Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung: Eine schallende Ohrfeige für die Regierungsparteien – Rumänien hat gewählt

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Völlig unerwartet geht der pro-russische Rechtsextremist Călin Georgescu als Erstplatzierter in die Stichwahl um das rumänische Präsidentenamt. Er tritt an gegen die liberale Elena Lasconi (USR), die sich mit 19,17% denkbar knapp gegen den drittplatzierten Sozialdemokraten Marcel Ciolacu (19,15%), durchgesetzt hat. Die rumänischen Wählerinnen und Wähler haben mit ihrem Votum den Führungsfiguren der aktuellen Regierungskoalition (PSD-PNL) eine schallende politische Ohrfeige verpasst. Mit potenziell verheerenden Folgen für die politische Zukunft des Landes und möglichen Auswirkungen auf die europäische Sicherheit sowie Verteidigungsfähigkeit der NATO-Ostflanke.

„Ein Blick auf die Zahlen

Der erste Wahlgang der Präsidentenwahlen in Rumänien am Sonntag, den 24.11.2024 brachte vorläufig[1] die folgenden Ergebnisse:

  • Călin Georgescu (Unabhängiger Kandidat): 22,94%;
  • Elena-Valerica Lasconi (Uniunea Salvați România, USR, dt. Vereinigung zur Rettung Rumäniens): 19,18%;
  • Ion-Marcel Ciolacu (Partidul Social Democrat, PSD, dt. Sozialdemokratische Partei): 19,15%;
  • George-Nicolae Simion (Alianța pentru Unirea Românilor, AUR, dt. Allianz für die Einheit der Rumänen): 13,86%;
  • Nicolae-Ionel Ciucă (Partidul Național Liberal, PNL, dt. Nationalliberale Partei): 8,79%;
  • Mircea-Dan Geoană (Unabhängiger Kandidat): 6,32%;
  • Hunor Kelemen (Uniunea Democrată Maghiară din România, UDMR, dt. Demokratische Vereinigung der Ungarn in Rumänien): 4,50%;
  • Cristian Diaconescu (Unabhängiger Kandidat): 3,10%;
  • Cristian Vasile Terheş (Partidul Național Conservator Român: 1,04%;
  • Ana Birchall (Unabhängige Kandidatin): 0,46%;
  • Ludovic Orban (Forța Dreptei, FD, dt. Rechte Kraft): 0,22%.
  • Sebastian-Constantin Popescu (Partidul Noua Românie): 0,16%;
  • Alexandra-Beatrice Bertalan-Păcuraru (Alternativa pentru Demnitate Națională): 0,16%;
  • Silviu Predoiu (Partidul Liga Acțiunii Naționale): 0,12%;

Die Wahlbeteiligung lag bei 52,56% und damit etwas höher als 2019, als sich 48,26% der Wahlberechtigten an der ersten Runde der Präsidentenwahl beteiligten.

Ein Blick auf die Kandidaten für die zweite Runde

In der zweiten Runde der Präsidentenwahlen am 8. Dezember 2024 werden der Rechtsextremist Călin Georgescu und die liberale Elena Lasconi von der Partei „Vereinigung zur Rettung Rumäniens“ (rum. „Uniunea Salvați România“, kurz USR) gegeneinander antreten. Sehen wir uns die Kandidaten im Folgenden etwas genauer an.

Călin Georgescu, 62-jähriger Agrarwissenschaftler und Tiermediziner, hat unter anderem im rumänischen Außen-ministerium und als UN-Sonderberichterstatter Karriere gemacht. Wer auf einen weltoffenen Geist hofft, wird jedoch enttäuscht: Călin Georgescus Ansichten folgen denen der als „Legionäre“ bekannten rumänischen Faschisten. Er veröffentlichte Videos, in denen er die faschistischen Führer Rumäniens aus dem Zweiten Weltkrieg und die Verantwortlichen für den Holocaust offen bewunderte. Die rumänische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen der Verherrlichung faschistischer Kriegsverbrechen. Aufgrund seiner extremistischen Äußerungen wurde er sogar aus der national-populistischen AUR, in der er eine Zeitlang als Premierminister-Kandidat gehandelt wurde, herausgedrängt.

Călin Georgescu folgt russischen Narrativen und konnte sich in Wahlkampfdebatten mehrfach nicht zu einer Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine durchringen. Seine Rhetorik ist oft anti-europäisch und anti-NATO, was ihn in Konflikt mit den mehrheitlich stark pro-westlichen Tendenzen der rumänischen Politik bringt. Călin Georgescu hat wiederholt die NATO-Präsenz in Rumänien kritisiert. Da der Staatspräsident in Rumänien die Außen- und Verteidigungspolitik bestimmt und an der Ernennung der Leiter der Nachrichtendienste beteiligt ist, steht bei einer Wahl von Călin Georgescu auch für die EU und die NATO viel auf dem Spiel.

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Quelle: Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung