Ist das Kabinett des EU-Justizkommissars in Ordnung?

Christian Wigand (Spokesperson European Commission)

Desinformation durch die EU-Kommission ist möglich. Die Verantwortung für heikle Dokumente im Justizressort wurde einer Mitarbeiterin mit chinesischen Wurzeln übertragen.  Pressesprecher ist ein Österreicher. Bei Anfragen zu Verletzungen der Grundrechte soll er die Stellungnahme für die EU geben. Zuvor war er im Justizministerium in Wien tätig. Von Johannes Schütz.

Christian Wigand war Pressesprecher im österreichischen Justizministerium, zuerst von Ministerin Beatrix Karl, dann von Minister Wolfgang Brandstetter. 2014 wurde er Pressesprecher der EU-Kommission. In Brüssel ist er jetzt Spokesperson für die Themen Justiz und Rule of Law. Auch bei Problemen mit der Charta für Grundrechte der Europäischen Union und Vertragsverletzungsverfahren agiert Wigand als Sprecher der Europäischen Kommission.

Durch seine Tätigkeit in Wien ist Wigand fraglos mit den Gepflogenheiten im österreichischen Justizministerium eng vertraut. Er wurde dort als Pressesprecher unterrichtet, wie prekäre Anfragen zu beantworten sind, also Recherchen über Amtsmissbrauch und Korruption. Somit kennt er die entwickelten Standardfloskeln, die die zuständigen Mitarbeiter des Justizministeriums in solchen Fällen stets wiederholen sollen. Das betrifft auch Verletzungen des Eigentumsrechts bei zivilrechtlichen Angriffen mit willkürlichen Vermögensübernahmen.

Da ein solches Verhalten im Justizministerium in Wien durchaus üblich ist, muss die Entsendung von Wigand nach Brüssel kritisch betrachtet werden. Als Sprecher für Justiz der Europäischen Kommission wurde er von der österreichischen Politik in eine wichtige Position gebracht. In dieser Funktion verfügt Wigand über die Möglichkeit, Presseanfragen an die Europäische Kommission zu blockieren.

Desinformation durch Europäische Kommission

Die Europäische Union könnte auch für Desinformation verantwortlich sein. Eine solche Fehlinformation geschieht, wenn Spokesperson Wigand falsche Aussagen gibt, etwa zu Verletzungen der Grundrechte und bezüglich der entsprechenden Verfahren nach Artikel 7 des Vertrags von Lissabon.

Diesbezüglich muss bemerkt werden, dass im März 2018 auch Wolfgang Brandstetter, der ehemalige Justizminister der Republik Österreich, als Sonderberater nach Brüssel berufen wurde, von der damaligen tschechischen Jusitzkommissarin Vera Jourová. Brandstetter sollte die Rechtsstaatlichkeit und die Qualität der Justizsysteme in den Mitgliedsländern der EU beurteilen. Zu diesem Zeitpunkt wurden Artikel-7 Verfahren gegen Ungarn und Polen eingeleitet, vom Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission, da Verfehlungen bei den Grundrechten konstatiert wurden. Brandstetter hatte offensichtlich die Aufgabe, wie man schon damals erkennen konnte, diese Verfahren abzuwehren. Sein früherer Mitarbeiter Wigand könnte, als Spokesperson der Europäischen Kommission, dafür ebenfalls von entscheidender Bedeutung sein.

Es darf nicht geschehen, dass Ermittlungen bereits von Wigand unterbunden werden, wesentliche Hinweise auf Verletzungen der Grundrechte und Verlust der Rechtsstaatlichkeit ignoriert werden. Es ist jedenfalls erforderlich, dass diesbezügliche Presseanfragen weitergeleitet werden, an Beamte der Europäischen Union, die die Fakten  überprüfen, als Grundlage für die Stellungnahme der Europäischen Kommission.  Deshalb muss die Tätigkeit von Wigand als Spokesperson für die Europäische Kommission genau untersucht werden, von unabhängigen Experten.

Zugang zu heiklen Dokumenten

Dies gilt auch für die Funktion von Shun Hua Wang, sie ist eine persönliche Assistentin des belgischen Justizkommissars Didier Reynders. Ihr Aufgabenbereich wird dabei beschrieben: „Access to documents coordination„. Damit verfügt Wang über Zugang zu Dokumenten im heiklen Justizressort der Europäischen Kommission.

Die Familie von Shun Hua Wang ist chinesischer Herkunft, ihre Muttersprache als native speaker ist Chinesisch. Wang besuchte die Saxion Hogeschool in Enschede und absolvierte als Advanced Master an der Université Saint-Louis in Brüssel.

Sollte man in der Europäischen Kommission auf die Mitarbeit von Shun Hua Wang nicht verzichten wollen, aufgrund ihrer herausragenden Fähigkeiten, so bleibt dennoch die Frage, ob es tatsächlich erforderlich ist, sie im prekären Justizressort einzusetzen, mit besonderem Zugang zu Dokumenten. Vielleicht könnte man internationale Beziehungen für die ursprüngliche Chinesin in Erwägung ziehen.

Es dürfte dringend erforderlich sein, dass strenge Sicherheitsüberprüfungen für Mitarbeiter der Europäischen Kommission durchgeführt werden. Nur auf diese Weise kann das Vertrauen in die Europäische Union hergestellt und abgesichert werden.

 

Links:

Anfrage an die Präsidentin der Europäischen Kommission
Tabula Rasa Magazin, 12. 2. 2024
In Österreich sind gravierende Verletzungen des Eigentumsrechts gegeben. Maßnahmen der EU-Kommission sind erforderlich. Präsidentin Ursula von der Leyen wird um eine Stellungnahme angefragt.
www.tabularasamagazin.de/johannes-schuetz-anfrage-an-die-praesidentin-der-europaeischen-kommission

Struktur der massenweisen Enteignung: Das österreichische Justizministerium
Tabula Rasa Magazin, 13. 10. 2017
Verletzungen des Eigentumsrechts in Österreich. Staatliche Institutionen in der Kritik. Ein Blick in die zuständigen Abteilungen des österreichischen Justizministeriums.
www.tabularasamagazin.de/struktur-der-massenweisen-enteignung-das-oesterreichische-justizministerium

Finanzen

Über Johannes Schütz 107 Artikel
Johannes Schütz ist Medienwissenschafter und Publizist. Veröffentlichungen u. a. Tabula Rasa Magazin, The European, Huffington Post, FAZ, Der Standard (Album), Die Presse (Spectrum), Medienfachzeitschrift Extradienst. Projektleiter bei der Konzeption des Community TV Wien, das seit 2005 auf Sendung ist. Projektleiter für ein Twin-City-TV Wien-Bratislava in Kooperation mit dem Institut für Journalistik der Universität Bratislava. War Lehrbeauftragter an der Universitat Wien (Forschungsgebiete: Bibliographie, Recherchetechniken, Medienkompetenz, Community-TV). Schreibt jetzt insbesondere über die Verletzung von Grundrechten. Homepage: www.journalist.tel