Ja, der Traum von der ewig jungen Liebe hat immer Konjunktur. Selbst heftige Kriege, ruinöse Wirtschaftperspektiven, eigentümliche Präsidentschafts-Wahlen made in USA oder ein bundesrepublikanisches Ampel-Desaster lassen die Schmetterlinge in den Bäuchen von Verliebten nicht in die Depression geraten. Sie tummeln sich unbeschwert – abseits von politischen Krisen und finanzieller Ebbe – und fahren Zusatz-Schichten beim Produzieren ihres sattsam bekannten Kribbel-Gefühls. So können selbst düsterste Perspektiven das Glück wahrhaft Liebender kaum trüben.
Stabile Partnerschaften als Basis eines gelingen Lebens
Gesellschaftliche Unsicherheiten steigern geradezu die Sehnsucht nach einer intakten oder gar heilen Welt. Denn wenn schon unser Erspartes starke Schrumpfungs-Prozesse hinnehmen muss und auch der Arbeitsplatz gefährdet ist, dann sollen wenigstens glückliche Beziehungen ein Hort der Geborgenheit und Sicherheit sein, unseren Sehnsüchten und Hoffnungen eine Zuflucht ermöglichen. So schaffen lebendige und stabile Partnerschaften eine solide Basis, um finanzielle Beeinträchtigungen, politische Turbulenzen, berufliche Rückschläge, heimtückische Krankheiten oder sonstige Schicksalsschläge zuversichtlicher tragen oder ertragen zu können.
Wenn Sie – vielleicht als Kind oder Jugendlicher – die Möglichkeit hatten, Berichten von Großeltern oder anderen Zeitzeugen der Kriegs- beziehungsweise Nachkriegs-Generation lauschen zu können, dann werden solche Zusammenhänge ganz konkret spürbar. So berichtete mir eine 90-Jährige: „Wenn unser Glaube an unsere eheliche Treue nicht so groß gewesen wäre, wir nicht in der Zuversicht unserer tiefen Liebe gelebt hätten, woher hätten wir die Kraft nehmen sollen, selbst nach der zweiten Ausbombung in einem völlig zerstörten Köln die Hoffung auf eine bessere Zukunft nicht aufzugeben?“ Und ich gehe davon aus, dass ganz viele Menschen dies ähnlich erlebt haben. Das so genannte Wirtschaftswunder ist auf diesem Hintergrund eigentlich ganz nüchtern betrachtet eine Groß-Demonstration der Lebenserfahrung: ‚Kraft wächst aus der Hoffnung auf bessere Zeiten, und stabile Weg-Gemeinschaften sind der Nährboden für starke und zufriedene Partnerschaften, welche somit die größte Aussicht auf den angestrebten Lebens-Erfolg bieten.’
Beziehungsbrüche als Ergebnis konzentrierten Unvermögens?
In ‚Sonntagsreden’ wird gern herausgestellt, dass „Partnerschaft und Familie“ des Deutschen höchstes Gut seien. Auch Meinungsforscher belegen kontinuierlich diese Einschätzung. Wenn dem so ist, kann es sich bei den hohen Ehescheidungszahlen und den vielen Beziehungsbrüchen unverheirateter Paare nur um ein nicht gewolltes oder allenfalls fahrlässig herbeigeführtes Desaster handeln. Wahrscheinlich liegt es auch daran, dass zu viele Männer und Frauen mit recht naiven
Vorstellungen oder mangelhaften Voraussetzungen bzw. eine zu großen ICH-Bezogenheit ins Beziehungsleben starten. Weiterhin führen Ungeübtheit in gelingender Kommunikation, zu geringe Kenntnisse über wichtige Voraussetzungen für ein ausgeglichenes Paar- und Familienleben, ein zu schwach ausgeprägtes gebendes und hörendes Selbst solche Beziehungen gezielt zum Scheitern.
