Zu jeder Umfrage zur Bundestagswahl gehört die Information, welche Koalitionen eine parlamentarische Mehrheit hätten. In der Regel sind das eine Koalition aus CDU/CSU und SPD sowie eine „Jamaika-Koalition“ aus CDU/CSU, Grünen und SPD. Die derzeitige Ampel-Koalition (SPD, FDP, Grüne) hat aus heutiger Sicht keine Chance bei Bundestagswahlen, sie kommt nur noch auf 31 Prozent. Über 20 Prozentpunkte weniger als bei der Bundestagswahl 2021.
Die beiden anderen Konstellationen wären aber schon bei der derzeitigen Zusammensetzung des Bundestages möglich: Schwarz-Rot ginge, nur unter umgekehrten Vorzeichen – die SPD stellt den Kanzler. Darauf dürfte sich die Union, die bei aktuellen Umfragen doppelt so stark ist, nicht einlassen. Aber auch für ein Jamaika-Bündnis würde es reichen. Auch CDU/CSU, Grüne und FDP hätten im aktuellen Bundestag eine Mehrheit.
Wir wollten im jüngsten INSA-Meinungstrend wissen, welche der beiden möglichen Regierungskoalitionen im aktuellen Bundestag sich die Befragten wünschen: 22 Prozent sprechen sich für die Ampel-Koalition aus, 26 Prozent für eine Jamaika-Koalition. Bei dieser Auswahl sagt die Mehrheit (52 Prozent), man wisse nicht, was man bevorzuge (33 Prozent) bzw. mache dazu keine Angabe (19 Prozent). Beide Konstellationen offensichtlich unbeliebt.
Interessant ist der Blick auf die Wählerschaften der betroffenen Parteien: Zwei Drittel der SPD-Wähler (65 Prozent) und 56 Prozent der Grünen-Wähler sind für die Ampel, aber nicht einmal jeder vierte FDP-Wähler (23 Prozent). 57 Prozent der Unionswähler favorisieren eine Jamaika-Koalition, ebenso fast jeder zweite FDP-Wähler (49 Prozent). Die FDP ist – aus der Sicht ihrer Wähler – ganz offensichtlich in der falschen Koalition. Der Zuspruch für Jamaika ist mehr als doppelt so groß wie für die Ampel. Anders bei den Grünen – nur jeder siebte Grünen-Wähler (14 Prozent) ist für ein Jamaika-Bündnis.
Wenn nach Umfragen gesagt wird, was rechnerisch ginge, darf meines Erachtens nicht verdrängt werden, ob die möglichen Koalitionen überhaupt gewünscht sind. Rechnerisch mögliche Mehrheiten reichen nicht aus. Es geht darum, welche Mehrheiten sowohl von den Parteien politisch gewünscht als auch von den Wählern politisch gewollt sind. Parteien, die vergessen, wofür sie ihre Wähler gewählt haben, dürften dafür abgestraft werden. Nach der Wahl ist vor der Wahl.