Der Verein Rüsselheim e.V., die größte Nutztierrettungsorganisation in Deutschland, hat aufgrund der geplanten und durch einen Bürgerentscheid vermeintlich legitimierten Tötung von 700 Tauben in Limburg Strafanzeige gegen die Verantwortlichen gestellt.
Erschüttert erfahren wir von einem widerwärtigen Wahleklat aus Limburg: Parallel zur Europawahl durften die Limburger Bürger auch über Leben und Tod andersartiger Stadtbewohner entscheiden: die Tauben. Das allein hat bereits einen besonderen Geschmack und erinnert an finstere Zeiten, als solche Entscheidungen nicht durch das geltende Recht geregelt, sondern zu einer Mehrheitsenscheidung des Volkes gemacht wurden. Was so unschuldig basisdemokratisch daherkommt bedeutet tatsächlich, dass Demokratie zu einem Gegenspieler des Rechts gemacht wird. Das darf nicht sein, dass Mehrheiten das Recht aushebeln, während das Recht gerade die Aufgabe hat, die Minderheiten und Machtlosen zu schützen.
Die Entscheidung ist jedenfalls gefallen und setzt diesem fragwürdigen Vorgehen einen schrecklichen Endpunkt: Die Limburger stimmten mit knapper Mehrheit dafür, dass 700 Tauben der Hals umgedreht wird. Die Tiere sollen per Genickbruch ums Leben gebracht werden, weil sie nach dem subjektiven Empfinden von Herrn und Frau Meier-Spießer zu viele sind. Konkret: Dass geschätzte (!) 700-1000 Tauben für eine 36.500-Einwohnerstadt „zu viele“ sind.
Es steht die dringende Frage im Raum, ob die beabsichtigte Tötung der Tiere überhaupt rechtmäßig ist. Das Verwaltungsgericht in Stuttgart hat bereits vor Jahren zu einem vergleichbaren Fall geurteilt, dass die Tötung von Tieren allenfalls nur das letzte Mittel sein darf, wenn alle milderen Mittel gescheitert sind. Immerhin haben wir noch ein Tierschutzgesetz, das nicht nur Quälereien sanktioniert, sondern auch das Leben von Tieren grundsätzlich unter Schutz stellt und damit das reine Existenzrecht der Tiere zu einem schützenswerten Gut erklärt. Wo leben wir eigentlich, wenn die rechtlichen Grundlagen per Mehrheitsbeschluss ausgehebelt werden können?
Grundsätzlich gibt es sehr erfolgreiche und schonende Möglichkeiten, die Taubenpopulation in den Städten zu regulieren. Insbesondere betreute Taubenhäuser stellen eine artgerechte Ernährung und damit auch die Gesundheit der Tiere sicher und binden die Tiere an einen Brutplatz, wo der Austausch der Eier durch Gipsatrappen leicht möglich ist und damit die Anzahl von Nachkommen mittelfristig und dauerhaft stark reduziert werden kann.
Es ist längst bekannt, dass die gezielte Tötung von Tieren nur dazu führt, die Geburtenrate bei der Population zu erhöhen, sodass eine Massentötung allenfalls kurzfristig zu einer Reduzierung eines Bestandes führt. Die Methode ist also an sich eine Augenwischerei. Man fragt sich also, warum gewisse Kreise trotzdem so erpicht aufs Töten sind. Sollen hier latente Aggressionen kanalisiert werden und die Tauben erfüllen hier tatsächlich nur die Aufgabe eines Blitzableiters oder Sündenbocks? Wer hat das nötig?
Diese Tiere haben jedenfalls den Hass un die Gewalttätigkeit nicht verdient. Einerseits sind sie Opfer einer systematischen und PR-mäßig professionell durchgezogenen Verleumdungskampagne, die sie bar jeder Realität und völlig unwissenschaftlich als Krankheitsüberträger und Gebäudezerstörer brandmarkt, die sich ins Uferlose vermehren, wenn man sie leben lässt. Längst ist nachgewiesen, dass diese Behauptungen glatte Lügen sind, die nur den Boden bereiten sollen, dem geplanten Vernichtungsfeldzug die dafür nötige Rückendeckung in der Bevölkerung zu verschaffen. Es ist bösartige Manipulation. Und es gelingt offensichtlich auch, das Bewusstsein der Bevölkerung mehrheitlich auf Hass zu programmieren. Hass auf Tiere, die mit ihrer Intelligenz, Sanftheit und Treue eigentlich nur das Beste verdient hätten.
Wir plädieren dringend, von dem geplanten und offensichtlich rechtswidrigen Vernichtungsfeldzug gegen das Friedenssymbol Taube Abstand zu nehmen und statt dessen mit den vielen engagierten Taubenschützern zusammenzuarbeiten, Taubenhäuser zu errichten und mit diesen Methoden das Zusammenleben von Menschen und Tauben nachhaltig kultiviert zu gestalten. Miteinander und nicht gegeneinander.