Eine Reise quer durch Russland, Erlebnisse und Gespräche, Teil 1

Bildquelle: Michael Gallmeister

Schon in meiner Jugend hat mich die Weite des fernöstlichen Russlands, welche für mich unerreichbar war da ich im Westen Deutschlands aufgewachsen bin, fasziniert.

Wladiwostock, Kamtschatka, welche zauberhafte Namen, wie mag es dort sein?

Dann kam die Wende 1989, die Auflösung der Sowjetunion folgte und ich bereiste Tschechien, Rumänien, zog 1992 in die ehemalige DDR, besuchte zum ersten Mal 1995 Lettland und 1999 ein erster Kurztrip nach St. Petersburg. Siehe dazu auch: https://lettlandweit.info/?s=Petersburg

Dann bereiste ich einige Male die Ukraine, das letzte Mal im Juni 2023, siehe dazu: https://lettlandweit.info/ukraine-eine-reise-von-der-propaganda-zur-wirklichkeit/

Danach unternahm ich eine Reise nach „Neurussland“, um die andere Seite der Medaille zu betrachten. Dazu: https://lettlandweit.info/eine-reise-nach-russland-und-durch-neu-russland/

Auf diesen drei Russlandreisen konnte ich mir ein Bild der wirklichen Situation machen und Erfahrungen mit der russischen Bürokratie sammeln. Da ich in Kirow bei meiner letzten Reise nach Russland im März 2024 einen Russlanddeutschen kennenlernte, und er mir erzählte, das er im September nach Kamtschatka reisen werde, mit einer Gruppe von etwa 8 Personen, bekundete ich auch mein Interesse daran teilzunehmen. Anfang August rief er mich an und fragte ob ich denn nun auch nach Kamtschatka reisen wolle. Klar, meinte ich, muss erstmal sehen ob ich ein Visum bekomme für einen Monat weil das elektronische Visa für 14 Tage wäre zu kurz für so eine Reise. Innerhalb von zwei Wochen war es fertig in den Pass geklebt, kostet mit einer Krankenversicherung für einen Monat zusammen 170 EUR.

Wie letztes mal, bei meiner Reise im März 2024 nach Petersburg, nutze ich wieder den Direktbus Riga – Petersburg des Unternehmens Vissa, diesmal hat der Bus allerdings russische Kennzeichen. Er verkehrt täglich ausser Sonntags.

Im Bus komme ich mit Robert ins Gespräch, ein Weissrusse, er lebt in Polen und besucht seine Mutter in Pskow, um danach von Russland nach Weissrussland zu reisen wo die Verwandten seiner Frau leben. Er selber kommt aus Weissrussland hat aber in Russland studiert. Da er auch er bei den Antiregierungsdemos in Weissrussland teilgenommen hatte, möchte er nicht direkt von Polen nach Weissrussland reisen, da ihn dort die Zöllner genau überprüfen würden, die Grenze von Russland nach Weissrussland wird nur von den Russen kontrolliert.

Die Fragen an der estnischen Grenze bezüglich meiner EUR Devisenausfuhr, gestalten sich anfangs etwas schwierig, als ich Ihnen aber die Flugtickets von Moskau nach Kamtschatka vorlegte, welcher mir der Russlanddeutsche vorher schon gebucht hatte, verstand sie das für eine solange Reise für private Belange schon mal 2000 EUR mitgeführt werden müssen, da ja keinerlei europäischen Kreditkarten in Russland funktionieren.

Auf einem Plakat steht, Grenze könnte zukünftig geschlossen werden wegen illegaler Migration, deshalb Hinweis das eine Ausreise über diese Grenze eventuell nicht mehr möglich sei.

Auf der russischen Seite ging bei mir alles ganz schnell, komischerweise brauchte ich auch gar keinen Fragebogen ausfüllen wie beim letzten Mal, wie ich zu dem Ukraineproblem stehe, seltsamerweise aber alle Anderen welche auch keine russische Staatsbürgerschaft hatten.

