Endlich der ersehnte Frieden! Eine bayerische Gedenk-Medaille für die Hosentasche aus dem Jahr 1817

Die „Jettton“ genannte „Münze“ erinnert an die nach den Befreiungskriegen Bayerns gegen Napoleon einsetzende Zeit des Wohlstands im Jahr 1817. Foto: Hans Gärtner.

Ein in „Biedermeier-Papier“, mit fünfzackigen Sternchen in roten Kreisen   eingeschlagenes Heftchen aus Karton mit Einsteck-Lasche, in das kunstvoll eine „Münze“ aus Leichtmetall gehängt wurde? Das kleine Stück, nicht größer als fünf Zentimeter im Quadrat, hat unbeschadet mehr als zwei Jahrhunderte überdauert. Die „Muenze“ trägt auf der Vorderseite unten die Jahreszahl 1817. Das Prägebild stellt eine Gruppe auf die Knie gefallener Bürgerinnen und Bürger der Stadt Fürth vor einem reich beladenen Erntewagen dar. Darüber die Inschrift DANKET DEM HERRN. Sie wird auf der Rückseite fortgeführt. Im Halbkreis steht SEINE GÜTE WAEHRET EWIG. „Ein freundlicher Schutzgeist, mit schwerer Garbe und hundertfältiger Aehre in der Hand, schwebt sanft zur Erde“. Diese engelgleiche junge Frauengestalt hat Flügel wie Merkur oder Hermes. Sie steht wie eine Ballerina auf Zehenspitzen auf einem gewölbten Stück Erde, wobei sie demonstrativ eine blühende Pflanze in der Rechten hält.

Als „JETTON“, so steht es unter dem Erdstück, wird die kreisrunde Medaille bezeichnet. Napoleon lässt mit diesem französischen Wort für „Spielmarke“ noch einmal grüßen. Bayern war in den so genannten Befreiungskriegen gegen seine vereinnahme-bereiten Vorherrschafts-Absichten schwer involviert, 1813 allerdings war es bekanntlich Partner Napoleons. „Wir haben da Probleme“, äußert sich auf Nachfrage der Historiker Wilhelm Liebhart aus Altomünster, denn „kurz vor der Völkerschaft bei Leipzig vom 16. bis 19. Oktober 1813 wechselte Bayern die Seite und ging zu den Alliierten über, ohne an der Schlacht selbst teilzunehmen. Man stellte sich aber dem zurück fliehenden Napoleon bei Hanau entgegen, der die Bayern unter Marschall Wrede überrannte.“

Von dieser leidgeprüften „Kriegszeit von 1793 bis 1815“ ist eingangs auf der dem „Muenze“-Heftchen in der Lasche fünffach bis auf Briefmarkengröße gefaltet beigelegten „Erklärung“ die Rede: „Nach manchen sorgenvollen und geschäftslosen Jahren, welche der Krieg herbeiführte, kam endlich der ersehnte Frieden …“ Freilich waren noch Hungersnöte und Teuerung durchzustehen. „Tief seufzten die Leidenden … und riefen zu Gott … Sie wurden erhört. Mit dem Frühling des Jahres 1817 erwärmte die Sonne, … Pracht und Fülle entfaltete sich. Am 18. Juli sammelte eine Menge Dankender mit Thränen der Rührung betend die ersten Garben, und brachten den ersten Fruchtwagen … festlich nach der Stadt …“

Daran sollte diese „Gedächtniß-Muenze“, so steht es wörtlich in beigefügter „Erklärung“, erinnern. Sie ist ein schönes Zeichen für die Gottesfurcht der Fürther Einwohnerschaft. Nicht umsonst wurde die „Muenze“ nicht aus Edel-, sondern aus Leichtmetall gefertigt. Ihre gut gesicherte Bewahrung in dem kunstvollen Heft mit der kreisrunden Karton-Aussparung für die Medaille fand in jedem Hosensack, in jeder Damenhandtasche Platz. Derartige Gedenk-“Münzen“ gab es nicht nur aus Metall, sondern auch als Leporello-ähnliche Bilderfolge mit farbig ausgemalten Kupferstichen. Manches bayerische Heimatmuseum nennt eine solche winzig kleine Kostbarkeit ihr eigen.

Die „Jettton“ genannte „Münze“ erinnert an die nach den Befreiungskriegen Bayerns gegen Napoleon einsetzende Zeit des Wohlstands im Jahr 1817. Foto: Hans Gärtner.

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.