Kleine Handreichung zum Thema „Die extreme Rechte im Internet“ für Lehrkräfte und Multiplikatoren in der Bildung/Weiterbildung

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Die extremen Rechten erzielen auf Online-Plattformen und Blogseine große Reichweite. Zielgruppe dieser menschenfeindlichen Propaganda sind dort vor allem Kinder und Jugendliche, denen einfache Lösungen für aktuelle Probleme vorgegaukelt werden. Laut einer Umfrage gaben 40% der 14- bis 19jährigen an, schon einmal mit offen und verdeckten rechten Internetseiten, Blogs oder ähnlichem konfrontiert geworden zu sein.

Diese Handreichung will Lehrkräfte und Multiplikatoren in Bildung und Weiterbildung dazu befähigen, Grundlagen des Wissens über rechte Online-Propaganda zu vermitteln.

 

Unterschied Extreme Rechte und Rechtspopulismus

Extreme Rechte:

Die Definitionen in der Forschung sind uneinheitlich und heterogen, es lassen sich aber immer folgende Kernelemente ausmachen:

– Ablehnung der Demokratie und die Gleichwertigkeit aller Menschen

– das Zeil einer rassistisch verstandenen „Volksgemeinschaft“

– Deutsche werden als höherwertig und überlegen – oft mit Bezug auf die nationalsozialistische Rassenlehre – dargestellt

– es gibt oft eine positive Bewertung des Nationalsozialismus und der Versuch eines Geschichtsrevisionismus mit Relativierung des Holocaust

Rechtspopulismus

Es gibt immer eine Unterteilung in „Oben“ und „Unten“: Rechtspopulisten inszenieren sich als einzige Stimme des „Volkes“ (unten), die sich von den “korrupten Eliten” (oben) wie Parteien, Regierung, Konzernen abgrenzen. Diesem einfachen schwarz-weiß Denken folgend inszenieren sich Rechtspopulisten als „Protestpartei“ mit teils aggressiven Slogans und Aktionen.

Dabei sind die Grenzen oft fließend, es gibt auch Populismus in demokratischen Parteien. Extrem rechte Parteien und Organisationen bezeichnen sich selbst als Rechtspopulisten, um in der Öffentlichkeit als harmlos zu gelten und gesellschaftsfähig zu werden.

Internet als Propagandamittel

Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Homepages von neonazistischen Kameradschaften, der „Nationale Sozialisten“, rechen Blogs, Foren oder Chats und Videoportale oder Filmen. Vielfach gibt es auch rechte Musik zum kostenlosen Download.

Das Internet dient als Propagandamittel, um viele Leute zu erreichen und neue Anhänger zu rekrutieren.

Rechte wollen erreichen, rechte Meinungen als „normal“ gesellschaftlich akzeptabel erscheinen zu lassen. Dabei knüpfen sie bewusst an gesellschaftlich akzeptierte Slogans an und sind so nicht sofort als rechts zu erkennen. Sie wollen politische Diskussionen nach rechts verschieben

Um dies zu erreichen, besetzen sie emotionale Themen wie Todesstrafe für Kinderschänder; Aussagen, die meist auf Zustimmung stoßen.

Oft knüpfen sie an jugendliche Erlebniswelten an wie Klimaschutz, Tierschutz, Veganismus, Sport oder Tipps für Konzerte oder für die Ferien, um erstes Vertrauen herzustellen.

