Das Bundeskanzleramt will die Arbeiten zur Errichtung seines umstrittenen Erweiterungsbaus vorziehen. Das geht aus einer Information des Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor. Demnach ist unter anderem geplant, die Auftragsvergabe für den Wachschutz, die Baufeldfreimachung und die Baugrube noch 2022 einzuleiten.
„Es ist völlig klar, dass ein vorgezogener Baubeginn keinen Cent sparen wird“, reagiert Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch: „Im Gegenteil, das zweite Kanzleramt wird teurer werden als geplant.“ Bundeskanzler Scholz wolle „einfach verhindern, dass über den gigantischen Neubau, der teurer wird als das Berliner Schloss, in der Öffentlichkeit kritisch diskutiert wird“.
Bereits die Errichtung des Kanzleramtes in seiner jetzigen Form sorgte in den Anfangsjahren der so genannten Berliner Republik für Aufregung und Unmut. Auch damals explodierten die Baukosten von ursprünglich vorgesehenen 398,5 Millionen auf letztlich 513,3 Millionen D-Mark. Für den nun geplanten Anbau wurden 2019 noch 486 Millionen Euro veranschlagt. Heute wird bereits von 777 Millionen Euro ausgegangen. Der Bundesrechnungshof äußerte bereits 2019 „Zweifel, dass alle zu erwartenden Kosten bekannt und in der Bauunterlage erfasst sind“ und warnte vor einem „erheblichen Kostenrisiko“.
Der Erweiterungsbau dient laut Regierungsangaben dazu, die wachsende Zahl von Mitarbeitern an einem Standort unterzubringen. Rund 400 Beschäftigte sollen in dem Neubau arbeiten, samt Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach. Dabei hat Deutschland bereits jetzt die größte Regierungszentrale auf der Welt.
„Es sagt viel über diese Bundesregierung aus, dass sie es nicht schafft, die versprochenen 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr zu bauen, aber offensichtlich kein Problem hat, in Windeseile ein zweites gigantisches Kanzleramt mit Hubschrauberlandeplatz zu errichten“, kritisiert Lötzsch scharf: „Offensichtlich sollen alle in der Krise den Gürtel enger schnallen, bloß nicht der Kanzler und seine Beamten.“