischer Widerstand war vergebens. Das Ordensland ging verloren und wurde zwischen den Nachbarstaaten aufgeteilt. Lediglich im Südwesten Livlands – in Kurland – blieb ein deutsches Herzogtum unter Gotthard Kettler, dem letzten Hochmeister, erhalten. Die große Zeit der Deutschritter aber war endgültig abgelaufen.