 

Petersburg

Unweit vom Busbahnhof gibt es ein kleines Hotel, welches ich gleich für ein paar Tage genutzt habe mit 30 EUR pro Nacht, klimatisiert, sauber und geräumig.

Heute sass ich in der Nähe vom Hotel am Obvodny Kanal in einer Bar draußen an der Strasse, trank ein Bier und dann kam eine junge Frau fragte mich nach einer Zigarette. Ich sagte ich habe nur die schönen Bellamorkanal (klassische russische Papyrosi ohne Filter, der Grund für das lange Pappstück sei, wie mir ein Russe erklärte, damit auch in Sibirien mit dicken Handschuhen geraucht werden kann) sie sagte kein Problem ihr Vater hätte die auch immer geraucht.

Dann versuchten wir ein wenig Konversation zu treiben ihr Englisch war sehr schlecht meine Russisch genauso. Aber sie meinte über Philosophie sprechen zu wollen, Wittgenstein, und lud mich ein noch einen Club zu besuchen in der Nähe ca. 200 m, und obwohl ich nicht wusste wohin der Weg geht habe ich gedacht okay das machen wir. Sie sagte ich würde wie Hemingway aussehen, dasselbe ist mir schon mal in die Jalta passiert. Dort fand ich viele junge Leute die sich besonders für Philosophie, Pessimismus Nietzsche etc. interessierten. Eine junge Frau aus Kasachstan half mir bei der englischen – russischen Übersetzung sie war gerade mal 47 Kilogramm schwer. Wir unterhielten uns über Nietzsche, Gott Pessimismus. Schopenhauer und den rumänischen Pessimisten Cioran. Er sagte:

„Hegel ist der große Verschulder des modernen Optimismus. Wie konnte er nur übersehen, dass das Bewusstsein bloß seine Formen und Weisen wechselt, aber keineswegs fortschreitet? Das Werden schließt eine absolute Vollendung, ein Ziel aus: Das Abenteuer der Zeit rollt ohne jede außerhalb seiner selbst liegende Zielsetzung ab und wird zu Ende gehen, wenn seine Möglichkeiten, sich fortzusetzen, erschöpft sind.“

Die Möglichkeiten werden nie erschöpft sein, das Rad des Lebens dreht sich endlos weiter, das Nirwana, Erlösung sind Floskeln einer Wunschidee, es wird wiederholt was war, nur die Variationen wandeln sich ein wenig.

Ganz erstaunlich war, das sie auch den Film über Bukowski von Marco Ferreri kannte, ebenso Fassbinder Filme besonders hat ihr der Film Händler der vier Jahreszeiten gefallen. Ein sehr interessantes Treffen ich habe gesehen dort in Petersburg gibt es durchaus tiefe kulturelle Verbindungen zum europäischen Denken im Anklang zu Dostojewski. Der Pessimismus der auch irgendwo bei Dostojewski raus klingt scheint ein Grundthema der intellektuellen Schicht in Petersburg zu sein, mir verständlich und nahe.
Zufälle? Oder der Lauf der Dinge. Das ich in dem Moment in der kleinen Seitenstrasse eine Frau vorbeikommt die sich mit mir unterhalten will und mich zu einem Klub führen will wo viele Leute sich mit genau den Themen beschäftigen die auch mir wichtig sind.

Das Treffen mit der russischen Begegnungsstätte und der privaten Sprachschule in Petersburg war etwas merkwürdig.
Die Leiterin erzählte mir dass bis 2019 sehr viele Deutsche ihre Begegnungsstätte besucht haben sie gerade zu kaum Russisch sprach weil so viele deutsche Besucher da waren. Jetzt ist es umgekehrt sie hat überhaupt kaum noch Gelegenheit Deutsch zu sprechen da sie von Russland überwacht wird damit ihre Begegnungsstätte nicht mit westlichen Ideen und Propaganda infiltriert wird. Einmal ein Angebot für Russlanddeutsche dann Projekte auf die Überlebenden der Leningradblockade welche ungefähr noch 200 lebende Personen betrifft.betrifft. Ebenso haben sie ein Gymnasium gegründet im Stile von Karl May (nicht zu verwechseln mit Karl May dem Abenteuererzähler)

