Preuße von Geburt und Überzeugung – Zum Tod von Peter Mast 2015

Erst jetzt wurde bekannt, dass Dr. Peter Mast, von 1990 bis 2000 leitender Mitarbeiter der heute in der Bonner Kaiserstraße ansässigen „Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen“, schon im Sommer 2015 in München verstorben ist. Als zum 30. Juni 2000 einem Dutzend ostdeutschen Kulturinstituten die staatliche Förderung entzogen wurde, ging er als Rentner nach München, wo er am 16. August 2015 verstarb. Er wurde 74 Jahre alt. Geboren wurde er am 15. Januar 1941 in Berlin-Lichterfelde als Sohn eines Ingenieurs, dessen Ehefrau aus Apolda in Thüringen stammte. Während der in den letzten Kriegsjahren unerträglich gewordenen Bombenangriffe der Angloamerikaner auf die Reichshauptstadt wurden die Eltern Herbert und Ilse Mast mit den vier Kindern nach Apolda in Thüringen evakuiert, wo Peter im Elternhaus der Mutter aufwuchs und wo er 1948 auch eingeschult wurde. Im Herbst 1953 aber kehrten Eltern und Kinder nach Berlin zurück und wohnten zunächst im Sowjetsektor, in Berlin-Mahlsdorf, das zum Stadtbezirk Lichtenberg gehörte.
In Berlin-Lichtenberg besuchte er auch die 1912 gegründete Immanuel-Kant-Oberschule, wo er im Juni 1960, damals 19 Jahre alt, das Abitur ablegte. Aber schon im September 1960 flüchtete die Familie Mast aus politischen Gründen nach Westberlin und wurde von dort in die Bundesrepublik Deutschland ausgeflogen. Im April 1961 bestand Peter Mast am Goethe-Gymnasium in Frankfurt/Main die Ergänzungsprüfung zum DDR-Abitur.
Im Sommersemester 1961 nahm er in München ein naturwissenschaftliches Studium auf, wechselte aber schon ein Jahr später zur Philosophischen Fakultät, wo er die Fächer Geschichte und Germanistik wählte. Die akademischen Lehrer, die ihn dort vornehmlich geprägt haben, waren die drei Germanisten Hermann Kunisch (1901-1991), Walter Müller-Seidel (1918-2010) und Helmut Motekat (1919-1996), der später eine „Ostpreußische Literaturgeschichte“ (1977) veröffentlichen sollte. Von dem Historiker Hans Rall (1912-1988)wurde Peter Mast im Februar 1978 mit einer Arbeit über „Künstlerische und wissenschaftliche Freiheit im Deutschen Reich. 1890-1901“ promoviert (in Buchform veröffentlicht 1980).
Von 1978 bis 1984 war er wissenschaftlicher Assistent am Historischen Seminar der Universität Mainz, wo er an seiner Habilitationsschrift „Allgemeinbildende Schulen in Preußen. 1817-1840“ arbeitete, die aber nicht abgeschlossen werden konnte, weil ihm, dem ehemaligen DDR-Bürger, der Zugang zum Staatsarchiv in Merseburg verwehrt wurde.
Seit Herbst 1984 war er freiberuflich tätig, veröffentlichte mehrere wissenschaftliche Abhandlungen und zog im Oktober 1986 von Mainz nach München. Dort wurde er Referent an der Volkshochschule und am Katholischen Kreisbildungswerk in Bad Tölz-Wolfratshausen. Seit dem Wintersemester 1987/88 nahm er einen Lehrauftrag für Neuere und Neueste Geschichte an der Fachhochschule München wahr.
Die letzten zehn Jahre seines Berufslebens verbrachte er in Bonn, wo er als Referent für Literatur in der „Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen für Wissenschaft und Forschung“ arbeitete. Hier war er zuständig für das Jahrbuch „Ostdeutsche Gedenktage“ und einige Jahre auch für die literaturwissenschaftlichen Fachtagungen, bevor Frank-Lothar Kroll das übernahm. Nach seinen Büchern über Thüringen, Ost- und Westpreußen, und „Die Hohenzollern in Lebensbildern“ (1988) veröffentlichte er als Rentner, als er schon in München lebte, sein letztes Buch „Mecklenburg und Vorpommern. 1000 Jahre Geschichte eines jungen Landes“ (2002).

Über Jörg Bernhard Bilke 261 Artikel
Dr. Jörg Bernhard Bilke, geboren 1937, studierte u.a. Klassische Philologie, Gemanistik und Geschichte in Berlin und wurde über das Frühwerk von Anna Seghers promoviert. Er war Kulturredakteur der Tageszeitung "Die Welt" und später Chefredakteur der Kulturpolitischen Korrespondenz in der Stiftung ostdeutscher Kulturrat.

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