Markus Söder hat seinem Stellvertreter und Koalitionspartner 25 Fragen in der sogenannten Flugblatt-Affäre übermittelt. Inspiriert davon möchte ich dieses wunderschöne Werkzeug ebenfalls nutzen und der Süddeutschen Zeitung und anderen Kampagnenmedien (Das ist eine Meinungsäußerung!) 25 Fragen stellen.
Für die Übersichtlichkeit gliedere ich die in Blöcke
Journalistische Grundsätze (Fragen 1-5)
1. Weiß die SZ was Kampagnenjournalismus ist?
2. Weiß die SZ was Verdachtsjournalismus ist?
3. Weiß die SZ was Verleumdung ist?
4. Weiß die SZ, was eine sogenannte „character assassination“ z.B. im amerikanischen Kontext bedeutet?
5. Gibt es für die Beurteilung von und den Umgang mit Verhalten unter 18jähriger in Bayern für die SZ auch einen historischen Kontext? Oder ist die Bewertung des Verhaltens eines 16 oder 17jährigen unabhängig davon, ob wir von Ende der 80er, Ende 00er, heute oder gar von Ende der 70er, 60er oder 50er reden? (Die Zeit der NS-Diktatur in Bayern lasse ich bewusst weg)
Flugblatt I (Fragen 6-10)
6. Wann hat die SZ das erste Mal von dem in Rede stehenden Flugblatt aus dem Umfeld der 11ten Klassenstufe eines ländlichen bayerischen Gymnasiums gehört?
7. Die offenkundige Hauptquelle der SZ, eine pensionierte, beamtete Lehrkraft aus dem Gymnasium, der damals vermutlich auf pädagogischer Seite einer der Hauptverantwortlichen war, hat das Flugblatt nicht nur über 35 Jahre besessen, sondern offenbar auch mehrfach öffentlich eingesetzt – wusste dies die SZ?
8. Wusste die SZ z.B., dass der Beamte schon zwei Jahre nach der Flugblattaffäre das Flugblatt einem seiner Schüler für eine Wettbewerbsarbeit zur Verfügung gestellt hat, die dann durch Dokumentation in der KZ Gedenkstätte Dachau in den deutschen Erinnerungskanon aufgenommen wurde?
9. Wenn ja, warum hat die SZ diesen Umstand bei Erstveröffentlichung verheimlicht? Oder wenn die SZ diesen Umstand nicht kannte, was sagt das über die Zuverlässigkeit ihrer Quelle aus, des pensionierten Beamten, der seinen früheren Schützling unter Verletzung seiner dienstlichen Verschwiegenheitspflicht denunziert hat? Und über die Qualität oder Fairness der SZ-Recherche?
10. Ist es übliches Vorgehen bei der SZ, dass Umstände, die den Angeklagten entlasten, nicht ordentlich recherchiert, verzerrt dargestellt, oder bewusst unterdrückt werden?
Flugblatt II (Fragen 11-15)
11. Als was bewertet die SZ das Flugblatt? Und mit welcher Begründung?
12. Es war von Anfang an klar, dass das Flugblatt wahrscheinlich von minderjährigen Oberschülern stammt: Spielte dies in der Bewertung der SZ eine Rolle?
13. Helmut Aiwanger hat sich als Autor des Flugblattes bekannt – er ist der ältere Bruder von Hubert Aiwanger, sie gingen in dem fraglichen Jahr in die gleiche Klassenstufe (11), da Helmut Aiwanger ein Jahr wiederholen musste: Sieht die SZ berechtigte Zweifel an den Erklärungen von Helmut und Hubert Aiwanger z.B. bezüglich der Motivation von Helmut: Frust über Lehrer und Schule? Oder an der Bewertung: Unsäglich, aber vor allem eine völlig verunglückte Pennäler-Satire-Wutschrift? Und bezüglich der Aussagen von Hubert Aiwanger, dass er seinen Bruder damals (und auch später) nicht verpfeifen wollte?