womit sie ihre Einnahmen regenerieren und natürlich gibt es eine Sprachschule. Sie sind völlig unabhängig von staatlichen Fördermitteln sowohl keine aus Russland und keine aus Deutschland. 2022 haben sie die letzte IFA Mitarbeiterin zur Grenze nach Estland gebracht damit sie zu Fuss Russland verlassen kann. Da Deutschland zu den sogenannten unfreundlichen Staaten in Bezug auf Russland gezählt wird empfiehlt es sich nicht für sie weitere Kontakte nach Deutschland zu unterhalten.
Für sie ist es sehr schwer wieder nach Deutschland zu kommen oft kommt ein Visa erst dann, wenn schon die Flüge gebucht sind und der Abflugszeitpunkt schon vergangen ist. Ebenso muss sie für das Visa schon vorher alle Hotelbuchungen vorlegen welche ja faktisch ohne Kreditkarte in Deutschland kaum möglich sind.
Eine etwas traurige Situation wie sie selber zugab da sie selber unzählige Kontakte nach Deutschland auch zum Baltikum gepflegt hatte. Trotzdem hat sie es geschafft das Deutsche Begegnungszentrum in Petersburg aufrecht zu erhalten, unabhängig mit eigenen Mitteln ein rein ökonomisch organisierter Betrieb wo alle sich sammeln aus Russland die Interesse an deutscher Sprache und deutscher Kultur haben.

Drohnen auf Moskau. Bildquelle: Michael Gallmeister.

Von Petersburg nach Moskau

Zwei Tage habe ich geplant in Moskau zu verbringen, bevor mein Flug nach Kamtschatka geht. Also studiere ich die Fahrpläne und entscheide mich für den einzigen Schnellzug, „Sapsan“, den es in Russland gibt. Das Ticket kostet ca. 40 EUR und in 4 Stunden ist man in Moskau, die Entfernung beträgt ca. 700 km/h.

Der Zug erreicht eine Hochgeschwindigkeit von etwa 220 km/h, er wurde von Siemens konstruiert extra für Breitspur. Die erste Hälfte der Strecke von Petersburg – Moskau ist fast nur Sumpfgebiet. Die Sitze sind ziemlich unbequem, aber die Durchsagen sind immer noch Russisch und Englisch, ebenso die Anzeigen auf den Bildschirmen. Siehe dazu auch das kleine Video:

https://youtu.be/W0j8UchkbfQ

Den nächsten Tag machte Dima mit mir eine kleine Exkursion durch Moskaus Innenstadt, nachdem wir Aleksanders zum Flughafen begleitet hatten, mein Flug ging einen Tag später. Dazu benutzten wir den neuen Airportexpress Zug zum Zentrum, was sich allerdings als Karikatur erwies, ich sagte zu Dima, wir hätten auch die Pferdebahn nehmen können, welches um die Jahrhundertwende auch mal in Moskau gab. Der „Express“ bewegte sich, weil wohl noch in der Bauphasse mit ca. 20 km/h die Stunde durch Moskaus Vorstadt, jetzt verstand ich auch warum es so gut wie keine Fahrgäste gab.

Die Metro in Moskau immer noch schön dekoriert, oft gemahnend an den grossen vaterländischen Krieg auch selbst bei der Deckengestaltung.

Wir unterhielten uns über das Leben, Männer und Frauen, Dima meinte die russischen Männer arbeiten nur noch für die Kosmetik der Frauen, das ist ein Prinzip und eine Propaganda die von Amerika eingeführt wurde die besonders in Russland angenommen wurde Fingernägel Haare etc.. Und ergänzend fügte er hinzu: Glück ist was für Heuchler und Lügner!

