Wir dokumentieren hier die Rede von Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, von der 184. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. September
Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundeskanzler, Sie haben in einem Interview vor Kurzem gesagt: „Wenn jemand 2021 eine lange Weltreise angetreten hätte, ohne Handyempfang und Mediennutzung, und jetzt nach Deutschland zurückkäme, wäre er von der Leistungsbilanz unserer Regierung wohl beeindruckt.“
Ich weiß nicht, ob das Ignoranz oder Arroganz ist, aber das ist auf jeden Fall eine Respektlosigkeit gegenüber den Sorgen und Ängsten der Bürger in diesem Land, meine Damen und Herren. Nein. – Ihre Koalition ist keine Koalition des Fortschritts; es ist eine Koalition des Abstiegs in diesem Land. Gestern, Herr Bundeskanzler, haben Sie Ihrer Abstiegsbilanz einen weiteren Tiefpunkt hinzugefügt.
Sie hätten gestern die Chance gehabt, die illegale Migration ohne Einschränkung, ohne Relativierung wirksam mit uns zu stoppen.
Sie haben die Öffentlichkeit in den Glauben versetzt, die umfassende Zurückweisung an den Grenzen wäre mit Ihnen möglich. Aber das, was Sie vorgeschlagen haben, ist das, was die Bundespolizei bereits heute an den Gren-zen zu Österreich, Polen und Tschechien praktiziert.
Sie haben die umfassende Zurückweisung an den Grenzen als wirksames Mittel, um Kontrolle wiederherzustellen, abgelehnt.
Das ist die Wahrheit in dieser Debatte.
Diese Verweigerungshaltung ist eine Kapitulation gegenüber der Überforderung unserer Kommunen, unser Schulen, der Sicherheitslage in unserem Land.
Die Menschen haben diese Ampelausreden satt. Sie haben verstanden: Wer bei Ihnen Führung bestellt, der wird nur Ausreden bekommen. Aber das gefährdet die Sicherheit und den gesellschaftlichen Frieden in unserem Land.
Ihr Justizminister hat gestern festgestellt: „Der Status quo bedeutet Überforderung für den Gesamtstaat …“. Gleichzeitig erklären Ihre Verhandlungsführer, unser Vorschlag sei nicht vereinbar mit internationalem Recht, obwohl renommierte Verfassungsrichter wie Professor Papier und Professor Huber öffentlich erklären, dass Zurückweisungen an den Grenzen möglich und sogar geboten sind.
In dieser Gemengelage macht die FDP uns auch noch öffentlich ein Angebot, sie würden unsere Vorschläge zur Zurückweisung eins zu eins mit umsetzen. Spätestens da muss doch jedem klar sein: Es geht nicht ums internationale Recht, das dagegensteht, sondern es ist die Hand-lungsunfähigkeit der Ampel, die die Zurückweisungen verhindert.
Wenn der politische Wille da ist, Herr Bundeskanzler, dann gibt es den Weg dazu. Das zeigen unsere europäi-schen Nachbarn, beispielsweise eine sozialdemokratische Regierung in Dänemark. Diese zeigt Ihnen, wie man illegale Migration zurückdrängt. In dieser Koalition fehlt schlichtweg der politische Wille, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.
Wir erleben diese handlungsunfähige Bundesregierung in einer Situation, in der sich unser Land in einem besorgniserregenden Zustand befindet. Die wirtschaftliche Stimmung könnte kaum schlechter sein. Es ist ein dröhnendes Alarmsignal für den Standort Deutschland, dass Traditionsunternehmen wie Kärcher, Miele und Stihl ankündigen, Deutschland zu verlassen, dass ein Drittel der Familienunternehmen ihre Investitionen in Deutschland reduzieren will, dass der BDI gestern erklärt hat, ein Fünftel der industriellen Wertschöpfung in Deutschland sei bedroht.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Teure Energie, hohe Steuern, Arbeitskräftemangel und die Bürokratie ersticken das Wachstum. Weder unser Sozialstaat noch irgendwelche Transformationen sind auf Dauer bezahl-bar, wenn es nicht gelingt, wieder Wachstum in diesem Land zu schaffen.
Sie haben ein grünes Wirtschaftswunder versprochen; bekommen hat die Wirtschaft eine grüne Stagnation. Das ist die Bilanz Ihrer Regierung.
Herr Bundesfinanzminister – er ist noch nicht anwesend –, Sie haben gestern erklärt, dass Deutschland in den globalen Rankings der Wettbewerbsfähigkeit von Platz 6 im Jahr 2014 bis heute, also in einem Jahrzehnt, um 18 Plätze runtergerutscht ist auf Platz 24.
Was Sie dabei vergessen haben, zu erwähnen, ist, dass allein in Ihren aktuell drei Jahren Regierungszeit Deutschland davon zehn Plätze verloren hat. Das gehört zur Wahrheit dazu.
Quelle: Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 184. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. September