„Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Vor etwa einem Jahr hielt der Vizekanzler eine viel beachtete, eine aus meiner Sicht sogar beeindruckende Rede. Der Anlass war ein sehr trauriger. Die Rede drehte sich um die politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen des schrecklichen islamistischen Angriffs auf Israel am 7. Oktober 2023. Das Seminar für Allgemeine Rhetorik der Universität Tübingen verlieh Robert Habeck hierfür die Auszeichnung für die Rede des Jahres 2023. In der Würdigung konnten wir lesen – ich zitiere –:
„Mit seiner Ansprache tritt Robert Habeck als mitfühlender Denker auf, als Politiker und Mitbürger, der seinem persönlichen Anliegen Ausdruck verleihen will. Er artikuliert Gefühle wie Angst, Schmerz und Verzweiflung überzeugend und authentisch. Er kombiniert Emotionen und Argumente zu einer überaus wirkungsvollen Rede, die in eindrückliche Appelle mündet.“
So die Lobpreisung. Und wörtlich wird der Minister zitiert
„Das Existenzrecht Israels darf nicht relativiert werden. Die Sicherheit Israels ist unsere Verpflichtung. Deutschland weiß das.“
Das möchte ich nicht glauben; das sage ich ausdrücklich. Denn was würde es bedeuten, wenn die Lesart der „Bild“-Zeitung stimmte? Haben die Außenministerin und der Vizekanzler im Bundessicherheitsrat maßgeblich dazu beigetragen, dass Waffenlieferungen nach Israel erschwert, zumindest verzögert oder gar unterbunden wurden? Sollte dies zutreffen, wäre das ein ungeheuerlicher Vorgang. Denn damit würden nicht nur all die Bekenntnisse des „Nie wieder ist jetzt!“ als Lügen entlarvt. Damit würde unsere Staatsräson mit Füßen getreten und Jahrzehnte bundesdeutscher Außenpolitik in die Bedeutungslosigkeit versenkt.
Ich möchte das nicht glauben. Sollte es stimmen, dass Deutschland von Israel die schriftliche Zusicherung einforderte, die Waffen und Ersatzteile nicht völkerrechtswidrig einzusetzen, müsste sich jeder, der auch nur einen Hauch um die historische Schuld Deutschlands weiß, angesichts einer solchen Anmaßung in Grund und Boden schämen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb sage ich: Hören wir zu. Bemühen wir uns um Differenzierung und versuchen, die bisher verfügbaren Informationen mit der Maßgabe zusammenzutragen: Diese Meldung kann falsch sein. Schließlich wurde von Januar 2024 bis heute die Ausfuhr von Rüstungsgütern mit einem Gesamtwert von 45,7 Millionen Euro an Israel genehmigt.
Trotzdem bleibt die Frage, wieso zwischen Oktober und Dezember 2023 Rüstungsgüter im Wert von 320 Millionen Euro nach Israel ausgeführt wurden, während zwischen Januar und August 2024 nur Rüstungsgüter im Wert von 14,5 Millionen Euro ausgeführt wurden, übrigens zeitgleich dazu an Katar in Höhe 100 Millionen Euro. Ich habe heute in der Fragestunde ja gehört, dass wir von allen, denen wir Waffen oder Ersatzteile liefern, eine Völkerrechtsgarantieerklärung einfordern. Ich stelle die Frage, ob zwischen Oktober 2023 und Dezember 2023 eine solche Erklärung abgefordert wurde. Da kann man doch sagen: Wenn die einmal abgegeben wurde, kann man sich daran halten.
Gibt es rechtliche Bedenken, wie uns andere Medienberichte nahelegen? Hat die Bundesaußenministerin wirklich eine schriftliche Erklärung der israelischen Regierung verlangt, die Waffen nicht völkerrechtswidrig einzusetzen? Auch das möchte ich nicht glauben. Denn das würde ja bedeuten, dass wir dem einzigen demokratischen Rechtsstaat im Nahen Osten unterstellen, sich nicht an Recht und Gesetz zu halten. Vielmehr: Wir unterstellen ihm, er plane einen Völkermord, führe einen durch oder stehe in der Gefahr, einen solchen zu begehen, dem einzigen Staat in der Region übrigens, in dem sogar der Ministerpräsident vor Gericht gestellt werden kann. Von diesem Staat, dem die Deutschen historisch besonders verpflichtet sind, fordern wir eine solche demütigende Erklärung ein? Das möchte ich nicht glauben.
Denn das würde ja auch bedeuten, dass eine amtliche Erklärung des Auswärtigen Amtes aus Sicht von Ministerin Baerbock vor Gericht weniger Wert hat als die Erklärung der Netanjahu-Regierung. Die aus der grünen Blase nachgeschobene Erklärung, man wolle dadurch in gerichtlichen Verfahren die Lieferungen rechtssicher machen, ist grottenschlecht, dumm und eine intellektuelle Beleidigung. Denn wenn der Klagvorwurf lautet, Israel begehe mit den Waffen in seinem Verteidigungskrieg einen Völkermord an den Palästinensern, hilft eine Erklärung Israels, man setze die Waffen so nicht ein, überhaupt nicht weiter. Man sollte vielleicht auch mal ein paar Strafjuristen ins Auswärtige Amt schicken.Wir werden in diesem Zusammenhang übrigens weiter der Frage nachgehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ob die Heinrich-Böll-Stiftung den vor dem Verwaltungsgericht Berlin klagenden Verein finanziert, dessen Repräsentanten bei der grünen Bundestagsfraktion und dem Außenministerium ein und aus gehen, ein Verein übrigens mit sieben Mitgliedern und ohne Mitgliedsbeiträge. Auch da müssen wir mal genau hingucken: Wer klagt eigentlich gegen wen auf Grundlage welcher Finanzierung?Ich kann mir nicht vorstellen, dass im 80. Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs an der Spitze unseres Staates Persönlichkeiten stehen, die die Grundsätze, auf denen unsere Staatsräson fußt, fundamental missachten. Denn es sind Hamas und Hisbollah, deren Programm es ist – in den Statuten stets enthalten –, einen Völkermord an den Juden zu begehen und den Staat Israel auszulöschen.