Armes Schwesterlein! – Anna mit Daniel Prohaska – Eine Schau mit Widerhaken

Dankten für den Applaus: die Geschwister Daniel und Anna Prohaska mit Dirigent Andreas Partilla in ihrer Mitte. Foto: Hans Gärtner

„I love you sooouuu!“ Anna gesteht Bruder Daniel ihre durchaus nicht verbotene Liebe. Und Daniel erwidert sie und himmelt in einer Sprache, die niemand im Münchner Gärtnerplatztheater mit dem Kopf, aber mit dem Herzen versteht – wer kann schon Bretonisch? – sein armes kleines Schwesterlein an. (Beide trennen zehn Lebensjahre.) Arm? Anna muss sich wegen einer Erkältung durch den Intendanten entschuldigen lassen. „Na, wollen wir sehen, was wird!“, sagt sie tapfer. Trotz Widerhaken: eine Schau. Richard Rodgers, Jerome Kern, Leonard Bernstein – wer immer die Liebe zwischen Frau und Mann in die wogende Tonsprache des 20. Jahrhunderts goss: es war schon immer herzzerreißend, aufwühlend, umwerfend. Und wird es bleiben.

Dafür stand das Geschwisterpaar Anna (berühmter Sopran) und Daniel Prohaska (Tenor, Typ: Charmeur) einen ganzen Abend zusammen auf der Bühne, nach 15 Jahren war das Treffen nun geglückt. Die Eltern sind aus Wien angereist und Freunde und Familienmitglieder wollen die beiden endlich mal zusammen erleben. Mit dem von Daniel mehrmals hoch gelobten kleinen  Haus-Orchester. Herausragend: Peter Foggitt, Ekaterina Tarnopolskaja und Dirigent Andreas Partilla am Klavier. Dave Brubecks „A La Turk“ war ein Highlight Nr. 2 wie schon Vittorio Montis „Csárdás“ mit der famosen Konzertmeisterin Svetosar Anatchkov im ersten Teil.

Prohaska ist tschechisch und bedeutet „Spaziergang“. Auf eine Wanderung durch die Musiktheatergeschichte nahmen die beiden Vollblut-Künstler das ihnen zugeneigte Publikum mit. Sie begannen etwas krampfhaft mit G. F. Händels „Happy We“, luden zum Duettino Fenton/Anna aus den „Lustigen Weibern“ ein, hüllten sich in Kálmáns Sonnenschein aus „Gräfin Mariza“ und besangen Adams „Holy Night“. Die in Berlin fest engagierte Anna Prohaska hat Dvoráks Lied an den Mond schon gelöster und anrührender vorgetragen, und gewiss war ihr Übermaß an Gestik der körperlichen Beeinträchtigung geschuldet. Sie hat, dieser zum Trotz, nicht abgesagt. Und gezeigt, dass sie stimmlich um einiges mehr drauf hat als das Brüderlein.

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.