Innerhalb einer Lehrveranstaltung der Hochschule für Oeconomie und Management (FOM) stelle eine ca. 22 jährige Studentin auf diesem, Hintergrund die Frage: „Und wie findet man den richtigen Partner?“ Die durch eine angespannte Stille gekennzeichnet nonverbale Reaktion im Hörsaal verdeutlichte, dass diese Frage wohl bei Anwesenden eine hohe Priorität hatte. Nach einer kurzen Pause brachte ich ein: „Vielleicht ist diese Frage wenig zielführend und müsse eigentlich heißen: Wie werde ich ein geeigneter Partner für …?“ – Irritierte Blick paarten sich mit verdutztem Schweigen. Dann die Erläuterung: „Denn wer sich vorrangig in einer durch Bequemlichkeit und Risikofreiheit geprägten Komfortzone bewegt, wird selbst kleinen Herausforderungen des Lebens-Alltags – und erst recht in einer Partnerschaft – nicht gewachsen sein.
Wenn die Alltags-Geschäftigkeit zum Beziehungs-Killer wird
Ein Blick ins persönliche Umfeld offenbart: Immer mehr Paare, welche mit hoffnungsvollen Erwartungen ihre Lebensgemeinschaft begonnen haben, geraten zu schnell in beträchtliche Turbulenzen. Häufig wird dann in einer Trennung der einzige Ausweg gesehen. Nicht selten
geschieht dies nach der Maxime: „Erst heiß begehrt, dann kalt abserviert.“ In nahezu der Hälfte aller Scheidungen beziehungsweise Trennungen sind jedoch nicht nur die Partner selbst, sondern auch ihre Kinder betroffen, wenn getrennt wird, was einmal zusammengehörte. Würden die Paare vorher überblicken, dass der ins Visier genommene Abbruch einer Beziehung oft der Beginn von jahrelangen, häufig auch juristischen Auseinandersetzungen, Demütigungen, finanziellen Belastungen und beträchtlichen psychosomatischen Langzeit-Beeinträchtigungen ist, würden viele sicher anders handeln.
„Wir haben es nicht geschafft, unsere Ehe lebendig zu halten. Als Eltern lief unser Motor meist auf Hochtouren und wir funktionierten prächtig, aber als Paar haben wir zu wenig auf Pausen der Zweisamkeit geachtet und manch notwendigen Boxenstopp oder Ölwechsel aus dem Blickfeld verloren. Das sehe ich heute ganz klar, aber es dauerte lange, bis mir das klar wurde“, so eine End-Dreißigerin in einem Beratungsgespräch. Und sie ergänzt: „Ich werfe dies meinem Exmann nicht vor, wir haben UNS in der Geschäftigkeit des Alltags verloren und es viel zu spät bemerkt.“
Ein durch Achtsamkeit geprägtes Miteinander ist kein Selbstläufer
Auf dem Hintergrund meiner langjährigen Tätigkeit als Paar- und Konflikt-Berater komme ich zu dem Ergebnis, dass fast 80% der Paare, welche auseinander gehen, dies bei besseren Voraussetzungen und regelmäßigerer Selbstkontrolle hätten vermeiden können. In Krisen wegzulaufen oder möglichst schnell in den Armen eines/einer ‚Neuen’ abzutauchen und die Gründe für das Scheitern nicht aufzuarbeiten ist mehr als naiv. Es ist immer wieder neu faszinierend, wenn ein kleines Kind mitten in einem Raum stehend die Augen schließt und in altersgemäßer Unbekümmertheit die Anwesenden fragt: „Wo bin ich?“ Aber wem nützt es, wenn nach Jahren Erwachsene so vor selbst verursachten Realitäten die Augen verschließen?
Egal, wo in den jeweiligen Partnerschaften ein Verbesserungsbedarf erkennbar wird – ignorieren Paare diese Zusammenhänge und schaffen sich nicht regelmäßig kleine oder größere Aus-Zeiten, um in Intensität miteinander emotional, geistig und körperlich das Leben zu teilen, wird dies auf Dauer zur Ent-Zweiung führen. Damit Paare erst gar nicht in eine solche Situation geraten, gibt das Buch: „Boxenstopp für Paare. – Damit Ihre Beziehung weiter rund läuft“ viele alltagsbezogene Hinweise, häufig mit einer Prise Humor angereichert. Denn die Energie-Stärke eines Paares beziehungsweise einer Familie ist neben einem gesunden und förderlichen Lebenswandel sowie erfüllend-herausfordernden Aufgaben auch von systematischer und sorgfältiger Pflege abhängig. Diese Erkenntnis versteht sich als ultimative Botschaft an alle Paare, weil das Veröden oder Zerbrechen von Partnerschaften kein Naturgesetz ist!