Da beschweren sich im noblen Sterne-Restaurant Gäste, weil sie zum Gourmet–Menü keine Portion Ketchup und beim ‚Asia-Imbiss keine Weißwurst bestellen können. In den Gesangsverein will jemand aufgenommen werden, weil er/sie die regelmäßigen Ausflüge so toll findet. Vom örtlichen Heimatverein wird gefordert, auch die Themen der – eher nicht geliebten – Nachbarstadt aufgreifen zu sollen und der Satzung nach eindeutige Männer-Schützenvereine bzw. historische Bruderschaften werden unter Druck gesetzt, unter dem Vorzeichen einer Modernisierungs-Offensive sich auch für Frauen als Voll-Mitglieder öffnen zu sollen. Auch die ‚Düsseldorfer Jonges’ geraten in eine Zerreißprobe, weil sie nicht mehr unter sich bleiben dürfen sollen. Selbst Gerichte müssen sich mit dem ‚Da-will-ich-auch-dabei-sein-Phänomen’ befassen, weil Eltern für ihre Töchter einen Zugang in den örtlichen Traditions-Knaben-Chor im Klageverfahren erreichen wollen. Und all das geschieht, so die jeweiligen Initiatorinnen und Initiatoren, im Namen der Gleichberechtigung.
Auf die je nach Temperament unterschiedlich ausfallenden ernsten oder lockeren Hinweise, dass solche Ansinnen nicht in den Rahmen passen, kommt dann immer häufiger keine Entschuldigung wegen einer falschen Situationseinschätzung, sondern die Reaktionen auf teilweise absurde Anliegen wird als bewusste Ausgrenzung oder gar als Diskriminierung zu deklarieren versucht. Und da die meisten Menschen niemanden ausgrenzen oder diskriminieren wollen, rutschen diese schnell in eine: „Nein, dass wollte ich auf keinen Fall’ Rechtfertigungs-Schleife. Das Einfordern von Begehrlichkeiten scheint sich zum Volkssport zu entwickeln. – Willkommen in Absurdistan.
Menschen als Mängelwesen – Beipackzettel zum Ungang mit störenden Nebenwirkungen
‚Auch wenn der Mensch sich als Krone der Schöpfung sieht, er braucht einen Beipackzettel zum Umgang mit seinen mehr oder weniger nervigen bzw. unrühmlichen ‚Nebenwirkungen’ im alltäglichen Miteinander. So stören eigene Begrenztheiten wie Starrsinn, Überempfindlichkeit, Egozentriertheit, eine unterentwickelte Selbst-Reflexion und mangelhafte Zuhör-Bereitschaft das jeweilige soziale Umfeld kräftig. Trotzdem wird ein eigenes Fehlverhalten meist ausgeschlossen oder möglichst nicht zugegeben. Und wenn dann eine provokante Aussage oder eine harsche Entgegnung recht unpassend oder gar restlos daneben war, kommt ganz schnell: ‚Das ist halt meine Meinung, – basta.’ Auch unangemessene Erwartungen an Andere, meist in Kombination mit einem fehlenden Toleranzverständnis gegenüber Mit-Menschen bzw. deren Auffassungen, gehören zum Selbstkonzept solcher Zeitgenossen. Solange ER oder SIE sich als Mittelpunkt der Welt sieht, sind die Anderen immer die Blockierenden, Konflikt-Verursacher, Spaß-Verderber bzw. Schuldigen. So werden – mehr oder weniger vehement – Forderungen an Andere gerichtet, welchen meist selbst nie entsprochen würde.
Zu einem solchen Lebensstil passen weder erst gemeinte Bitten oder Entschuldigungs-Gesuche, noch ein Verzeihen-Können unguter Äußerungen oder Einwirkungen von Anderen. Und ‚weil der Staat mit seinen eigenen Nebenwirkungen beschäftigt ist’, so der Kabarettist Thomas Freitag innerhalb einer aktuellen Lesung im Düsseldorfer Kom(m)ödchen, müssen die Bürger selber schauen, wie sie mit den warnenden Beipackzettel-Hinweisen der Mitmenschen klar kommen. So fühlen sich Viele beim alltäglichen Parkour unter Beachtung wichtiger Regeln bzw. Vorschriften, bei den notwendigen Differenzierung zwischen Meinungen und Fakten, dem Umgang mit political correctness Forderungen, bei der Verwendung differenzierter Begriffe und zwischendurch plötzlich auftauchenden Fettnäpfchen zu häufig allein gelassen. Daher hier ein paar wichtige Beipackzettel-Hinweise zur Differenzierung zwischen Abgrenzung und Ausgrenzung.
So ist häufig zu beobachten, dass ganz normale Abgrenzungen im Sinne, ‚das passt nicht zueinander, wir verfolgen andere Ziele’, von speziellen Zeitgenossen bzw. Zeitgenossinnen als Ausgrenzungen zu definieren versucht werden. Meist geschieht dies mit dem Kalkül, Druck aufzubauen, um so auf einfache Weise begehrliche oder attraktiv Ziele zu erreichen. So werden Positionen wie: ‚Nein, wir wollen weiter unter uns sein, dein Zugangs-Ansinnen passt nicht weil … . Selbst eigentlich nachvollziehbare Abgrenzungen werden als ethisch unakzeptable und diffamierende Ausgrenzungsvorgänge dargestellt. Wer solche Gleichsetzungs-Versuche nicht oder zu spät bemerkt, gerät schnelle in eine Schuss-Linie. Auch wenn es manche nur schwerlich zu akzeptierende Abgrenzungen gibt, Jeder / Jede hat das Recht, übergriffige Menschen oder Maßnahmen zurück zu weisen bzw. das eigene Umfeld gegenüber deutlichen Eindringversuchen abzugrenzen. In besonderen personenbezogenen Fällen kann dies in einem gerichtlich angeordneten Annäherungs-Verbot deutlich werden.