Kernelemente von rechter Online-Propaganda

– einfache Antworten auf komplexe Fragen durch die Reduzierung für den Vorgang notwendigen Faktoren

– wollen vorhandene Ängste verstärken und für sich selbst nutzen

– Freund-Feind-Schema: Probleme machen immer die andere Gruppe („Ausländer“) zu Lasten der eigenen Gruppe

– Verbreitung von Falschmeldungen, die eine rechte Weltbild stützen. Und Nachrichten, die wissentlich  aus dem eigentlichen Zusammenhang gerissen werden

– Sammlungen von lokalen Vorkommnissen (z.B. Kriminalität von Geflüchteten, um dies als ständig auftretendes Phänomen auszuweisen)

Rechte Verschwörungstheorien: rechte Queerfeindlichkeit, „internationale Eliten“ wollen den Westen dadurch schwächen („Gay Agenda“, „Homo-Lobby“)

rechte Mobilisierung: Auf Telegram lässt sich in geschlossenen Gruppen ungestört austauschen. Wichtigste Plattform für Rechte, da sie wenig bis gar nicht mit deutschen Behörden zusammenarbeiten

Wie erkenne ich rechte Seiten?

Die angeklickten Seiten sollten kritisch nach deren Herkunft geprüft werden. Was sagen die Betreiber zu ihren Absichten? Die kann zum Beispiel in der Rubrik „Wir über uns“ (wenn vorhanden) nachgeschaut werden.

Was steht im Impressum zu den Personen, die sie ins Netz gestellt haben?

Rechte Angebote, die strafbare Inhalte haben, werden häufig anonym aus dem Ausland betrieben.

Zusätzlich gibt es bestimmte Codes oder Zeichen:

Die Zahl 88 wird oft als Code (achter Buchstabe des Alphabets) für „Heil Hitler“ verwendet, 18 steht für Adolf Hitler. Die 28 steht für die Terrororganisation Combat 18.

Emojis werden als Erkennungszeichen verwendet: Wie ein Emoji in schwarz-rot-gold, den Farben des Deutschen Reiches, zwei Blitz-Emoji als Symbol für SS-Runen.

Memes wie White Genozide: Menschen mit weißer Hautfarbe sollen angeblich durch Migration oder interkulturelles Miteinander „ausgerottet“ werden.

Wie können Betroffene reagieren?

– Melden: Meldeformular der jeweiligen Plattformen benutzen und entsprechenden Inhalte weiterleiten

– Blockieren: Verbreiter von Extremisumus von den Timelines verbannen

– Anzeige bei Polizei

– Hilfe suchen: In vielen Bundesländern gibt es eigene Beratungsstellen und/oder Behörden, die Elternberatungen anbieten. Oder auch Online-Beratungen für Menschen, die im privaten und beruflichen Umfeld mit extremen Rechten konfrontiert sind.

– bei jüngeren Kindern können Kindersuchmaschinen sowie Filter- und Jugendschutzprogramme dazu beitragen, eine Konfrontation mit rechten Inhalten oder anderen jugendgefährdenden Inhalten zu verringern.

Insgesamt ist aber die Vermittlung von Medienkompetenz wichtig, also die Fähigkeit, mediale Inhalte im Vergleich mit anderen Quellen kritisch einzuordnen und abwägen zu können. Die Sensibilisierung für die Erkennung rechter Seiten anhand der Wortwahl und Ausdrucksweise ist auch von Vorteil.

 

Fachberatung: www.online-beratung-gegen-rechtsextremismus.de

www.hass-im-netz.info

www.no-nazi.net

Hier ist eine Liste von bekannten rechten Blogs oder Internet-Publikationen (ohne Soziale Medien):

Politically Incorrect- PI-News.de

Dieser einflussreicher Polit-Blog jenseits der konventionellen Massenmedien besitzt eine aggressiv-rechte Rhetorik und ist als rassistisch, islamfeindlich und demokratiefeindlich anzusehen. Nach eigener Aussage richtet sich der Blog gegen den angeblichen „Meinungsterror“ der „Political Correctness“ der kommerziellen Medien und will ein Gegengewicht dazu darstellen.

Das Besondere daran ist: User sollen auf dem Blog sich selbst einbringen, Medien-Meldungen weiterleiten oder selbst Kommentare schreiben. Dies schafft eine enge Verbindung und rechte User sehen darin die Möglichkeit anonym in einer oft diskriminierenden und radikalen Sprache zu hetzen. Dies wird als „Meinungsfreiheit“ getarnt, was aber oft strafbare menschenfeindliche Äußerungen sind.

