Power aus der Steckdose oder: Ein Thermo-Mix auf Rädern

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Strom-Support statt Muskel-Kraft: Millionen Deutsche, ob Freizeit-Radler oder sportive Pedaleure schwingen sich auf ein E-Bike. Quälen an Berg und Windkante war gestern. Von Helmut Ortner.

Nach der elektrischen Zahnbürste, dem elektrischen Eierkocher & anderen lebensnotwendigen Elektro-Artikel, war es allerhöchste Zeit für das flächendeckende, volks-ertüchtigende Elektro-Fahrrad. Ob sportlich-smart oder kasten-förmig, ob Renn-, Gravel-, oder Mountain-Bike: Hauptsache mit elektrischem support. Darüber freuen sich nicht nur ambitionierte Rad-Fans, auch coole Bike-Performer und Millionen einfacher Hobby-Pedaleure (und freilich, auch Pedaleur-Innen) von acht bis achtzig schwingen sich in den E-Sattel. Eine neue Radler-Volkfront, alters- und klassenübergreifend. kommt hier in Bewegung. Dank smartem Stromantrieb geht flott voran. Ob Pflaster-Straße, Schotter-Weg oder Alpen-Serpentine: Fun statt Qual. Ein Thermo-Mix auf zwei Rädern.

Hersteller und Händler und alle, die sich an der elektrischen Lieferkette laben, sind rundum zufrieden mit dem rasanten E-Bike-Trend. Mehr als 2,2 Millionen E-Bikes mit einem Wert von rund 1,7 Milliarden Euro sind allein im Jahr 2022 in Deutschland verkauft worden.  Und weil – wie wir alle wissen – der Strom ja immerzu »voll öko-kompatibel« aus der Steckdose kommt, werden noch viele Millionen E-Bikes dazu kommen. So fühlt sich Zukunft an.

Doch, es gibt sie noch:  die Fortschritts-Ignoranten und Vintage-Radler; Menschen, die weiterhin mit eigner Muskelkraft gegen Windkante und Höhenmeter in die Pedale treten wollen.  Rad-Nostalgiker, die tatsächlich Freude daran haben, sich weiterhin die Beine ohne Strom-support matt zu strampeln…  Kurzum: gestrige Innovations-Verweigerer!

Mittlerweile formiert sich eine kleine, aber wachsende Gegenbewegung treuer Velo-Fans, die die neue E-Bike-Generation nicht nur mit wissendem Grinsen für allerlei Fehltritte und Stillosigkeiten tadelt, sondern an grundlegende – tatsächlich Radler-Regeln erinnert.  Diese »Velominatis« stehen für die bedingungslose Liebe für das »pure« Radfahren. Sie begreifen Radfahren nicht einfach nur als Freizeitvergnügen oder als Art der Fortbewegung, sondern als Ausdruck einer eigenen Lebensart. Sogar einen »Radler-Kodex« in Buchform gibt es mittlerweile, ein humorvoller, augenzwinkender  Leid- und Leitfaden für Menschen mit uneingeschränkter Passion für das pure Radfahren. Darin finden sich rund acht Dutzend Benimm- und Verhaltensregeln, die es unbedingt zu beachten gilt. Beispielweise: »Beiß verflucht noch mal auf die Zähne«. Oder: »Hebe nie dein Rad über den Kopf«, ebenso: »Rasiere Deine Beine« und vor allem: »Die Räder auf dem Dach deines Autos sollten mehr wert sein als das Auto.«

Vier »eherne« Regeln von vielen (Quelle: Velominati. DIE REGELN, www.covadonga.de)., die freilich keinerlei Gültigkeit für E-Bike-Fans beanspruchen. Für sie gilt: weiterhin schweißfrei locker kurbeln und so tun, als würde man tatsächlich Radfahren …

P.S.

Unser Autor fährt seit Jahrzehnten Rad, vor allem Rennrad.

Über zweihunderttausend Kilometer sind da zusammengekommen und viele wollten mühsam bewältigt werden. Aber immer siegte das Glücksgefühl.

Über Helmut Ortner 96 Artikel
Geboren 1950 in Gendorf/Oberbayern und aufgewachsen in Frankfurt am Main. Schriftsetzerlehre, anschließend Studium an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main, Schwerpunkt Grafik-Design. Es folgt Wehrdienstverweigerung – und Zivildienst. Danach journalistische Lehrjahre: Redakteur, Chefredakteur (u.a. Journal Frankfurt, Prinz). Ab 1998 selbständiger Printmedien-Entwickler mit Büro in Frankfurt. Konzepte und Relaunchs für mehr als 100 nationale und internationale Zeitschriften und Zeitungen, darunter Magazine wie Focus, chrismon, The European und Cicero, sowie Tages- und Wochenzeitungen, u.a. Das Parlament, Jüdische Allgemeine, Frankfurter Rundschau, Allgemeine Zeitung, Wiesbadener Kurier, Darmstädter Echo, De Lloyd Antwerpen, NT Rotterdam sowie Relaunchs in London, Wien, Sofia, Warschau und Dubai. Zahlreiche Auszeichnungen (u.a. European Newspaper Award, Hall of Fame, CP Award Gold). Daneben journalistische Beiträge zu politischen und gesellschaftlichen Themen, veröffentlicht in div. Tageszeitungen und Magazinen. Erste Buchveröffentlichung 1975, seither mehr als vierzig Veröffentlichungen. Übersetzungen in bislang 14 Sprachen (2018). Zahlreiche Preise und Einladungen: Stadtschreiberpreis der Stadt Kelsterbach, Lesereise Goethe-Institut Südamerika, Teilnahme an Buchmessen in Havanna, Istanbul und Buenos Aires sowie Lit.Col. Köln 2017. Zuletzt Lesereisen nach Lissabon, Turin, Tokyo. Helmut Ortner lebt und arbeitet in Frankfurt am Main und in Darmstadt. Er ist passionierter Radrennfahrer, Eintracht Frankfurt-Fan und Pat Metheny-Liebhaber.