Bodo Ramelow meldet sich ausgerechnet zum 75. Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes mit dem Vorschlag zu Wort, das Grundgesetz unter Anwendung von Artikel 146 einer Volksabstimmung zu unterziehen. Er möchte damit sogenannten „Reichsbürgern“ den Wind aus den Segeln nehmen, die die Rechtmäßigkeit unserer Verfassung in Zweifel ziehen. Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet ein exponierter Vertreter der Linken in dieser mindestens unbedarften Weise die Legitimität unseres Grundgesetzes indirekt selbst in Frage stellt. Wer über Artikel 146 redet, sollte dies jedenfalls frei von jedweder Legitimitätserwägung tun. Egal ob man sich im gleichen Atemzug davon distanziert oder nicht. Darum sei an diesem Tag daran erinnert: Der 23. Mai 1949 hat seit dem 3. Oktober 1990 Verbindlichkeit für unser gesamtes deutsches Volk. Das war nicht das Ergebnis einer westlichen Übernahme, sondern vor allem auch Ausdruck des demokratischen Willens der Deutschen in der damaligen DDR. Sie waren es, die am 18. März 1990 den Parteien einen Erdrutschsieg verschafften, die auf einen Beitritt der DDR nach Artikel 23 drängten. Bundespräsident Richard von Weizsäcker verkündete im Moment des Beitritts vor dem Reichstagsgebäude vor Millionen jubelnder Menschen auch mit Bedacht Worte, die aus der Präambel unseres Grundgesetzes entlehnt waren: „In freier Selbstbestimmung wollen wir die Einheit und Freiheit Deutschlands vollenden. Für unsere Aufgaben sind wir uns unserer Verantwortung vor Gott und den Menschen bewusst. Wir wollen in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt dienen.“ Das gilt ohne Abstriche bis heute. Das Grundgesetz ist und bleibt ein Glücksfall für das gesamte deutsche Vaterland.