Plüsch-Tierheim: Mit Liebe gebaut, von Hackern betrogen, von der Deutschen Post im Stich gelassen

Spende an das Plüsch-Tierheim®

Eine liebevollere Geschäftsidee ist schlichtweg nicht vorstellbar: Stofftiere aller Art sowie natürlich Teddybären, die niemanden haben, der sie in dem Arm nimmt, den sie trösten dürfen, können an das Plüsch-Tierheim® in Alsdorf bei Aachen gespendet werden. Dort werden sie gut behandelt und natürlich ihrerseits getröstet. Dann werden ihre Bilder in ein Internet-Portal eingestellt, und Marcel, der Direktor des Plüsch-Tierheim®s, schreibt dazu, wieviel Ablösesumme jeweils nötig ist, damit sich ein Tier oder ein Teddy auf den Weg machen kann – in eine Zukunft voller Umarmungen. Und vom Erlös wird die Hälfte an Tierheime gespendet, wo ganz reale Tiere leben und in Not sind. Eine Idee aus einer besseren Welt – voller Liebe!

Am 24. Januar 2023 muss es dann passiert sein – das Unglück. Das Konto des Plüsch-Tierheim®s bei der Deutschen Post wurde gehackt. Wo genau das Loch war, ist unbekannt, aber jedenfalls gelang es Kriminellen, Frankaturen für Pakete im Wert von 26.622,74 Euro zulasten der lieben Plüschtiere und ihres Tierheims auszudrucken. Seitdem wurden Pakete versandt, von überall in Deutschland, in Länder wie Russland, Kirgistan, Kasachstan und Ungarn. Was drin ist? Auch unbekannt, aber möglich ist, dass gestohlene Dinge oder Waffen versandt werden, denn offenkundig sind hier Kriminelle am Werk. Ganz sicher: Stofftiere reisen nicht in diesen Paketen! Am 3. Februar fiel dem bis dahin ahnungslosen Team vom Plüsch-Tierheim® dann auf, dass hier etwas Schlimmes passiert war. Natürlich wurden sofort alle Passwörter geändert, der Computer gesichert und Anzeige bei der Polizei erstattet. Dann wurde nachgeschaut, ob auch die Kundendaten gehackt wurden, aber das war nicht der Fall. Die Adressen der Bärenpapas und Känguruh-Mamas vom Plüsch-Tierheim® waren für die Verbrecher nicht interessant.

Wenn eine Kreditkarte gestohlen wird, wenn eine andere Bankkarte verlorengeht, gibt es eine Servicenummer, über die diese Karte gesperrt werden kann, und wenn man sich gleich meldet, nachdem der Verlust auffällt, haftet eine Versicherung für den Schaden, falls die Karte missbräuchlich verwendet wird. Und so hofften auch die Bären, die auf Vermittlung im Plüsch-Tierheim® warten, auf eine solche Versicherung – und natürlich darauf, dass die Deutsche Post die Verbrecher ganz schnell findet. Selbstverständlich dachten alle, dass nun zumindest die betrügerisch ausgedruckten Etiketten, die in irgendeiner Post eingeliefert würden, ab sofort gesperrt seien. Und vielleicht der Einlieferer verhaftet würde.

Aber nichts davon! Die Firma DHL, dahinter steckt ja sozusagen die Post, teilte mit, man übernehme keine Verantwortung. Die Bären und Puppen und Frösche und Giraffen und Äffchen und Nilpferde, der ganze Plüschtierzoo also, müsse 26.622,74 Euro zahlen. Und zwar Anfang März. Entsetzte Augen bei den Häschen und den Plüschbären – so viel Geld gab es gar nicht, im gesamten Tierheim nicht! Aber das „DHL Security Team“ – das hat was mit Sicherheit zu tun, auf Englisch – teilte ungerührt mit, DHL selbst sei selbstverständlich gesichert, die Kundendaten des Plüsch-Tierheim®s seien woanders gestohlen wurden, vielleicht direkt aus dem Plüsch-Tierheim®-Computer. Und dafür hafte man nicht. Basta.

