- Ronja Kemmer über Chancen und Risiken der KI
- KI nutzt den Menschen bereits als Helfer im Alltag
- Die Entwicklung nicht verschlafen
Künstliche Intelligenz (KI) – so fantastisch sie manchen Menschen noch anmuten mag – ist dabei, unser Leben zu verändern: in der Landwirtschaft, der Medizin oder der Produktion, aber auch in der Finanzbranche, der Kommunikation oder beim Militär. Ein Gespräch darüber mit der stellvertretenden Vorsitzenden der AG Digitales, Ronja Kemmer.
Frau Kemmer, in welchen Bereichen greifen Sie auf die Unterstützung von KI zurück?
Kemmer: Wir alle nutzen KI bereits in unserem Alltag und für unsere Arbeit. Oft denken wir darüber gar nicht nach. Interessant ist: Wenn Menschen bei Umfragen allgemein zu ihrer Einstellung zu KI befragt werden, äußern sie oft immer noch grundsätzliche Skepsis . Gleichzeitig freuen wir uns aber alle, wie sehr intelligente Spamfilter in unseren E-Mail-Programmen, das Navi oder Online-Übersetzungsfunktionen das Leben angenehmer machen.
Natürlich habe ich auch schon KI-Tools für meine Arbeit ausprobiert und eingesetzt, gerade auch LLM-Anwendungen, also Sprachmodelle. KI bietet sehr gute Möglichkeiten, Arbeitsprozesse vorzusortieren, Arbeitsschritte zu vereinfachen. KI kann uns also als guter Helfer dienen.
Entscheidungen muss jedoch der Mensch selbst treffen. Bei meiner Arbeit hat die individuelle und persönliche Ansprache sowie die Nähe zu den Menschen oberste Priorität.
Wie wird KI unsere Arbeitswelt verändern? Werden unsere Jobs alle überflüssig?
Kemmer: KI wird unsere Arbeitswelt auf jeden Fall verändern. Es kommt aber nicht der Tag X, an dem das losgeht, wir sind schon mittendrin im Prozess.
Ich finde es wichtig, dass wir chancenorientiert denken. Denn Ängste, dass eine Technologie Arbeitsplätze wegnimmt, hat es schon immer gegeben, auch damals bei der Einführung der Dampfmaschine oder des Computers. Sie haben sich so nie bewahrheitet, denn es sind ja im Zuge von Innovationen auch immer neue Jobs entstanden.
„Bereitschaft zu lebenslangem Lernen fördern“
Um KI erfolgreich in die Arbeitswelt zu integrieren, müssen Menschen produktiv mit ihr umgehen. Das können wir gut schaffen, wenn wir neugierig und offen bleiben. Die Politik muss bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen fördern. Dabei ist klar: Nicht jeder muss zum „KI-Experten“ werden, aber wir alle müssen unsere KI-Kenntnisse ausbauen, unsere Fähigkeiten rund um KI und KI-basierte Arbeitsprozesse erweitern.
Wo liegen die größten Chancen und welche Risiken muss man sorgfältig einhegen?
Kemmer: Die Liste der Chancen ist sehr lang. Aus volkswirtschaftlicher Sicht beispielsweise ist ein entschlossener Einsatz von KI einer der wichtigsten Faktoren, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. KI bietet auch riesige Chancen im Bereich Gesundheit. So lässt sich die Bekämpfung von Krebs revolutionieren. Oder: Mittels Stimmerkennung lassen sich neuronale Erkrankungen schon sehr früh erkennen.
Mit KI können wir eine echte digitale Verwaltung aufbauen, die für Bürger und Unternehmen rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche Serviceleistungen erbringt. Im Bereich Inklusion können wir mit KI Barrieren abbauen – etwa mit KI-Anwendungen für blinde Menschen, die Bilder in Worten beschreiben. Menschen mit einer Hörschädigung können 3D-Avatare als Sprachassistenten zur automatisierten Gebärdenübersetzung nutzen.
Was die Risiken angeht, so liegen sie in Technologien wie Deepfakes, also wenn KI-Technologien dafür eingesetzt werden, um Desinformation zu verbreiten. Riskant ist es andererseits, bei KI die Entwicklung zu verschlafen und international den Anschluss zu verpassen. Das darf uns nicht passieren.