Wir schlendern weiter durch Moskau diskutieren ein wenig, er kann ganz schlecht deutsch wie ich schlecht russisch kann, er hat viele Geschäfte mit deutschem Import gemacht, am Schluss mit Zehnder gearbeitet, das ist Geschichte, er hat die Zehnder Homepage illegal übernommen, aber das Geschäft wird müde.
Seine Frau ist Maklerin, sie verdient vermutlich jetzt das wesentliche Geld, seine guten Geschäfte bis 2014 sind vorbei.
Er sagt, den ganzen Wahnsinn der Menschheit kann man nur noch betrunken ertragen bzw. vergessen.
Wir verstehen uns gut, auch manchmal ohne Worte wenn wir auf Szenen deuten und lachen müssen, Aeroport Express, Traktor mit 20 kmh…

In Moskau sehen wir auch das Haus wo Molotow gewohnt hat, welcher einen Vertrag mit Deutschland unterzeichnete an welchen sich Hitler nicht hielt, weil er den nicht ganz unbegründetetn Verdacht hegte, das Stalin im Begriff sei Deutschland anzugreifen, – die berühmte Erstschlagtheorie welche schon zu unzähligen Katatstrophen geführt hat.

Als wir mit Dimitri dieses Schild sahen mussten wir herzlich lachen, in Zukunft werden die Ukrainer wohl Strafe zahlen müssen, wenn sie Drohnen auf Moskau schicken.

Autoausstellung auf Moskaus Straßen, eine Stunde jeden Tag werden ca, 3 Millionen Fahrzeuge drei Millionen Liter für nichts verbrauchen, nur zum Stehen im Stau, nun, er sagt, gut daß er seinen Führerschein vertrunken hat…

Er kennt ein paar Kirgisen, Edigk ein Chefkoch welcher im Zentrum von Moskau lebt, er organisiert ein wenig die kirgisische illegale Einwanderung, wo er lebt hatte er ein Büro, über das Trinken haben sie sich kennengelernt, Edigk ist ein begeisterter Leser von Aitmatov. Unten im Keller, wo er einige Usbeken untergebracht hat, trinken wir ein Bier und Wodka, denn wie heisst es so schön im Russischen: „Bier ohne Wodka ist Geld zum Fenster rausgeschmissen.“

Am nächsten Tag nachmittags geht mein Flug von Moskau nach Kamtschatka. Da Aleksanders mich bat noch 3 Liter selbstgebranntaen Samjagon (Schnaps) mitzunehmen, da er mit Gepäck schon übervoll war, steckte ich die 2l Plastikflasche und 2 kleine halbe Liter Plastikflachen in meine Reisetasche zum aufgeben. Aleksander meinte, falls es da Probleme gäbe solle ich sie einfach dalassen. Dima begleitete mich zum Flughafen und vor dem Einchecken entschieden wir uns eine kleine Flasche zu leeren, falls ich die nicht mitnehmen könnte wäre zumindest nicht alles umsonst. Dann stieg ich ins Flugzeug und suchte meinen Platz auf. Es war eine Boing 777.

Der war schon belegt, und der Mann meinte ich könne seinen Platz in der Business Class haben, da er mit seinen Freunden zusammensitzen möchte, nun, guter Tausch.

Die Nacht war also in Schlafposition sehr erfrischend, sodas ich Morgens nach einem guten Frühstück mich langsam auf die Landung einstellte.

Hafen Petropawlowsk. Bildquelle: Michael Gallmeister.

