Nordkorea: Härteste Christenverfolgung, aus China gesteuert

Die Menschenrechtsorganisation Open Doors veröffentlicht jedes Jahr im Januar ihren Weltverfolgungsindex. Aufgelistet werden die 50 Länder, in denen Christen weltweit am härtesten wegen ihres Glaubens verfolgt und diskriminiert werden. In seiner aktuellen Ausgabe deckt der Bericht den Berichtszeitraum vom 1. Oktober 2023 bis zum 30. September 2024 ab. Zur größten globalen Herausforderung für Christen zählt wie schon im Vorjahr das hohe Maß tödlicher Gewalt in weiten Teilen des afrikanischen Kontinents.

380 Millionen Christen weltweit sind nach dem aktuellen Weltverfolgungsindex wegen ihres Glaubens mindestens in hohem Maße Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt. Vom Oktober 2023 bis September 2024 wurden, wie schon im Jahreszeitraum zuvor, abermals 16 Millionen Christen in Subsahara-Afrika aufgrund von Gewalt und Konflikten gewaltsam vertrieben. Die bekanntgewordenen, schweren Angriffe auf Häuser von Christen nahmen von 21.431 auf 28.368 drastisch zu – in nur einem Jahr um rund ein Viertel. Die Zahl von 4.476 Christen, die weltweit in Zusammenhang mit der Ausübung ihres Glaubens getötet wurden, betrifft nur die dokumentierten Einzelfälle. Die Dunkelziffer ist nach hiesiger Schätzung bis zu hundertmal so hoch.

Dabei hatte es in den Vorjahren eigentlich Grund zur Hoffnung gegeben, vor allem durch die Abraham-Abkommen, die im Herbst 2020, noch in der ersten Amtszeit des US-Präsidenten Donald Trump, unterzeichnet worden waren. Beginnend mit dem Desaster, das die USA unter Joe Biden in Afghanistan erlebten, sahen sich dann die Menschenmörder mit dem Koran in der Hand offenbar wieder im Aufwind, zunächst im Mittleren Osten, dann aber auch in Afrika.


Gewalt und Restriktionen gegen Christen haben im vergangenen Jahr weltweit zugenommen,  immer häufiger und an immer mehr Orten müssen sie sich im Geheimen treffen. Dies gilt für quasi alle Staaten, in denen der Koran die religiöse Richtschnur ist, denn dann werden nicht nur die religiösen, sondern schlichtweg alle gesellschaftlichen Regeln über diesen Kamm geschoren. Verantwortlich für die Christenverfolgungen sind aber nicht nur Moslems, die zwangsläufig „politisch“ sein müssen, und zwar Sunniten wie Schiiten. Bei Open Doors behält das eindeutig politisch motivierte, unmenschliche Regime in Nordkorea auch in diesem Jahr den schrecklichen Spitzenplatz bei der Verfolgung und Ermordung von Christen. Unterstützung dafür kommt eindeutig aus China – diese Beobachtungen sind Teil des neuen Weltverfolgungsindex, den das internationale Hilfswerk Open Doors am 15. Januar 2025 veröffentlicht hat. Open Doors setzt sich seit 70 Jahren in mittlerweile über 70 Ländern für verfolgte Christen ein.

Nordkorea also nimmt den schauerlichen Spitzenplatz ein. Dann folgen neun Länder, in denen der Islam, dessen Anhänger Andersdenkende immer und ausnahmslos zu verfolgen scheinen, wenn sie die Mehrheit haben – weltweit. Die unrühmliche Reihenfolge: Somalia, wo unterschiedliche Warlords alle staatlichen Strukturen komplett zerstört haben; Jemen, wo ein blutiger Krieg herrscht und die Huthi-Milizen sich zudem als fanatische Antisemiten gerieren; Libyen, wo ähnliche Verhältnisse wie in Somalia drohen; der Sudan, aus dem heraus der Völkermord im Darfur betrieben wurde; Eritrea, die an den Islam gefallene, ungetreue Provinz Abessiniens; Nigeria, wo Nomaden aus dem Norden einen Völkermord gegen die südlicher lebenden Christen längst begonnen haben; Pakistan, wo der Haß auf Christen bereits in den Nachbarschaften angekommen ist und die Mehrheitsbevölkerung von Haß und Unglück und geistiger wie materieller Armut komplett zerfressen ist; der Iran, wo es ein Terror-Regime auf Christen, Juden und die eigenen, freiheitsliebenden Bürger gleichermaßen abgesehen hat, sowie schließlich, auf Platz zehn, Afghanistan, das unter ungeheurem Aufwand vom Haß befreit werden sollte – freilich standen auch wirtschaftliche Interessen auf der Agenda –, das aber von der Biden-Administration in beispielloser Kurzsichtigkeit quasi kampflos aufgegeben wurde. Das bevölkerungsreichste Land Indien belegt wie im Vorjahr Rang elf, und hier ergibt sich die besondere Lage, dass sich zu den Moslems in puncto Verfolgung von Christen die radikalen Teile der überaus vielgestaltigen Hindu-Gesellschaft gesellen; das in Nordkorea mitmordende China hat sich von Rang 19 auf 15 verschlechtert.

