„Auf an goidign Schimmi / reits Christkindl vom Himmi, / hat a Packi guati Sachn, / daß die Kinder grad lachn.“ Das ganze Gedicht, überschrieben mit „Altbayerische Weihnacht“, hat Anderl Estner vor 40 Jahren auswendig gelernt. Es verbreitete für ihn als Bub, wie er von seinem Lesetisch auf der von Dieter Mayr wundervoll vorweihnachtlich dekorierten Bühne des Haberkasten der oberbayerischen Kleinstadt Mühldorf a. Inn aus erzählte, eine „zauberhafte Stimmung“. Sollte er, der Anderl aus Fischbachau, in seinem Leben einmal nach Mühldorf kommen, dann würde er es dort gerne vortragen. Und das tat er dann auch, mit den Anfangszeilen am Beginn des feinen Alpenländischen Singens und Musizierens, zu dem die Kreisstadt einlud, und mit den Schlusszeilen am Ende der überaus gut besuchten und herzlich applaudierten „Alpenländischen Weihnachtssingens“.
Zwei Stunden war es im Haberkasten so leise und besinnlich, dass er zum Andachtsraum wurde. Ruhe und Gelassenheit ging schon vom Moderator aus, der mit sanfter Stimme den Ansager machte und vergnüglich belehrend durch den Abend führte. Zurückhaltend erwiesen sich aber auch die Sängerinnen und Spiel-Gruppen: der Sagschneider Dreigsang aus Lenggries, das Laubensteiner Bläserquartett und das Ensemble von Bernhard Kohlhauf. Mit seinen gekonnten, der Oboe eine Sonderstellung einräumenden Bearbeitungen setzte er musikalische Glanzlichter. Wohltuend: die Staadheit und Leichtigkeit der Landler, Gradtakter, Boarischen und Bläserstücke.
Heller, strahlender könne es, so Anderl Estner, in dieser von Dunkelheit heimgesuchten Zeit werden, wenn wir kleine Lichter anzündeten, um gegen die Nacht um uns herum anzukämpfen. Gemeint war das nicht nur im Blick auf die von der Sonne weitgehend verlassene Adventszeit, sondern auch in Bezug auf die krisengeschüttelten Jahre, die wir durchleben. In drei Schritten führte er, der vielen Anwesenden durch seine Rundfunk-Beiträge bekannt ist, zur Heiligen Nacht: von Mariä Verkündigung durch den Erzengel Gabriel über die Herbergssuche des heiligen Paares bis zur Geburt des Erlösers im Stall zu Bethlehem.
Zum Schluss kam Estner auf das anfangs zitierte Gedicht zurück: „Horch, da hört ma was singa / und a Musi tuat klinga: / O du heilige Nacht, / hat uns s Christkindl bracht“. So die letzten Zeilen. Geschrieben von dem Mühldorfer Lehrer und Dichter Franz X. Rambold (1883 – 1938). Sein Kollege James Krüss nahm Rambolds „Altbayerische Weihnacht“ 1959 in eins seiner Bücher auf.