Die Bossin – Interview mit Marina Buzunashvilli

ab heute erhältlich im Penguin Verlag

Marina-Buzunashvilli. Bildquelle: Julia Meyn

Heute veröffentlicht Marina Buzunashvilli – eine der einflussreichsten Größen im deutschen Musikbusiness – ihr Buch DIE BOSSIN im Penguin Verlag. Lesen Sie im Folgenden Ausschnitte des Interviews zum Buch :

Liebe Marina, um was geht es in deinem Buch „Die Bossin“?

Um meine persönliche Geschichte, meine Entwicklung beruflich und privat. Um die kleine Marina aus Berlin-Kreuzberg mit wenig Perspektive und dem großen Traum von einer Karriere in der Musikbranche, den sie Jahre später auch in die Tat umsetzt. Um den Weg eines sehr traurigen und wütenden Mädchens zur Frau, und auch um die Branche, in der sie arbeitet, um zu überleben. Der Titel „Die Bossin“ wird ebenfalls genauer erklärt, denn die Bossin in mir ist der Überlebensinstinkt, den ich als Kind entwickelt habe. Die Bossin passt auf die kleine Marina auf. Die Bossin hat Marina mit 20 Grundregeln an die Spitze der Musikbranche gebracht und hat alle Hürden im Leben gemeistert, besonders die Verluste innerhalb meiner Familie.

Wer sollte „Die Bossin“ lesen?
Ich habe dieses Buch für jede:n geschrieben, der sich als Underdog fühlt; für jede:n, der denkt, er passe nicht in unsere Gesellschaft; für jede:n mit einem Traum und einer Passion und für jede:n, dem man gesagt hat, dass aus ihm nichts wird. Mein Buch zeigt meinen Weg von dieser Person, die dachte, sie habe niemals eine Chance zu einer Person, die anderen Menschen die Tür aufmacht. Jede Marina nach mir – egal welcher Herkunft, welches Geschlecht oder welche sozialen Struktur – soll wissen: eine Leidenschaft für etwas, kann dich ganz weit bringen, nur darf man sich dabei nicht verlieren…

Marina, du bist bekannt als „die Königin der Promo“, „die Rapper-Flüsterin“ oder auch „the hardest working woman in the game“. – Was unterscheidet dich von anderen Frauen in der Musikbranche?
Nichts unterscheidet mich von den anderen Frauen im Game, wir alle arbeiten hart und wir alle sind verdammt gut darin. Ich hatte nur das Privileg und leider auch die harte Aufgabe, eine der ersten Frauen zu sein. Somit bin ich eine Pionierin mit ganz vielen tollen Nachfolgerinnen ❤️
Man darf bei mir nicht vergessen, dass ich sehr hungrig war (und bin). Das musste ich sein, denn ich komme aus dem Nichts. Ohne Backup musste ich viel mehr leisten als Menschen, die dieses Problem nicht haben, vielleicht hat mich das einfach mehr angetrieben – aber leider auch kaputt gemacht. Daher freue ich mich, wenn sich die neue Generation bessere Grenzen setzt als ich damals 🙂

Warum funktioniert die Musikindustrie für Männer immer noch anders bzw. besser? 
Männern wird leider immer noch mehr zugetraut. Man traut ihnen härtere und bessere Entscheidungen zu – ohne den emotionalen Bonus, den man uns Frauen zuspricht –, den es aber genau HIER in einem „People Business“ braucht. Musik ist Emotion! Ein weiterer Grund ist, dass die Musikindustrie Diversität als Checkliste sieht. Es gibt zwar immer mehr Frauen in der Branche, aber es gibt noch viel zu wenige „Bossinnen“ und vielmehr noch: es gibt zu wenige Frauen mit Migrationshintergrund. Viele Entscheider:innen in der Branche denken, wenn die Unternehmen 50% Frauen einstellen, ist das divers. DAS IST FALSCH. Dieses Problem wird sich auch nicht ändern, wenn wir Frauen die Vorgehensweise „Girls Support Girls“ nicht selbst endlich ernst nehmen.

Dein Buch wartet mit 20 Rules für den Weg zum Erfolg auf. Welche Rule ist die wichtigste, um eine „Bossin“ zu werden? Warum?
Die Regel „Hass mich jetzt, lieb mich später“ habe ich privat und auch beruflich sehr oft angewendet. Mir ist lieber, ich bin für einen Moment der Spielverderber und das Korrektiv, aber auf lange Sicht schütze ich den Menschen oder das Projekt. In jeglicher Hinsicht habe ich Konsequenzen für diese Regel zu spüren bekommen, doch ich würde sie immer wieder anwenden.

Wie gehst du mit Schwächen um?
Heute ganz anders als früher. Früher kam zur Schwäche eine Riesenportion Selbsthass und das führte zu Angstzuständen und Panikattacken. Ich nenne es die „Pyramide der Angst“. Heute lebe ich meine Schwächen aus. Wenn ich weiß, ich habe Schwächen, lasse ich sie zu, solange sie niemandem schaden. Ich versuche, meine Schwäche zu verstehen und entweder ich arbeite daran oder ich begreife einfach, dass sie zu mir gehört. Ich lehre auch meine jüngeren Kolleginnen, mit ihren Schwächen umzugehen, sie zu hören, sie zuzulassen und sich mit „Allys“ auszutauschen, um sich weniger alleine zu fühlen.

Was bedeuten Empowerment und Support für dich?
Für mich bedeuten Empowerment und Support ALLES. Ich habe die letzten fünf Jahre meiner Karriere den jungen Menschen, mit denen ich arbeite, gewidmet. „Empowerment und Support“ wurde meine neue Erfolgsformel: wenn mein Umfeld erfolgreich und zufrieden ist, bin ich es auch. Ich selbst habe das Glück, dass ich mich durch meine engsten Vertrauten immer supportet fühle. Für mich ist das Wichtigste, dass ich als Rolemodel die Menschen empowere, die in anderen noch keine Identifikationsperson entdeckt haben. Menschen aus strukturell schwierigen Verhältnissen, „Hustler“ und jüngere Kolleginnen, die, wenn sie mich sehen, wissen: man kann auch SO sein und erfolgreich sein. Denn ich bin keine typische Person, die man sich in Entscheider-Positionen vorstellt.

Welchen grundlegenden Rat würdest du der jungen Marina aus der Sicht von heute geben?
Ich würde ihr gerne sagen, dass sie viel mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen und ihr junges Leben mehr genießen soll – und auch, dass sie keine Alleinkämpferin sein muss. Aber ich würde ihr auch sagen, dass manchmal der Weg das Ziel ist und sie sich über jeden Erfolg, auch die kleinen Dinge, freuen soll.

Danke für deine Zeit, liebe Marina 🙂