„Wir werden unsere Art zu leben verteidigen“, betont Hendrik Wüst. Gleichzeitig sagen weitere Städte ihre Stadtfeste ab
Was denn nun? Verteidigen oder absagen?
Während die Nutzer gepanzerter Dienstwagen gratismutig vom Verteidigen schwadronieren suchen die alleingelassenen Bewohner des Landes Schutz in ihren Gemeinden und Städten seit 2015 hinter Merkelsteinen. Viele sich-ungeschützt-Fühlende sagen auch Merkellego dazu.
Wer seine Außengrenzen nicht kontrollieren will, der muss im Lande wieder Mauern – Merkelsteine – um seine öffentlichen Plätze bauen. So hängen die Dinge zusammen.
Vor 2015 brauchte keine Stadt dieser Republik solcherart Abwehrtechnik gegen Einmann mit Auto. Gegen Einmann mit Messer oder Machete hilft nicht mal Merkellego. Einmann oder auch Messermann lernte die Gesellschaft auch erst ab 2015 kennen. Vorher war das ein in diesen Breiten unbekanntes Wesen.
Die Menschen im Lande werden allein gelassen, wer die Missstände benennt, bekommt das Kainsmal Nazi auf die Stirn und statt den Tätern wird ihm das Leben schwer gemacht. Eine perverse Situation.
Wer Stadtfeste aus Angst vor Einmann mit Auto oder mit Messer absagt, der erfüllt den ersten Wunsch der Täter: Wir sollen unsere Art zu leben aufgeben. Unterwerfung nennt das Houellebecq.
Es wird wohl nicht nur keine Stadtfeste mehr geben. Das Vermeiden öffentlicher Freuden und Gesangs steht ebenso auf der endlos-Wunschliste von Einmann.
Wie wäre es mit einer Stadtfestbewegung von unten? Können wir hier nicht mehr sicher feiern, dann halt bei Freunden. Die feiern sicher mit und Gastgeber sind sie auch gern.
Deutsch-Polnische und Deutsch-Ungarische Städtepartnerschaften gibt es bereits jetzt viele, weitere können verabredet werden. Dort wird noch so gefeiert, wie es in Deutschland bis 2015 allerorten möglich war. Frauen können dort nachts sicher durch die Straßen, die Jugend kann noch sicher in öffentliche Bäder und an öffentliche Strände gehen. Unsere Lebensart wird nicht hier, aber immerhin dort noch geschützt.
Wie wär‘s mit organisierten Städte- und Gemeindefahrten von unten in polnische und ungarische Partnerstädte? Statt Geld für Merkelsteine besser die schönen Feste woanders sicher feiern, oder?
Dem Völkerverständnis dürfte das ebenso dienen wie der Reisebranche. 1989 nach dem Fall der Mauer klappte das auch wunderbar. Die vordem den Bonzen vorbehaltenen Städtepartnerschaften zwischen bundesdeutschen und DDR-Städten konnten plötzlich von und mit freiem Volk gelebt und gefeiert wurden.
Solingen pflegt bspw. Partnerschaften mit Aue-Bad Schlema (Sachsen), Blyth (Großbritannien), Chalon-sur-Saône (Frankreich), Gouda (Holland), Jinotega (Nicaragua), Ness Ziona (Israel), Thiès (Senegal). Der Klingenstadt (Eigenbezeichnung auf der Homepage) wäre zum Beispiel das ungarische Eger ans vielfältige Herz zu legen.
Eger besitzt wie Solingen eine reiche Klingenerfahrung. „Im September und Oktober 1552 wurde Eger/Erlau fünf Wochen lang von osmanischen Truppen (angeblich 100.000) unter Kara Ahmed belagert. 2500 Männer und Frauen konnten unter dem Kommando des habsburgtreuen István Dobó die Stadt bis zum 17. Oktober verteidigen. Dann sahen sich die Türken gezwungen, aufgrund des Endes der Kampfsaison die Belagerung abzubrechen.“
Nicht nur die Burg in Eger ist eine zeitgeschichtlich bedeutsame Attraktion, auch für Solinger. Die typisch ungarische Stadt ist ausgesprochen schön und wunderschön in die Umgebung gebettet. Auch die Weinkultur mit ihren sehr vielen Weinkellern und natürlich die ungarische Küche sind eine sichere Reise wert.
Der Dichterfürst Goethe dichtete „Wer sich den Gesetzen nicht fügen will, muss die Gegend verlassen, wo sie gelten.“ Ich füge hinzu, wer die eigenen Gesetze nicht für alle gleich anwendet, der bekommt die Quittung in Wahlen und vertreibt seine eigenen Leute.
Quelle: Weißgerber – Freiheit