Armes, kleines Thüringen

Wenn es im Großen nicht klappt, soll es nun im Kleinen gelingen, die rot-rot-grüne Koalition. Nach haushoch verlorener Wahl schwingt sich die Minderheiten-SPD in Thüringen nun wieder zum Aller-Entscheider auf. Daß sich die Thüringer SPD damit – auch auf unabsehbare Zukunft – selbst schadet, wird intern nicht gesehen. Diese jetzt an den Tag gelegte Großspurigkeit wird sich spätestens bei der nächsten Landtagswahl rächen.
Während in Berlin die Köpfe rollen, die alte SPD-Führung sich im Innersten säubert, Kurt Beck wird seine Freude haben, will die in Thüringen stark gebeutelte SPD unbedingt an die Macht. Dafür räumt Spitzenkandidat Christoph Matschie sogar ein, großzügig auf das Amt des Ministerpräsidenten zu verzichten, auf welches Amt bitteschön? Deutlich wird: Das Spiel um Thüringens politische Zukunft wird nicht inhaltlich geführt, es geht letztendlich – auch und insbesondere bei den Linken – nur um bloße Macht, denn nicht anders ist es zu verstehen, daß die Koalitionsentscheidung auch nach der Bundestagswahl immer noch verzögert wird, weil die Ministerpräsidentenfrage nicht geklärt ist. Daß Linke-Herausforderer Bodo Ramelow in diesem Schmierenspiel auch keine bessere Figur als sein SPD-Kontrahent macht, hat man so nicht erwartet. Aber auch hier gilt: Macht ist und macht geil.
Das intakte Bundesland, das im Vergleich zu den übrigen ostdeutschen Ländern sicherlich am „westlichsten“ ist, wird nunmehr zum Experimentierfeld politischer Akteure, denen es – so muß man doch mutmaßen – erst in zweiter Linie um das Wohl des Landes geht.
Auch wird nun die ganze Misere der Landtagswahl deutlich: Die Thüringer haben sich selbst keinen Gefallen getan, als sie Ende August zu den Urnen liefen. Daß sie der CDU und ihrem fast sozialistischen Führungsstil eine Lektion erteilen wollten, ist ihnen unzweifelhaft gelungen, nur, daß sie damit ihr Land auf die nächsten Jahre hin gespalten haben, dies sollte ihnen nunmehr erst deutlich bewußt werden.

Armes, kleines Thüringen

Über Stefan Groß-Lobkowicz 2159 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".

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