Bei der ‚Abgrenzung’ handelt es sich meist um einen objektiven Vorgang
Mauern, Türen oder Zäune grenzen Gebäude und Grundstücke, Bearbeitungs-Kürzel grenzen Vorgänge ab. Durch spezielle Hobbys, Kleidungs- oder Musik-Bevorzugungen, Wohnungs-Einrichtungen, KFZ-Modelle oder Lebens-Stile grenzen sich Menschen voneinander ab. Gruppen, Vereine oder sonstige Personen-Zusammenschlüsse grenzen sich durch Zielsetzungen, Umgangstile, Traditionen sowie Aufnahmekriterien von ihrem sozialen Umfeld ab und halten dies in Ordnungen, Vereinbarungen oder Satzungen fest. Anträge auf Mitgliedschaften werden geprüft und führen beim Existieren der erwünschten oder/und festgesetzten Vorraussetzungen zu einer Aufnahme bzw. zur Ablehnung. Unternehmen grenzen sich durch Produkte und ihr Corporate Identity von Mitbewerbern ab. Staaten wiederum grenzen sich durch ihr Rechtsverständnis und ihre Wirtschaftsordnung von einander ab. Und viele Tier-Arten achten instinktiv darauf, wer im ‚eigenen Revier’ erwünscht bzw. geduldet wird, oder auch nicht.
Somit hat jede Abgrenzung das Ziel, zwischen Ich und Du, Mein/Unser und Dein/Euer, Diesem und Jenem, eigenen Wertvorstellungen oder anderen Lebensprinzipien bzw. einem Konglomerat aus Beliebigkeit und Multi-Irgendwas zu unterscheiden. Immer geht es darum, physische und psychische Identitäten zu schützen.
Beim Begriff Ausgrenzung handelt es sich meist um eine subjektive Einschätzung
Wer Mauern, Zäune, Türen, spezielle Interessen, Kleidungs- oder Musik-Bevorzugungen, Wohnungs-Einrichtungen, Lebensstile oder Landesgrenzen als ausgrenzend definiert, drückt damit aus, zu etwas nicht Verfügbarem aber als begehrlich Empfundenen unbedingt einen Zugang haben zu wollen. So werden sich Einbrecher, Neid-Besessene oder notorisch inaktive Haben-Wollende durch Mauern und Türen ausgegrenzt fühlen, während sich Andere darüber freuen, dass so die eigene Habe geschützt, sowie störende Wetter-Gegebenheiten, Geräusche, Blicke oder Gerüche abgehalten werden und der Nachbar-Hund nicht auf den eigenen Rasen ka…. pardon kommen kann.
Und wer unter Missachtung von Zielsetzungen, Umgangstilen sowie Aufnahmekriterien fordert, in Gruppen, Vereine, sonstige Personen-Zusammenschlüsse oder Staaten aufgenommen zu werden, will auch etwas nicht Verfügbares aber interessant Erscheinendes auf leichte Weise erreichen. Wenn jedoch Menschen darauf setzen, sich in ein ‚gemachtes Bett legen zu wollen,’ sollte diese davon ausgehen, das Andere diese Annehmlichkeit in der Regel nicht zum Null-Tarif oder auch gar nicht zur Verfügung stellen möchten.
Somit befinden sich alle ‚auch haben Wollende’ in der Herausforderungs-Situation, durch eigenes Agieren die Voraussetzungen für Vergleichbares zu schaffen, Hapert es bei der Umsetzung, benötigen halt die Selbstwirksamkeits-Kräfte und das faktische Motivations-Verhalten einen deutlichen Schub. Dies würde dann einen persönlichen Entwicklungs-Prozess einleiten und gleichzeitig das soziale Miteinander fördern. Mangelt es jedoch beim Wollen und Können, muss ER oder SIE sich halt mit dem Begnügen, was möglich ist. Parallel dazu würde dann den lamentierenden Diskussionen um angebliche Ausgrenzungen die Basis entzogen.
Das Leben im Haben-Modus entwickelt sich zur Zeitgeist-Maxime
Schon im Jahr 1976 wurde von Erich Fromm der ‚Haben-wollen-Modus’ kritisch im Hinblick auf die Folgen für das soziale Miteinander analysiert, Eine häufige Folge ist, Anderen etwas zu neiden. Dies ist dann der Nährboden für die Entstehung von Unfrieden. Getoppt wird ein solches Verhalten, wenn Neid und Missgunst in Anspruchs-Forderungen mündet. Ein praktischer Tipp: Neid benötigt auch – nicht selten ganz viel – Energie, welche jedoch zur Verwirklichung von eigenen Vorhaben effizienter genutzt werden könnte. Gleichzeitig würde das soziale Miteinander durch ein Stoppen von aggressiven Aneignungs-Versuchen gefördert. Wer jedoch im ‚Wie hättest du’s denn gerne Modus’ aufwuchs, wird am Prinzip ‚Ich will einfach haben’ festhalten wollen. Dies führt immer erneut zum Versuch, eigene – oft recht nachvollziehbare – Bedürfnisse auch leichte Weise erreichen zu wollen, meist zu Lasten Anderer. Und wenn die Umsetzung nicht klappt wie gewollt, wird ganz schnell und öffentlichkeitswirksam die Ausgrenzung- oder Diskriminierungs-Keule geschwungen.