Drei Tage lang erregten sich die deutschen Medien über die Dauer der Koalitionsgespräche. Nun zeichnet sich ab, dass die drei Parteien offenbar nicht stundenlang gestritten („Spiegel“: „Koalitionskrach“), sondern ein Upgrade ihres Regierungsprogramms erarbeitet haben. Das ist sinnvoll, weil die erste Koalitionsvereinbarung vor dem russischen Überfall auf die Ukraine getroffen wurde. Und es war auch vernünftig, mit der Überarbeitung zu warten.
Nun wenden sich die Dauer erregten Öffentlichkeitsarbeiter und -arbeiterinnen der Frage zu, wer denn bei diesem Upgrade verloren habe. Das seien im Allgemeinen die Grünen und im Besonderen Robert Habeck, der sich mit seiner leicht selbstquälerischen Attitüde gut dafür eignet, verkünden diejenigen, die Politik mit Vorliebe als Zweikampf in der Arena inszenieren.
Tatsächlich handelt es sich um Kompromisse einer Koalition, die drei unterschiedliche Politikansätze verbindet. Das erschwert naturgemäss Einigungen. Darin liegt aber auch eine Chance. Denn Markt und Regulierung schliessen sich nicht aus. Sie zu verbinden, verlangt Arbeit der Regierung, aber auch von denen, die darüber berichten.
Angesichts des Zeitenbruchs wird dies nicht das letzte Gesprächsmarathon im Kanzleramt gewesen sein. Was heute gewiss erscheint, wird Morgen in Frage gestellt. So wird sich, um nur ein Beispiel zu nennen, die Frage, wie weit der Strassenbau vorangetrieben werden muss, nach der Durchsetzung der Elektromobilität und erst Recht der selbstfahrenden Autos neu stellen und neu beantwortet werden.
Nicht wenige derjenigen, die Politik hier zu Lande als Gladiatorenspiele kommunizieren, beklagen im selben Atemzug die Verrohung der politischen Verhältnisse in den USA durch den Trump-Populismus. Der ist natürlich viel schlimmer, nur Mechanismen und Wirkungen ähneln sich durchaus.
Quelle: Facebook