Petropawlowsk

Am anderen Ende der Erde angekommen, in Petropawlowsk. Auch am Ende von Russland gewissermaßen. Aleksanders hatte jemanden beauftragt mich am Flughafen abzuholen der mich dann zu einem Hotel bringen würde. Denn die 7 Tage Flusstrecking mit Schlauchbooten waren mir zu teuer. Maxim erwartete mich auch und wir fuhren Richtung Stadt und hielten im Aussenbezirk an einem Hotel an. Er meint das wäre ganz gut, würde 85 EUR die Nacht kosten. Dann erklärte ich ihm erstmal das meine Finanzen für solche Preise nicht vorgesehen sind, was ich mache, wie ich lebe. Gut dann suchte er im Internet Privatunterkünfte, rief hier und dort mal an, fast eine Stunde verging ohne Ergebnis, bis er dann einen Freund am Hafen kontaktierte, Kapitän einer Yacht für einen der vielen Oligarchen. Der empfahl dann Maxim ein kleines Hotel/Hostel direkt am Hafen, Caravelle. Wir fuhren dort hin, der Fischer- und Yachthafen liegt direkt in der „Altstsadt“, das war der erste Hafen in Kamtschatka.

Nachdem das mit dem Zimmer geklärt war, 20 EUR pro Nacht, der Betreiber ist ein Armenier, lud mich Maxim noch seinen Freund Konstatin gleich auf der anderen Strassenseite im Yachthafen zu besuchen.

In einem der wenigen alten Häuser befindet sich eine Schaschlik Bar dort treffe ich per Zufall den Eigentümer des Hauses, Arkadi. Er würde gerne nach Italien auswandern und einen EU-Pass bekommen er meint das ginge wenn man sich jetzt in Moldawien registrieren würde als Einwohner dann könnte man wenn Moldawien zur EU kommt für 30.000 Dollar ca. auch den EU-Pass bekommen. Er ist ein alter Spieler hat schon im Casinos Unmengen von Geld gelassen jetzt ist sie nur noch das Haus geblieben welches er meint es für 400 000 $ verkaufen zu können, ich habe ihm gesagt dass hielte ich für sehr unrealistisch. Hier kostet ein Bier 1,50 EUR und das Schaschlik mit Fladenbrot ca. 6 EUR.

Heute den ersten Abend sitze ich an der Awatscha Bucht nach Angaben der Einwohner die grösste natürliche Bucht auf der Erde. Ein Teil der Bucht ist leider nicht zugänglich, ich dachte angesichts der sich ausbreitenden Kriegsgefahr und möglichen Atomschlägen wäre ich hier in Kamtschatka am sichersten Teil der Erde, – Irrglaube in der Bucht befindet sich die militärische Sperrzone mit russischen Atom U – Booten, und man sagte mir nur 100 km von der Küste patroulieren die amerikanischen Kriegsschiffe …

Immer hat man den Vulkan in der Nähe.

Bildquelle: Michael Gallmeister

Ja, man merkt man die Ureinwohner aus dem Stadtbild verschwunden sind und stattdessen eine Menge Russen aus allen Gebieten des grossen Reiches hier vertreten sind.

Auffällig ist dass hier in Petropawlowsk kaum wirklich alte Männer zu sehen sind, mitunter habe ich das Gefühl einer der ältesten Touristen hier zu sein.

Die Fahrzeuge in Kamtschatka sind mindestens zu 80% japanisch oft Rechtslenker aber man hat jetzt interessanterweise ein Einfuhrstopp für japanische Fahrzeuge verhangen welche eine gewisse Kubikzahl überschreiten. Das heisst im Klartext die großen dicken fetten Autos aus Japan können nicht mehr eingeführt werden, sondern nur noch die einfachen Klein- und Mittelklassewagen. Konstantin, der Kapitän von der Luxusyacht sagte mir nachdem Russland diesen Einfuhrstopp für japanische Autos mit großem Hubraum erlassen hat, das dann auf Kamtschatka es bald wie in Kuba aussehen wird mit all den alten abgewrackten Autos.
Ich sehe das etwas anders, Einfuhr von Kleinwagen erlaubt, große nicht, also ein Versuch den Kapitalismus in seinen wilden Blüten etwas einzugrenzen.
Allerdings können solche Beschränkungen leicht von Reichen umgangen werden es kostet halt ein bisschen mehr und dann importiert man eben Fahrzeuge aus Kasachstan oder Usbekistan, ob das Auto nun 150.000 € kostet oder 180.000 € ist denen doch eigentlich genau genommen scheissegal.
Überhaupt stellt sich die Frage wie man auf Dauer den ständig wachsenden Unterschied zwischen Arm und Reich stoppen kann oder bzw. rückgängig machen könnte. Denn auf Dauer führt diese krasse Ungleichheit zu Neid, Wut und Unruhen in der Gesellschaft und im Staat.
Statistisch gesehen sieht das Problem etwas anders aus der Lebensstandard insgesamt ist für die meisten Menschen zwar gestiegen, einige sind zwar überreich geworden, das Problem ist aber die Wahrnehmbarkeit des Unterschiedes. Aufgrund der heutigen Kommunikationsmittel sind wir in der Lage den Luxus der Reichen in Detail wahrnehmen zu können und auch mittlerweile in jedem verslumten Winkel der Erde, und genau das ist das Problem was dann Neid und dann irgendwann auch die Wut erzeugen könnte.