26.622,74 Euro. Alle haben dicke Tränen geweint – die Teddybären, der Plüsch-Tierheim®gründer Marcel, die Mitarbeiter. Vor allem wurden sie alle noch trauriger, wenn das überhaupt geht, als sie erfuhren, dass die Betrüger weiterhin Pakete einliefern konnten und der Schaden weiter wuchs, immer weiter jeden Tag, den ganzen Februar über. Zwar wurde zugesichert, dass alle Pakete mit gestohlenem Porto, die ab dem 3. Februar aufgegeben werden, nicht mehr zulasten des Plüsch-Tierheim®s gehen. Aber auch das wurde nicht ganz eingehalten. Erst ab dem 4. Februar wurde das Plüsch-Tierheim® von Forderungen freigestellt – und an jenem 3. Februar entstand nochmals hoher Schaden. Allein dieses gebrochene Post-Versprechen hat den Schaden um bis zu 4.000 Euro erhöht.

Schließlich, nach vielen Mails, vielen Sorgen, nackter Existenzangst gab dann es schließlich doch eine Kulanz-Regelung, aber wie sah die aus? Marcel, der Gründer, musste am 30. März eine ganz, ganz schlimme Rechnung begleichen: 12.839,88 Euro – alle Teddybären haben wieder dicke, dicke Tränen geweint. Die Post kam ihnen unglaublich herzlos vor. Zum Glück sind über 11.000 Euro an Spenden von Plüsch-Tierfreunden eingegangen! Aber der große, große Schaden, durch Menschen angerichtet, die vielleicht Waffen nach Kasachstan schmuggeln oder Drogen nach Russland, man weiß es ja alles überhaupt nicht, der bleibt. Die Verbrecher gehen straffrei aus.

Unangenehm dürften die Fragen werden, die jetzt der Deutschen Post gestellt werden. Denn bestimmt wird sich bald ein rechtskundiger Teddybären-Freund finden, der die Post verklagt. Warum? Marcel, der Direktor des Plüsch-Tierheims®, hat wirkliche skandalöse Entdeckungen gemacht. Er schreibt: „Es gibt keinerlei Sicherheiten seitens DHL, um ungewöhnliche Aktivitäten auf unserem Account zu melden. Auch haben wir frühzeitig Bescheid gegeben und dringend gebeten, alle Versandlabels, die nicht von uns gedruckt und versendet wurden, sofort zu stornierten. Trotz völlig wahlloser, immer unterschiedlicher Absender, die alle nicht vom Plüsch-Tierheim® stammen, wurden von DHL auch nach dem 3. Februar alle betrügerisch frankierten Sendungen ausgeliefert.“ Aufgegeben wurden sie in völlig unterschiedlichen Postämtern überall in Deutschland. Das Plüsch-Tierheim® dagegen sendet ausschließlich von Alsdorf bei Aachen aus, und immer unter eigenem Absender.

Kann die Deutsche Post AG ihre eigenen Sendungen etwa nicht kontrollieren? Kann sie ausgedruckte Labels nicht gezielt orten? Könnte man von einem Unternehmen, immerhin international unter DHL sehr erfolgreich, nicht erwarten, dass es Warnsignal gibt, wenn eine kleine Firma, die nur einige Teddybären und andere liebe Tiere an Kinder und ihre Eltern verschickt, plötzlich innerhalb von wenigen Tagen für eine Summe von 26.622,74 Euro postalische Aktivitäten in meist weit entfernte Länder abruft? Im regulären Geschäftsbetrieb des Plüsch-Tierheim®s fallen sonst – das zur Erklärung – seit Firmengründung maximal 100 Euro pro Monat für internationale Sendungen an. Nein, sagten die Post-Mitarbeiter, das geht nicht. Und das trotz der individuellen Scans, die jedes einzelne Paket trägt? Nein, nein und wieder nein, sagten die Post-Mitarbeiter.

Nochmal bitte – die Post kann ihre eigenen Pakete nicht verfolgen? Jeder Kunde kann seine Pakete vom eigenen PC aus verfolgen, aber die Post selbst kann Pakete, die gerade, in diesem Moment von ihr selbst durch Deutschland expediert werden, nicht finden? Sie kann ein Label nicht ungültig machen? Sie kann ein Paket nicht aus dem Verkehr ziehen, während in ihren eigenen Räumen liegt? Ist das nicht sehr, sehr unglaubwürdig? Doch es kam noch besser. Der eine oder andere Post-Mitarbeiter ließ in einem Telefonat mit Marcel durchblicken, es sei ja letztlich auch zwecklos, die Pakete alle verfolgen zu wollen, denn die eigentlichen Kriminellen könne man ja doch nicht fassen, sondern nur die Laufburschen, die die kriminellen Pakete bei der Post abliefern. Die Bären im Plüsch-Tierheim® schlugen sich die tatzen vor’s Gesicht, das kam ihnen vor wie purer Zynismus. Was ist nur aus der Post geworden?

