Zum Tod von Friedrich von Metzler – Rückblick auf ein bewegtes Leben

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Zum Tod des Bankiers Friedrich von Metzler blickt Stefan Groß-Lobkowicz auf ein bewegtes Leben zurück.

Selbstbewusst blickt Friedrich von Metzler in den Raum und bleibt doch bodenständig, verliert nicht den Kontakt zu den Dingen, zu den Lebenslagen und zu seinem Schreibtisch, der wohlgeordnet ist. Seine Körperhaltung ist bestimmend und offen zugleich, sie verrät eine innere und jugendliche Agilität, den Drang, stets aktiv zu bleiben. Die vielen Bücher und Bilder in seinem Büro verraten eine weitere Leidenschaft: Von Metzler liest gern, und wie er betont, findet er für das Menschsein vieles im „Faust“, dem berühmtesten Werk des berühmten Sohns der Stadt, Johann Wolfgang von Goethe.

Tradition verpflichtet eben. Kaum ein anderer weiß dies besser als der aus Dresden stammende Bankier, der vor Kurzem seinen 70. Geburtstag feierte. „FM“, wie er liebevoll von seinen Mitarbeitern genannt wird, ist ein Mann der leisen Töne, viel Wirbel schätzt er nicht. Statt großer Bühne setzt von Metzler auf seine Kernkompetenzen. Und dies ist seine Bank, die auf eine über 300-jährige Geschichte verweisen kann. Es versteht sich somit von selbst, dass für den früh an den Main gekommenen Banker, der Ehrenbürger der Stadt Frankfurt am Main ist und der seine Studienzeit in Großbritannien, den USA und Frankreich verbrachte, die Bank sein Hobby bleibt und eine seiner großen Leidenschaften.

Mittlerweile konzentriert er sich auf das Repräsentieren, den Kontakt zum erlesenen Kundenkreis. Dass er darüber – wie er selbst sagt – ein wenig „einseitig“ geworden ist, mag man ihm nicht abnehmen. Von Metzler setzt auf flache Hierarchien in seinem Haus. Gestalterische Arbeit liegt ihm am Herzen, denn sie belebt – wie die Internationalität – den täglichen Ablauf. Er möchte seinen Kunden zeigen, „wie eine Privatbank“ aufgestellt sein muss, und noch wichtiger ist für ihn, die Kunden so zu beraten, „dass sie für schwierige Zeiten gut aufgestellt sind“. Da ist er Traditionalist und ganz der soliden Geschichte seines Hauses verpflichtet.

Das Geheimnis des Erfolgs, so verrät von Metzler, sind auch die Mitarbeiter. „Wir haben keine Teams, die über Provisionseinnahmen beurteilt werden. Wir beurteilen unsere Mitarbeiter nur nach langfristiger Kundenzufriedenheit.“ Vom Vater, der ihn in die Welt schickte, damit er auf dem internationalen Parkett lernt, wie Banken in Krisenzeiten aufgestellt sein müssen, weiß er auch, wie sehr Ethik und Wirtschaft miteinander zu verzahnen sind. Bei Einstellungen setzt das Bankhaus auf die „drei großen C – Charakter, Charakter, Charakter“. Gesucht werden nicht die schnellen Geschäftemacher, die Spekulanten und Abzocker, die auf das große Geld und den schnellen Gewinn aus sind, sondern die über ein fundiertes Wertesystem verfügen, denen Werte und Tugenden wichtig sind – gerade in Zeiten, wo diese Begriffe inflationär gebraucht werden. Und der überzeugte Protestant weiß, wovon er spricht: „Ich finde es großartig, wie die Würde des Menschen durch das Christentum herausgearbeitet wurde. Und dass wir heute mit den Menschen ganz anders umgehen als in anderen Jahrhunderten, das hat das Christentum maßgeblich mitbestimmt – und darüber bin ich sehr glücklich.“

So verwundert es nicht, dass von Metzler im Sinne der protestantischen Wirtschaftsethik die Bedeutung des Begriffs der Verantwortung unterstreicht. Auf Berthold Brechts in der Dreigroschenoper formulierte Frage: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ hält er entgegen, dass seine Bank nie in einer Schieflage war, sich „immer gut gegenüber den Kunden verhalten hat“. 2013 verkündete der Bankier aus Tradition und Förderer einer Vielzahl sozialer Projekte, dass, „wer mich kennt, weiß, dass es für mich in überschaubarer Zukunft keinen Ruhestand geben wird“.

