Ein armes Würstchen ist er, pardon, der Mauren-Prinz Fierrabras. So arm dran wie`s der Schubert Franzl war, der in Fierrabras den Helden seiner romantischen Oper von 1823 sah. Darin er sein eigenes Persönlichkeits-Porträt vertonte, wunder-, wunderschön, aber niederdrückend. Dieser Fierrabras/Schubert verliert auf der ganzen Linie. Steht am End` wie deppert da, ohne Gewinn. Muss sehen, wie Freund Eginhard Emma kriegt, in die auch er sich verguckt hatte, diese Memme eines Ritters Karls des Großen! Fierrabras-Schwester Florinde darf sich am Schluss des dreistündigen todlangweiligen Gerangels – kein Blut spritzt, kein Schuss fällt, nur „Fidelio“-Trompeten erschallen – ihren Gspusi Roland schnappen – zur Freude beider Väter, des edlen Frankenhauptes und des wüsten Maurenschädels.
Oh, dieses Libretto des Wiener Kärntnertor-Theater-Sekretärs Joseph Kupelwieser! Zum Einheizen zu schade, weil`s kein Fünkchen Glut hergäbe. War`s also ein versuchter Psycho-Trip des armen Teufels Franz Schubert, der ja auch auf Liebesglück und Freundestreue ein Leben lang verzichten musste, auf Ansehen warten, auch auf Geld. Dabei hat Schubert Lieder komponiert, die zum Teuersten frühromantischer Tondichtung zählen. Aber Opern?
Dieses „Fierrabras“-Libretto vor Augen, konnte Altmeister Peter Stein nur die Hände vors Gesicht schlagen. Aber warum machte er dann den „Fierrabras“ für die Salzburger Festspiele? Weil er in Ferdinand Wögerbauer den mittelalterlich geschulten Bühnenbildner fand, der sich im Fundus alter Stiche bediente, in die Annamaria Heinrich nur mehr weiß und silbern maskierte Christenritter und schwarz und golden vermummte Maurenmuselmanen zu stellen brauchte? Oh, Himmel! Eine Zumutung. Alles Optische, inkl. das Aktionale. Etwa die „Mauerschau“ der langhaarlosen Rapunzel-Florinda. Auch das Melodramatische, das musikunterlegte Deklamieren von Sätzen wie „Barbaren, haltet ein! / Verlangt mein Leben / Und was ihr wollt, / Für ihn sei es gegeben …!“
Schon gut, Florinda Dorothea Röschmann! Hast herzzerreißend gesungen. Wie Chor und Solisten, die der Schubert-vernarrte, glückvolle Ingo Metzmacher am Pult der Wiener Philharmoniker zu schönen Ensembles, Alleingängen und Tableaus führte, so dass die Wiedergabe im „Haus für Mozart“ zum Ohrenschmaus, doch nicht zur Augenweide geriet. Bestechend – neben dem leider wenig geforderten Michael Schade in der Titelrolle – die gläsern-keusche Emma der Julia Kleiter, der etwas anämische Eginhard des Benjamin Bernheim, Markus Werbas armes Würstchen Roland und der „Lohengrin“-König Heinrich in lichter Kaisermontur und dunkler Bassesgröße des Georg Zeppenfeld. Ach ja. Man hätte alle mitsammen lieber in Wagners „Lohengrin“ gehört, wo sie alle, auch Regisseur Peter Stein, gut hingehört hätten.
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