Das Münchner Instituto Cervantes wartet mit einigen Vorträgen über Zuloagas Werk auf – Ein Spanier der Sonderklasse

Ignacio Zuloagas imposantes Gemälde FRAUEN VON SEPÙLVEDA aus dem Jahr 1909. Foto HANS GÄRTNER

Er war 28, als er mit seinen Malsachen zu seinem Onkel in die beschauliche Kleinstadt Kastiliens, Segovia, zog, 90 Kilometer nordwestlich von Madrid, wo er, der Baske aus Eibar, zum Maler ausgebildet wurde. Kastilien, so Ignacio Zuloaga, habe ihm „die Fülle seiner Blendungen und seines Dämmerlichts, seine kräftigen Gegensätze von Blau, Granatrot und Gelb und die unvergleichlichen Grautöne seiner kalkigen Weiten geschenkt“. Auf seine Künstlerjahre in Paris blickt dieser Zuloaga zwar gerne zurück, auch auf seine Jahre in Sevilla, wo er sich zum Torero ausbilden ließ und sich unter die Gitanas mischte. Aber Segovia – das war seine Welt. Beim Onkel Daniel, dem Keramiker. Bis 1914 lebte Zuloaga und heiratete hier.

Eines der in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung unter dem Motto „Mythos Spanien“ ausgestellten Gemälde – die meisten von ihnen sind großformatig und altehrwürdig gerahmt – bleibt lange haften: „Frauen von Sepúlveda“, Öl auf Leinwand, 182 x 213 cm, Leihgabe aus Ayuntamiento de Irun, entstanden 1909. Zuloagas Sohn ist 3 Jahre alt, er stellt erstmals in New York aus und war fünf Jahre zuvor auf Empfehlung von Auguste Rodin in Düsseldorf vertreten. 1914, der Erste Weltkrieg bricht aus, verlässt Zuloaga mit seiner Familie Segovia und kehrt in seine baskische Heimat zurück.

Vor den „Frauen von Sepúlveda“ lohnt es, länger zu verweilen. Auch wenn Zuloagas großartige Sujets der Gitanas, der Kleinwüchsigen, der „Arbeiter bei der Weinlese“ (entliehen aus der Sammlung Simón, Mexiko), der Porträts – zum Schluss der prachtvoll präsentierten Schau das zweier dominanter spanischer Literaten –, aber auch unbekannt gebliebener wohlhabender Städter oder der Flamenco-Tänzerinnen und jungen Toreros, nicht zuletzt der Wahrsagerinnen und Hexen sich noch so stark in den Vordergrund drängen.

Das Trio aus Sepúlveda ist in gleiche gelbgrüne Tücher gehüllt. Nur eine der Frauen blickt den Betrachter direkt an. Ihre Nachbarin sieht an ihr vorbei, in die Ferne: auf den kastilischen Ort Sepúlveda, der vermutlich allein durch Zuloagas imposantes Bild Weltberühmtheit erlangte. Die dritte Frau steht aufrecht, wendet sich von der Ansiedlung ab, über der sich Wolken unheilvoll verdichten, scheint ängstlich zu sein, aber gefasst und sicher, mit dem, was vielleicht in den nächsten Minuten passiert, fertigzuwerden. Wir teilten, so die Kuratorin, auf diese Weise den „doppelten Blick“ des Malers auf seine langjährige Heimat. Er nähme „als Spanier eine Innenperspektive ein, schaut aber durch seine langen Paris-Aufenthalte und vielen Reisen auch mit Distanz auf das Land“.

Zur Vertiefung der sehenswerten Schau sehe man sich den Film an, der leider weniger über die speziellen Mal-Intentionen und -Techniken des bei uns erst jetzt bekanntwerdenden großen Spaniers als viel über seine politischen Ansichten und Haltungen in seinen ausklingenden Jahren berichtet. Zuloaga stirbt 1945 an den Folgen eines Herzinfarkts in Madrid, nach schweren Verlusten seines Vermögens.

Das Münchner Instituto Cervantes wartet mit einigen Vorträgen über Zuloagas Werk auf, so über die frühen Jahre (12. 12., 19 Uhr), über „Realität und Mythos“ mit dem Blick Zuloagas auf Kastilien (16. 1., 19 Uhr) oder über „Zuloagas Faszination für Goya“ (30. 1., 19 Uhr). Die Ausstellung schließt am 4. 2. 2024 und ist täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet.

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.