Manuel Antonio Nguelezo, angolanischer Unternehmer, Kulturmanager und praktizierender Katholik hat in Zwickau seine religiöse Heimat gefunden.
Er habe schon Schlimmeres durchgemacht, sagt Ladeninhaber Manuel Antonio Nguelezo (45). An diesem Augustvormittag ist in seiner Straße in Zwickau wenig los, ein paar Passanten, vermummte Kinder und viele freie Parkflächen. Und das alles wegen Corona. Nguelezo stammt aus Angola, einem Land, das mehrere Jahrzehnte in einem blutigen Bürgerkrieg aufgerieben wurde und nun einen brüchigen Frieden erlebt. Noch immer gelten in Angola weite Landstriche als minenverseucht, sterben weiter Menschen, wenn sie aufs Feld gehen oder über unbefestigte Wege radeln, sagt Nguelezo.
Engagierter Selfmademan
Seit zwölf Jahren lebt der gelernte Tischler in der Bundesrepublik, ist mehrfacher Vater und engagiert sich seit Jahren für den deutsch-afrikanischen Kulturaustausch im Westerzgebirge. Wiederholt hat die Lokalpresse und auch das Radio über Nguezelo berichtet, wohl auch, weil er dem Idealtypus des integrierten Zuwanderers entspricht, jemand, der den hiesigen Alltag mit seinem Können und seiner Kultur bereichert. „Ich habe noch ein Geschäft in Chemnitz“, sagt Nguelezo. In der Dresdner Straße 48a, nahe einer früheren Ladenpassage. Dort gibt es regelmäßig Musikabende mit afrikanischen und deutschen Kleinkünstlern, heißt es auf gelben Werbeflyern; daneben landestypische Speisen und Getränke zu kleinen Preisen, was vor allem Studenten mit schmalem Geldbeutel und Freigeister anlocke, sagen Anwohner. Vor Corona waren seine Läden gut besucht, sagt Nguelezo, nun müsse er sich von Rücklagen und gewährten Stundungen ernähren, denn die angekündigte Hilfe des Freistaates für Kleinunternehmer sei bislang nur ein Lippenbekenntnis gewesen. Dabei will Nguelezo eigentlich gar nicht klagen. „Denn gemessen am Leben meiner Landsleute lebt es sich in Deutschland recht angenehm“, sagt der Selfmademan, der einst als Arbeiter auf Baustellen in Portugal schuftete, bevor es ihn in die neuen Bundesländer zog, wo er von Anfang auf eigenen Füßen stand. Nguelezos Geschäft in der Zwickauer Römerstraße 14 hat sich zu einer Art Hotspot für deutsch-afrikanische Begegnungen in der sächsischen Provinzmetropole entwickelt.
Beliebter Treffpunkt
Früher, zu DDR-Zeiten war dort zeitweilig eine Apotheke, berichtet ein älterer Herr, der in der Straße seit über 40 Jahren wohnt. Allein die Geschichte hat dafür gesorgt, dass in der Zwickauer Römerstraße statt miefigem Sozialismus nun ein Hauch von großer, weiter Welt weht. Neben afrikanischer Kleidung und importierten Haarsprays gibt es bei Manuel Nguelezo auch ausländischen Wein, Liköre und die in Angola so beliebte Ingwerlimonade zu kaufen; zudem Musikinstrumente, Schmuck und Kosmetikartikel. Auch die Speisekarte lässt sich sehen. Wahlweise Reis, Kochbananen oder Pommes frites mit Salat und Entenfleisch plus ein Kaltgetränk für zehn Euro. Damit hebt er sich bewusst vom großen Konkurrenten mit dem gelben „M“ ab, der in Zwickau inzwischen mit zwei Filialen vertreten ist. Hinzu kommt: Nguelezos Bistro ist auch ein Treffpunkt für Flüchtlinge, junge Männer, die sich dort austauschen und das offene WLAN nutzen. „Viele suchen Jobs, träumen von einer Ausbildung oder einem Studium, Dinge, ohne die man hier schlechte Karten hat“, sagt Nguelezo. Das sage er seinen Landsleuten immer wieder; auch wenn viele oft stundenlang die Zeit bei ihm totschlügen, weil es in der Asylunterkunft zu langweilig ist oder die anstehende Deutschprüfung noch in weiter Ferne liegt. „Deutsch ist aber schon eine schwierige Sprache“, zeigt sich Nguelezo auch verständnisvoll. Vor allem für Afrikaner, die neben ihrer Stammessprache oft noch Französisch oder wie er, Portugiesisch gelernt haben, romanische Sprachen, die mit dem Deutschen nicht verwandt sind. Nguelezo hat Deutsch mithilfe seiner Frau und bei Elternabenden gelernt, sagt er. Von Anfang an war ihm klar, dass er sich in die deutsche Gesellschaft einbringen müsse, dass er eine Bringschuld habe und nicht daraufsetzen könne, vom Sozialstaat abgeholt zu werden. „Und wäre jetzt nicht Corona, hätte ich heute schon mehrere Afrofrisuren gemacht“, sagt Nguelezo und lacht. Es ist ein bitteres Lachen, denn in wenigen Tagen sind knapp eintausend Miete für das Ladenlokal fällig. Zwar steht draußen das Schild mit dem Label „Afroshop“ und offen ist sein Laden auch, doch kaum wer möchte mit Mundschutz zum Haarstylisten gehen.
Seine religiöse Heimat hat Nguelezo in der katholischen Pfarrei Sankt Johann Nepomuk in Zwickau gefunden, sagt er. Rund 40 Prozent aller Angolaner sind katholisch, heißt es in diversen Internetquellen, ein Erbe, das die einstige Kolonialmacht Portugal dem Land hinterlassen hat. Und als ob es ihm damit nicht genug sei, verkauft Nguelezo neuerdings auch Postkarten der Christus-Statue Cristo Rei in der angolanischen Metropole Lubango, die alljährliche zehntausende Gläubige aus aller Welt anzieht. Und von denen mindestens einer aus Zwickau stammt.