Länderberichte der Konrad-Adenauer-Stiftung: Namibia vor den Wahlen

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Nach Jahrzehnten an der Staatsspitze muss die regierende SWAPO erstmals wirklich um die Mehrheit kämpfen.

„Für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Namibia am 27. November hat sich eine Rekordzahl an Wählern registriert. Knapp anderthalb Millionen wollen über die politische Zukunft ihres Landes mitentscheiden. Werden sie der Dauerregierungs-partei SWAPO ebenso einen Denkzettel verpassen wie vor Kurzem die Wähler dem ANC im benachbarten Südafrika? Von Natalie Russmann
Die Präsidentschaftswahlen Ende November 2024 dürften die engsten in der Geschichte des Landes werden. Nach dem plötzlichen Tod des Staatspräsidenten Dr. Hage Geingob, der gemäß Verfassung kein drittes Mal zur Präsidentschaftswahl hätte antreten können und dies auch selbst ausgeschlossen hatte, tritt erstmals eine Frau als Spitzenkandidatin der SWAPO an.

Die Parteien und ihre Spitzenkandidaten

Für die SWAPO kandidiert die bisherige Vizepräsidentin des Landes, Netumbo Nandi Ndtaiwah. Sie ist bereits Geingobs Nachfolgerin als Parteichefin, tritt souverän im Wahlkampf auf und gilt allgemein als integre und erfahrene Politikerin: Sie hatte bereits mehrere Regierungsämter inne, zuletzt das der Außenministerin. Als Spitzenkandidatin der langjährigen Regierungspartei hat sie beste Chancen, das erste weibliche Staatsoberhaupt des seit 34 Jahren unabhängigen Namibias zu werden.

Ihre Konkurrenten sind zwei Männer, die wie Ndaitwah zum politischen Establishment gehören: McHenry Venaani ist Chef der stärksten Oppositionspartei der PDM („Popular Democratic Movement“) und Panduleni Itula der IPC („Independent Patriots for Change“). Letzterer trat bereits 2019 als (damals noch) unabhängiger Präsidentschaftskandidat an, nachdem er davor der SWAPO den Rücken gekehrt hatte, und landete mit 30% der Stimmen auf Platz zwei.

Was unterscheidet die drei Konkurrenten und ihre Parteien? Programmatisch liegt der Schwerpunkt aller Parteien auf der Stärkung des wirtschaftlichen Wachstums des Landes: Die regierende SWAPO will in den nächsten fünf Jahren 256.000 Jobs schaffen und 10.000 Häuser bauen. Dafür plant sie hohe staatliche Ausgaben. Im Bereich der Energiepolitik bleibt sie trotz des Hypes um grünen Wasserstoff offen für die Förderung von Öl und Gas, will sich laut Programm potentiell auch nicht nuklearer Energie verschließen.

Die PDM will für neue Arbeitsplätze sogar landesweit neue Industrien – mit Hilfe von privaten Unternehmen – ansiedeln. Gleichzeitig soll die Gesundheitsversorgung verbessert werden, ein großes Problem in dem dünn besiedelten Land. Dass es in manchen Regionen aufgrund der enormen Distanzen keine zuverlässige Stromversorgung gibt, bzw. diese, falls es sie gibt, sehr teuer ist, lässt die Zielsetzungen der Partei als sehr herausfordernd erscheinen. Um Spitzenkandidat Venaani herum bleibt die Führungsriege der Partei unverändert: Neue Gesichter entdeckt man an der nicht immer unkritisch besehenen Parteispitze nicht.

Die IPC dagegen präsentiert einige progressive Vorschläge zur Korruptionsbekämpfung, will die Anzahl der Kabinettsposten drastisch reduzieren, den Beamtenapparat schrumpfen und setzt ansonsten auf Steuervergünstigungen für (kleinere) Unternehmen.

Man beobachtet in diesen Tagen die Nervosität und typischen Bestrebungen des Macht-erhalts in der Parteiführung der Parteien. Damit verbunden ist die große Sorge um den Verlust des eigenen Parlamentssitzes bzw. politischen Amtes und den damit einhergehenden Privilegien. So titelte die Lokalzeitung „The Namibian“, nachdem die Kandidaten-Aufstellung der SWAPO bekannt wurde, bei der gleich mehrere Minister und Parlamentarier in der nächsten Amtsperiode nicht mehr dabei sein werden, treffenderweise: „Swapo electoral college leaves 15 MPs potentially jobless.““

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