Aber Marcel, der Tierheimgründer, ist findig. Er entdeckte, ganz unauffällig, in den Tagen nach seinen Alarmrufen gleich mehrere Updates für sein Geschäftskonto. „Die Deutsche Post hat was gemerkt und stopft jetzt unauffällig ihre Sicherheitslücken“, sagt er, und nachdem er vor gar nicht langer Zeit als Computerspezialist, als Systemtechniker ausgebildet wurde, weiß er sehr genau, wovon er spricht. Warum er für diese Lücken zahlen soll, die es ja offenbar doch gibt, obwohl die Deutsche Post das abstreitet, sieht er nicht ein: „Im Prinzip haben wir denen noch gute Tipps gegeben und werden nun total im Stich gelassen. Ängste, schlaflose Nächte, Gebete an Gott und die Hoffnung ist, was uns jetzt geblieben ist.“ Gebete braucht er auch, denn seit neuestem tauchen Pakete, die mit betrügerisch von seinem Geschäftskonto aus gedruckten Labels frankiert sind, als Remittenden auf, zum Beispiel aus Russland – und das Plüsch-Tierheim soll schon wieder zahlen!

Kurzum: Es gibt handfeste Hinweise auf unfassbare Datenlecks bei der Deutschen Post! Diese Unzulänglichkeit in der Software dürfte auch viele andere Firmen interessieren. Und natürlich haben auch wir die Deutsche Post gefragt. Wir bekamen zunächst eine Antwort, in denen mit drei Sätzen knapp und allgemein auf den Sachverhalt eingegangen wurde. Da haben wir dann aber nachgehakt. Doch ein Herr Schuhmachers, Pressesprecher, schrieb nur: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu Ihren weiteren Fragen (…) keine detaillierteren Auskünfte erteilen.“ Und danach ist er in Urlaub gefahren.

Nun könnte es ja sein, dass ganz viele Papas und Mamas von Tieren aus dem Plüsch-Tierheim® vielleicht mal selbst in der Konzernzentrale der Deutschen Post nachschauen, wieso es nicht möglich sein soll, Verbechern, die wochenlang Pakete einliefern, das Handwerk zu legen. Für diesen Fall schon mal ein Tipp an den Chef der DHL-Kantine, denn das ist der wirkliche Konzernname der Deutschen Post, und die Zentrale befindet sich übrigens etwas versteckt im Sträßchensweg 10 in Bonn, von der Friedrich-Ebert-Allee Richtung Rhein: Der Kakao-Automat jedenfalls sollte gut aufgefüllt sein, denn viele, viele Teddybären werden kommen, und sie werden mindestens 12.839 Tassen süßen Kakaos trinken, einen für jeden bitteren Euro, den das Plüsch-Tierheim® zahlen musste! Aber wenn es für diese Bären dann ans Bezahlen geht, lieber Herr Kantinen-Chef, dann werden sie brummen: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu Ihren weiteren Fragen bezüglich der Bezahlung des Kakaos keine detaillierteren Auskünfte erteilen.“

Spende an das Plüsch-Tierheim®

Spende an das Plüsch-Tierheim®
Kontoinhaber: Plüsch-Tierheim, IBAN: DE86 3905 0000 1073 2518 50
Verwendungszweck: Spende

oder alternativ an die PayPal E-Mail Adresse spenden@pluesch-tierheim.de

Über Sebastian Sigler 104 Artikel
Der Journalist Dr. Sebastian Sigler studierte Geschichte, Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in Bielefeld, München und Köln. Seit seiner Zeit als Student arbeitet er journalistisch; einige wichtige Stationen sind das ZDF, „Report aus München“ (ARD) sowie Sat.1, ARD aktuell und „Die Welt“. Für „Cicero“, „Focus“ und „Focus Money“ war er als Autor tätig. Er hat mehrere Bücher zu historischen Themen vorgelegt, zuletzt eine Reihe von Studien zum Widerstand im Dritten Reich.