Hat Woidke die Demokratie geschwächt?

Ministerpräsident von Brandenburg, Diemtar Woidke, Foto: SGL
Ministerpräsident von Brandenburg, Diemtar Woidke, Foto: SGL

Der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ist mit seinem Respekt für die Entschlossenheit des brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke im Wahlkampf um die Spitzenposition in Landtag dann doch ziemlich allein geblieben. In den Tagen seit der Wahl überwiegt ein seltsames, aber für die deutsche Stimmungslage durchaus charakteristisches von vielerlei Bedenken getriebenes Raunen.

Dabei versteigt sich die Leitartiklerin des „Tagesspiegel“, Karin Christmann, gar zu dem geradezu grotesken Vorwurf, Woidke habe „die demokratische Mitte insgesamt geschwächt“, weil „seine Brechstangen-Strategie die Grünen wohl den Wiedereinzug in den Landtag gekostet“ habe (https://web-epaper.tagesspiegel.de/index.html…)

Gustav Seibt wiederum notiert in der „Süddeutschen“, dass Woidkes Wahlkampf die „Wahlbeteiligung erhöht“ habe und damit „auch das Quorum für die Fünf-Prozent-Hürde“, an der die Grünen schliesslich scheiterten (https://www.sueddeutsche.de/…/wahl-brandenburg-dietmar…). „Woidke, Kretschmer, Wagenknecht: Der Osten wählt taktisch, vor allem jedoch wählt er Personen. Das hat gegen die AfD geholfen. Aber es schafft ein gefährliches Problem“, beklagt Seibt.

Taktisch zu wählen und sich in Wahlkämpfen an Persönlichkeiten zu orientieren, ist nun wirklich alles andere als ostspezifisch, sondern hat wohl alle bundesrepublikanischen Wahlkämpfe geprägt. Die FDP verdankt viele guten Ergebnisse sogenannten „Stammwählern“ von CDU oder SPD, die mit einer Stimme für eine andere Partei ihre Lieblingskoalition stabilisieren wollten. Und nicht nur Willy Brandt, wie Seibt durchaus konzediert, wurde als Person gewählt und wieder gewählt, auch Helmut Schmidt, viele Ministerpräsidenten wie Johannes Rau und der grüne Winfried Kretschmann und natürlich nicht zuletzt Angela Merkel, die die mit ihrer unausgesprochenen „Lass-Mutti-Machen“-Attitüde Wähler und Wählerinnen hielt.

Die Grünen sind kein Opfer von Woidke, sondern sie haben es bislang nicht verstanden, neben der Ablehnung mancher politischen Vorstellungen angemessen auf das ihnen entgegenschlagende Misstrauen zu reagieren, zu stark persönliches Leben des einzelnen regulieren zu wollen. Einzelne Medien und Konkurrenten konnten das verstärken, so dass selbst Friedrich Merz, nicht unbeteiligt daran, erklärt, „ihn erschrecke die Intensität dieser Anti-Stimmung“. Hierin komme eine ernst zu nehmende, „Radikalisierung der politischen Sprache zum Ausdruck, die das Klima im Land vergiftet“. Dies sei „inakzeptabel“. ((https://www.zeit.de/…/friedrich-merz-kritik-hass-gegen…„).

Aber dafür trägt nicht Dietmar Woidke die Schuld. Er hat sich vielmehr um die politische Kultur verdient gemacht, weil er durch sein persönliches Beispiel demonstrierte, dass er bereit ist, in dieser Wahl die Konsequenzen zu ziehen, wenn die Wähler sein Angebot nicht annehmen. Er wirkt damit zugleich gegen das verbreitete Zerrbild des beliebigen Politikers, nur getrieben vom Willen zum Amt. Dass dabei auch Zahlen hinter den Komma entscheiden können, entspricht nun einmal dem Charakter von Wahlen.