Von Anfang an war er dabei, als Daland in München. Regie-Revoluzzer Peter Konwitschny wollte, konnte nicht auf ihn verzichten, als er Richard Wagners „Fliegenden Holländer“ unter der Ägide von Staatsopern-Intendant Sir Peter Jonas vom Bolschoi-Theater Moskau ans Nationaltheater München holte. Das war vor gut einem Jahrzehnt. Mit dieser dem lebenden finnischen „General“-Bass Matti Salminen geradezu auf den mächtigen Leib geschriebenen Partie verabschiedete dieser sich nun von der Opernbühne.
Zweimal gab es im Rahmen der diesjährigen Münchner Opernfestspiele den „Holländer“, beide Male im nahezu ausverkauften Haus. Die Besetzung hat sich total geändert – vom Dirigenten (Asher Fisch, der um Buhs nicht herumkam) über Steuermann (jungenhaft, agil, höhensicher: Dean Power), Mary (in ihrem Element: Okka von der Damerau), Erik (Wookyung Kim, zurecht gefeiert ob seines aufrechten Tenors), Senta (große Heroinen-Stimme: Catherine Naglestad) bis zum Titelhelden (Johan Reuter, der sich wacker schlug). Einzig der Daland des Matti Salminen blieb als Fels in der Brandung.
Konwitschny, der in zwei „historisch-romantische“ Akte 1 und 3 einen modernen, bei der Premiere 2006 geteilte Publikumsakzeptanz auslösenden Fitnessroom-Aufzug einbaute, schickte darin seinen Daland aufs Tretrad. Vor zehn Jahren noch hielt Salminen ein paar Takte länger drauf aus, heute, mit 71 Jahren, strampelt er nur noch zwei kurze Runden. Was nicht heißt, dass dem Hünen die Luft ausgehen würde. Er schaffte seine Partie, vom Duett mit dem gestrandeten Käpt`n vom zerfetzten Todesschiff bis zur verschlagen aufgedrehten Senta-Begrüßungs-Szene. Daland ist eine dankbare Abschieds-Rolle, weil heikle Passagen mit Spielbass-Nonchalance überstanden werden können.
Im Komödiantischen ist der in Turku geborene satte Bass sehr wohl auch zu Hause, etwa mit Mozarts Osmin, selbst wenn er, zumal in München, wo er 2003 Bayerischer Kammersänger wurde, vor allem die ernsten Figuren gab – nein, sie jeweils unvergesslich formte und ihnen seine machtvolle, zupackende Stimme lieh: König Marke, Rocco, Hagen, Landgraf, Pogner, Hunding, Komtur, Gurnemanz. Fehlen noch Sarastro und der König Philipp in Verdis „Don Carlo“. Mit dieser Rolle stieg Matti Salminen ins Opernsängermetier ein, damals, in Helsinki, war er erst knackige 24. Als er vor zwei Jahren noch einmal zu seiner ergreifenden, Mitleid erregenden Beziehungskrise mit der Arie „Sie hat mich nie geliebt“ anhob, in Salzburgs Großem Festspielhaus, merkte man Salminens noch ausdrucksgewaltigem Organ die Jahre schwerer Arbeit und auch Verausgabung an. Glanz und Geschmeidigkeit haben wohl nachgelassen, nicht aber Präsenz und Präzision.
Es war also an der Zeit, abzutreten. Der Recke streckte jedenfalls jetzt die Waffen, was seine Münchner Auftritte angeht. So viele Fans hat er in seinem Opernleben gesammelt – von New York über London, Barcelona, Wien, Berlin, vor allem – nach Köln – Zürich, bis zu den Festivals von Bayreuth, Salzburg, Savonlinna. So viele Opernfreunde werden den Finnen vermissen, der nach seinem Landsmann Talvela mit dem gleichem Vornamen (aber mit „r“ vor dem ersten „t“) über Jahre hinweg die nordischen Bässe der Opernbühnen der Welt vertrat wie kein zweiter seiner Zunft. Mit Wehmut wird Matti Salminen von den Münchnern in den Ruhestand entlassen. Seine zahlreichen Einspielungen auf Platte oder Zelluloid erhalten ihn lebendig. Wer gar nicht lassen kann von Matti, der reise im Herbst nach Berlin, wo er noch einmal den Rocco im „Fidelio“ geben wird.
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