Das Hotel wird von einem Armenier betrieben dort befindet sich auch ein Flieseistnleger aus Armenien der in der sommerzeit bis zum Herbst arbeitet und dann wieder nach Armenien zurück fährt. Er verdient immerhin ca 20 € pro Stunde da er ein Spezialist ist für Fliesen legen.

Eine Mikrobiologin aus Moskau macht Urlaub in Kamtschatka sie spricht erstaunlich gut Englisch und wir kommen ins Gespräch. Sie hat ein Stipendium für sieben Jahre von Russland finanziert um in Amerika zu studieren und den Magister abzuschließen. Jetzt ist sie wieder zurück und arbeitet in Moskau. Auf meine Frage ob sie denn nicht lieber in Amerika geblieben wäre sagte sie mir nein, sie mag die Kultur nicht, und auch die Werte der Amerikaner kann sie überhaupt nicht teilen. Die Landschaft ist zwar schön, aber das wars auch. Auf die Amerikanisierung in Russland angesprochen meint sie das im Moment viele Programme in Arbeit sind und schon funktionieren so z.B. keine Musikgruppen mehr unterstützt werden die amerikanisch-englische Texte singen, ebenso werden russischsprachige Fachartikel gefördert.
Aber angesprochen auf die Problematik, dass immer noch ein Großteil der Bevölkerung in Russland die ganzen amerikanischen Produkte konsumieren möchte, musste sie mir Recht geben dass aus diesem Grunde man nicht mit voller Härte versucht das Amerikanische aus Russland auszumerzen. Außerdem versucht Russland jetzt Abstand zu nehmen von dem amerikanischen Ausbildungssystem und wieder zurückzugehen zu dem alten System was in der Sowjetunion gängig war. Ebenso werden jetzt vermehrt Filme und Talkshows etc. in russischer Sprache gefördert um von der amerikanischen Seifenoper wegzukommen. Und die Qualität würde auch mittlerweile reichlich zunehmen.

Dann haben wir noch zwei Chinesen im Hotel die als Fremdenführer in Harbin arbeiten und etwas russisch können, aber kein Englisch, sie erkunden die Tourismusmöglichkeiten für Chinesen auf Kamtaschatka um später selber Touren anbieten zu können.

Interessant und politisch erstaunlich ist, das Russen bisher nach Südkorea ganz einfach mit einem elektronischen Visa bis zu 60 Tage einreisen können, die Kosten liegen etwas bei 40 EUR und die Möglichkeit wird von vielen Russen wahrgenommen, obwohl politisch ein Schulterschluss mit Nordkorea existiert.