Open Doors selbst gibt die folgenden Hinweise, die wörtlich zitiert seien. Wer demnach in Nordkorea als Christ entdeckt wird, muss um sein Leben fürchten, mindestens aber mit der Einweisung in eines der berüchtigten Straflager rechnen. Dort sind Folter und missbräuchliche Gewalt in jeglicher Form an der Tagesordnung, wobei Christen Berichten zufolge oft zusätzliche Härten erleiden. Sie gelten wegen ihres Glaubens als Staatsfeinde. Die wenigen erfolgreichen Fluchtversuche aus Nordkorea über die Grenze nach China enden häufig mit der Deportation der Geflüchteten durch chinesische Grenzbeamte – ein Verstoß gegen internationale Verpflichtungen und Menschenrechte.

In China selbst geraten Christen, so Open Doors, immer stärker unter den Druck des offiziell atheistischen Staates mit seinen strikten ideologischen Vorgaben und engmaschiger Überwachung. Die dabei eingesetzte Technik wird auch nach Nordkorea und zahlreiche weitere Länder exportiert. Die Zeiten, als nichtregistrierte „Hauskirchen“ sich in China an öffentlichen Orten wie in Hotels oder Bürogebäuden versammeln konnten – oftmals zu mehreren Hundert – sind vorbei.

Auch die Lage der Christen in der Türkei hat sich verschlechtert. Nochmals sei Open Doors dazu direkt zitiert. Unter der Herrschaft von Präsident Erdogan ist religiöser Nationalismus zu einer prägenden Kraft innerhalb der islamischen Gesellschaft geworden. Christen und christliche Kirchen sind immer wieder verbaler und auch tätlicher Gewalt ausgesetzt; im aktuellen Berichtszeitraum wurden zwei Christen getötet.

Doch es ist nicht Sache der Christen, sich klagend zurückzuziehen. Markus Rode, der Leiter von Open Doors Deutschland, sieht trotz deutlich zunehmender Verfolgung auch Zeichen der Hoffnung. „Ich bin dankbar, dass Millionen verfolgter Christen ihren Glauben nicht aufgeben oder verleugnen, auch wenn bereits viele Christen in westliche Länder geflohen sind.“ Er stellt fest, dass parallel zur Verfolgung immer mehr Hindus, Muslime und Buddhisten neue Hoffnung im christlichen Glauben finden, auch wenn sie deshalb massiv von ihren eigenen Familien, religiösen Extremisten und autokratischen Regierungen verfolgt werden. Sein Ziel ist eine vergrößerte Aufmerksamkeit auch hierzulande: „Ich wünschte mir ‒ und hier spreche ich für Millionen verfolgter Christen –, dass auch die freie Presse und demokratische Regierungen ihre Stimme für sie erheben und auf das Unrecht aufmerksam machen. Das kommt leider noch viel zu selten vor, könnte jedoch wesentlich zu ihrem Schutz beitragen.“

Handeln müssen indessen vor allem die Mächtigen dieser Welt. Und je mehr die Gefahr für die Christen beispielsweise in Syrien wächst, desto größer werden die Erwartungen an die USA. Ein neues Abraham-Abkommen, ja, viele neue Abraham-Abkommen: das wäre, was die Welt wirklich dringend bräuchte!

Finanzen

Über Sebastian Sigler 111 Artikel
Der Journalist Dr. Sebastian Sigler studierte Geschichte, Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in Bielefeld, München und Köln. Seit seiner Zeit als Student arbeitet er journalistisch; einige wichtige Stationen sind das ZDF, „Report aus München“ (ARD) sowie Sat.1, ARD aktuell und „Die Welt“. Für „Cicero“, „Focus“ und „Focus Money“ war er als Autor tätig. Er hat mehrere Bücher zu historischen Themen vorgelegt, zuletzt eine Reihe von Studien zum Widerstand im Dritten Reich.