Junge Freiheit

Die Junge Freiheit (JF) gilt als Hauptorgan und Sammelbecken der Neuen Rechten. Es ist das führende rechtsintellektuelle Theorieorgan in der BRD seit Jahrzehnten mit Verbindungen zu allen wichtigen rechten und neonazistischen Gruppierungen. Das Organ versucht die intellektuelle Hoheit nach rechts zu verschieben, ohne sich plumper Propaganda zu bedienen. In ihrer Selbstbeschreibung gibt sie sich bieder, konservativ und national, übliche Schlagworte zur Verschleierung extrem rechter Ausrichtung.

Die JF versucht durch Themenwahl und Themenbeschreibung bisher als „konservativ“ geltende politische Positionen allmählich in Richtung eines „völkischen Nationalismus“ zu verschieben und diesen als konservative Normalität auszugeben.

Compact Magazin

Die politische Monatszeitschrift „Compact – Magazin für Souveränität“ hat eine Auflage von zehntausenden Exemplaren, der Besuch ihres Blogs übersteigt dies um ein Vielfaches.

Compact hetzt gegen Geflüchtete, greift die Demokratie ein und verbreitet völkisches Denken. Es gibt enge Verbindungen zur AfD und anderen rechtes Netzwerken. Im Juli 2024 wurde das Blatt wegen Verfassungsfeindlichkeit verboten, zwei Monate später setzte das Bundesverwaltungsgericht den Sofortvollzug des Verbots teilweise außer Kraft.

Ein Prozent – Netzwerk der extremen Rechten

Die extreme Rechte versucht, die Themenfelder Naturschutz, Ökologie und Tierschutz für sich einzunehmen. Viele der vermeintlich nachhaltigen Forderungen von ihnen scheinen sich auf den ersten Blick mit denen von Umweltschutzorganisationen und Naturschutzverbänden zu überschneiden. Erst beim genaueren Hinsehen wird deutlich, dass ökologische Fragestellungen mit rassistischen und völkischen Ideologien in Zusammenhang gebracht werden. Zudem wird Umweltschutz mit „Heimatschutz“  gleichgesetzt und dadurch mit der aus dem Nationalsozialismus stammenden Blut- und Bodenideologie verknüpft.

Das Projekt „Ein Prozent“ ist hierfür ein gutes Beispiel für eine Aneignung ökologischer Inhalte von rechts. Es lockt mit harmlosen Themen, will aber auf diesem Gebiet Jugendliche mit rechtem Gedankengut ködern.  „Ein Prozent“ fungiert als Vernetzungs- und Crowdfundingplattform für zahlreiche (extrem) rechte Initiativen und Gruppierungen. Manche andere Blogs haben einen esoterischen Charakter und huldigen einen Kult um das Germanentum.

Eigentümlich frei

Das politische Monatsmagazin erscheint zehn Mal pro Jahr und bezeichnet sich als „libertär“ und will sich gegen einen angeblich vorhandenen Verlust der Freiheit und Selbstbestimmung engagieren.

Sie ist ein gutes Beispiel für eine scheinbar harmlos erscheinendes Organ, das sich nicht sofort als rechts zu erkennen gibt. Deutlicher wird es bei der intensiveren Lektüre vor allem bei der Migrationspolitik, der Hetze gegen Nichtdeutsche und von der Verharmlosung des Nationalsozialismus. Sie ist sozialdarwinistisch ausgerichtet, propagiert wird die Ideologie der „naturgewollten“ Überlegenheit der Starken gegenüber den Schwachen, der Elite gegenüber der Masse und hat enge Beziehungen zu anderen rechten Organen.

 

Bei Fragen oder Anregungen: michaellausberg@gmx.de

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Über Michael Lausberg 569 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.