14. Hält die SZ die initiale Bewertung der Schulleitung gegenüber Hubert Aiwanger für falsch? Und wenn nicht, warum wird dies nicht deutlich geschrieben? Stand jetzt sieht es doch so aus: Das Vorhandensein der Flugblätter in der Schultasche von Hubert Aiwanger legte den Schluss nahe, dass Hubert der Urheber gewesen sein könnte oder diesen kannte. Ist die Strafe durch die Schule nicht konsistent damit, dass Hubert die Schulleitung überzeugen konnte, dass er a) nicht der Urheber war, aber b) den Urheber kennt, diesen aber nicht anschwärzt?
15. Wie beurteilt die SZ den Umstand, dass Hubert Aiwanger als 17jähriger 1987 nach eigenen Aussagen von Seiten der Lehrerschaft massiv unter Druck gesetzt wurde? Deuten die bis dato vorliegenden Tatsachen nicht sogar darauf, dass seine Schultasche gegen seinen Willen durchsucht wurde? Ist dies aus Sicht der SZ 1987 oder auch heute gerechtfertigt? Gibt das bayerische Schulgesetz dies her?
Hitler-Imitationen im Freistaat Bayer (Fragen 15-19) (Fragen gehen auch an Report München)
16. Weiß die SZ, welche Stadt mit dem „Hauptstadt der Bewegung“ gemeint ist? Sollte die SZ mit Redaktionssitz in München nicht einen journalistischen Kodex haben, der auch nur Anklänge von Kampagne-, Hetz- oder Verdachtsjournalismus ausschließt?
17. Gehören Führerimitationen zur bayerischen Folklore, sind sie zum Beispiel im Umfeld von Bierzelten oder gar politischen Veranstaltungen in Bierzelten Brauchtum?
18. (auch an Report München) Ist es im Freistaat Bayern neuerdings üblich ehemalige Mitschüler zu animieren nach über 35 Jahren sich über 13–15-jährige Klassenkameraden aus den Klassen 7-9 auszulassen? Und denen schlimme, nicht bewiesene Vorwürfe zu machen?
19. Spielt Jugendschutz, pädagogische Führsorgepflicht, Schutz der Privat- und Familiensphäre im Freistaat Bayern noch irgendeine Rolle?
20. Hat die Redaktion der SZ (oder von Report München) eine umfassende Analyse betrieben, ob die an den Berichterstattungen in der Flugblatt-Affäre beteiligten Journalisten tatsächlich im Alter von 13-15 Jahren niemals Witze gemacht oder Sprüche geklopft haben, die 35 Jahre später von Mitschülern als antisemitisch, diskriminierend, oder XYZ-feindlich denunziert werden könnten?
1984-1987-2023 (Fragen 20-25)
21. Weiß die SZ was in 1984 mit „Gedankenpolizei“ und „Gedankenverbrechen“ gemeint ist?
22. Gilt im Freistaat Bayern das Grundgesetz, z.B. Artikel 1-6? Oder ist die SZ der Meinung, dass die jeweilige SZ-Überschrift die aktuell gültige Interpretation der Grundrechte im Freistaat Bayern ist?
23. Was ist für die SZ Familie? Gehört ein elf Monate älterer Bruder dazu?
24. War der SZ bewusst, dass der beamtete Lehrer eine schwere Verletzung seiner Dienstvorschriften beging, als er das Flugblatt öffentlich lancierte? Wie steht die SZ zur Einhaltung rechtstaatlicher Regeln?
25. Was ist für die SZ eine Denunziation? Könnte man das Referieren von angeblichen Witzen und Bemerkungen durch einen Mitschüler über 35 Jahre später bezogen auf die 7-9 Klassenstufe, also das Alter von 13 bis 15 Jahre, als eine solche bezeichnen? Gilt Denunziation im Freistaat Bayern, wie ihn sich die SZ vielleicht vorstellt als neue Bürgerpflicht? Oder ist das nur der Übereifer von Report München?
26.(Bonus) Wie bewertet die SZ die offensichtliche Tatsache, dass dem erwachsenen Hubert Aiwanger, besonders dem Politiker, auch nicht den Hauch einer antisemitischen Bemerkung nachgewiesen werden kann?
Quelle: Vera Lengsfeld