Auf einer meiner kleineren Ausflüge

(Details und Videos zu den Ausflügen unter: https://lettlandweit.info/bis-ans-ende-des-eurasischen-kontinents-eine-reise-quer-durch-russland-teil-5/ )

frage ich einen jungen Mann nach dem Weg zum Meer, er spricht gut englisch und es stellt sich heraus das er ein Flüchtling aus der Ukraine ist, er schrieb mir später:

Freunde meiner Eltern kamen im Rahmen des Flüchtlingsumsiedlungsprogramms hierher, hier gab es sehr gute Bedingungen: Sozialleistungen, monatliche Essensrationen, kostenlose Herberge, aber das alles galt, bis sie die Staatsbürgerschaft erhielten. Um die Staatsbürgerschaft zu erhalten, mussten sie alles aufgeben, sodass sich die Flüchtlinge nach und nach an die neuen Realitäten gewöhnten. Nachdem meine Eltern die Geschichte ihrer Freunde gehört hatten, beschlossen sie, hierher zu gehen, aber wir traten dem „Flüchtlings“-Programm erst bei, als wir bereits in Kamtschatka waren, das heißt, wir flogen als normale Menschen hierher. Wir sind 2015 hierher geflogen, damals war ich 13 Jahre alt. Natürlich ist es besser, der Ferne Osten wird sich entwickeln, der gesamte Haupthandel wird hierher verlagert und so weiter

Die Preise für Produkte in Kamtschatka sind ca 10 bis 15% teurer als auf dem Festland das liegt daran dass doch sehr viele Produkte aus Wladiwostok importiert werden müssen das wiederum hat zur Folge dass alle Dienstleistungen und besonders die Exkursionen sehr teuer sind.

Bildquelle: Michael Gallmeister.

Hier ein paar Beispiele alles in Kilopreisen

Geräucherter Lachs um 20 €
Frischer Lachs der günstigste 5 €
Kaviar 75 €
Käse zwischen 7,5 und 10 €
Kartoffeln 1 bis 1,5 Euro
Tomaten vier bis fünf Euro
Äpfel 3,5 Euro
Mandarinen Apfelsinen Birnen um die 5 €
Einfache Wurst 5 €. Gute Salami 10 €
Fleisch um 10 €

Einige haben hier Zweifel an der Zukunft Russlands aber es gibt auch andere Stimmen wie z.b Lena die Modedesignerin aus Zarow in der Nähe von Moskau welche sich speziell darauf konzentriert hat Kleidung und Mode zu bauen mit russischen Motiven und nach russischer Art. Sie waren in Amerika, dort konnte sie mit ihrem Englisch überhaupt nichts verstehen, sagte sie. Da die einen dermassen schlechten Slang sprechen. Auch mit den Werten und der Kultur Amerikas kann sie nicht viel anfangen. Sie möchte das Russland wieder eigenständig wird, mit eigenen Produkten und eigener Kultur. Über den Krieg mit der Ukraine fühlt sie tief im Herzen einen großen Schmerz, sie sagte sie kann darüber eigentlich gar nicht wirklich reden. Aber die Sanktionen würden Russland mehr nützen damit es eigenständig wieder Betriebe und Produkte aufbaut und nicht so abhängig bleibt von amerikanischen – europäischen Artikeln. Sie glaubt und wünscht eine Erneuerung von Russland und Selbstbesinnung auf die russischen Traditionen und Werte.

Dann eine Frau getroffen die sagte das sie bei der Wagner Armee arbeitet im Hospital, sie hatte eine entsprechende Jacke an mit den Symbolen, Kennzeichen darauf. Sie ist sehr begeistert von der Armee, ich sehe das etwas anders. Bei der etwas schwierig werdenden Diskussion kam der Administrator des Hotels dazu und warnte die etwas laute Frau, nicht weiter über Politik zu diskutieren.

Auf dieser großen eurasische Insel leben immer noch viele Stämme, die sich heute Staaten nennen und an vielen Stellen sich immer noch wie im Mittelalter bekämpfen. Flugzeuge fliegen rund um die Uhr. Waffen werden in Hülle und Fülle gebaut und benutzt. Und die Atomraketen recken sich wie Pilze aus dem Boden. Gier und Neid jederzeit bereit sie loszulassen.
Wie armselig doch immer noch die Menschheit ist. Ihre Zahl ist zwar gewachsen aber die Qualität des Denkens und Handelns hat sich nicht wirklich geändert.

Papyrosi. Bildquelle: Michael Gallmeister.