Von Metzler und seine Familie, für die der Tod seines jüngsten Sohnes 2002 der furchtbarste Einschnitt im Leben war, engagieren sich als waschechte Frankfurter nicht nur für die Kultur der Main-Metropole, sondern gelten als Kunstmäzenen par excellence.

Der Erweiterungsbau des Frankfurter Städel konnte dank einer erheblichen Spende aus von Metzlers Privatvermögen und der Bank fertig gestellt werden. Und auf das Thema Kunst, insbesondere auf die zeitgenössische Kunst angesprochen, verweist von Metzler gern auf seine Frau, denn wer im Bankhaus über Kunst sprechen will, tut das am besten mit Sylvia von Metzler, er selbst nimmt sich da ein wenig zurück. „Sie überschätzen mich in meinem Kunstverstand.“

Das Ehepaar erhielt für sein Engagement – von Metzler ist Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse – verschiedene Auszeichnungen: 2011 die Georg-August-Zinn-Medaille für große Verdienste um das Gemeinwohl Hessens, 2012 die Maecenas-Ehrung, die die Eheleute für die Förderung des kulturellen und sozialen Lebens in der Mainmetropole ehrte. 2011 wurde Friedrich von Metzler mit dem Willy-Pitzer-Preis für sein Lebenswerk und für sein soziales Engagement geehrt. Um soziale Projekte für arbeitssuchende Akademiker aus Südeuropa kümmert sich die Albert-und-Barbara-von-Metzler-Stiftung. Und wie von Metzler betont, sei dies sein Lieblingsprojekt. Junge Leute in Arbeit zu bringen, damit sie ihre Familien solide unterstützen können, das ist ein wahr gewordener Traum des Bankiers, der fest davon überzeugt ist, dass es den jungen Leuten besser gelingt, Europa zu vereinigen. Die internationale Jugend hat keine Angst vor einer Wirtschafts- und Bankenmacht Deutschland, die jungen Leute können besser differenzieren, sie wissen, wer in ihren Ländern für die Finanzkrise verantwortlich ist.

Von Metzler, dessen Bank mittlerweile Geschäftsstellen in Tokio und Peking hat und derzeit über 750 Mitarbeiter beschäftigt, versteht sich selbst als einen überzeugten Europäer. Europa ist in seinem Denken tief verankert und auch den vielgescholtenen Euro verteufelt er nicht. „Wer aus der aktuellen Krise ableitet, Europa sei zu unterschiedlich für eine einheitliche Währung, und der Euro sei von Beginn an zum Scheitern verurteilt“ – diesen Skeptikern erteilt er eine klare Absage. Für von Metzler ist nicht die Unterschiedlichkeit der Eurostaaten das Problem, sondern vielmehr, dass gemeinsame Regeln, auch im Banking, nichteingehalten werden.

In Sachen Finanzen unterstreicht von Metzler, der das Tagesgeschäft der großen Privatbank, die als einige der wenigen in der Bundesrepublik vollständig in Familienhand ist, in jüngere Hände gelegt hat, dass das Geheimrezept finanziellen Erfolgs darin besteht, Risiken zu vermeiden und auf Chancen zu verzichten. Diese Strategie hat dem Bankhaus über die Irrungen und Wirrungen, die Kriege und die Wirtschaftskrisen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hinweggeholfen. Denn, „wer nur kurzfristig den schnellen Profit will, wird nicht erfolgreich sein“.Viele Krisen hat das Bankhaus überstanden, viele wer den noch kommen, ist sich von Metzler sicher. Statt wild über die Zukunft zu spekulieren, bleibt der Bankier Rationalist, der die Wirklichkeit streng analysierend im Auge hat, ohne dabei die politische Vision einer freiheitlichen Weltordnung aufzugeben. Gegen das Auf und Ab an den Märkten schützt sich das Bankhaus mit viel Eigenkapital, es verfügt über große stille Reserven. Von Metzlers Credo lautet: „Geduld ist eine der Kerntugenden unseres Geschäfts.“

Quelle: PR-Inside

Über Stefan Groß-Lobkowicz 2157 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".