Pakistanische Paar berichtet in TV-Doku wie sie der Todeszelle entkommen sind
- Das Ehepaar spricht über ihre Erfahrung, trotz Morddrohungen durch Mobs in ihrer Heimat wegen „Blasphemie“
- Die Veröffentlichung der Dokumentation von ADF International, bei der Emma Webb Regie führte, fällt auf den Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer von Gewalthandlungen aufgrund der Religion oder der Weltanschauung
Der gesamte Pressebericht ist online abrufbar, einschließlich eines Originalzitats unserer Experten zu diesem Fall
In ihrem ersten englischsprachigen Interview teilen Shagufta Kausar und Shafqat Emmanuel ihre Geschichte, erzählen von ihrem Urteil zum Tod durch Erhängen und wie sie in einer dramatischen Aktion nach Europa flüchten konnten. Ursache für ihre Verurteilung waren die berüchtigten „Blasphemie“-Gesetze in Pakistan.
„Wir sind so erleichtert, endlich frei zu sein. Die letzten acht Jahre waren eine unsägliche Tortur, aber wir sind glücklich, wieder mit unseren Kindern vereint zu sein. Wir sind sehr dankbar, dass so viele Menschen, insbesondere die Teams von ADF International und der Jubilee Campaign, uns geholfen und beschützt haben. Sie haben uns in Sicherheit gebracht. Obwohl wir unser Land vermissen werden, sind wir froh, endlich in Sicherheit zu sein. Hoffentlich werden die Blasphemiegesetze in Pakistan bald abgeschafft, damit andere nicht das gleiche Schicksal erleiden wie Shagufta und ich“, so Shafqat Emmanuel.
Das katholische Ehepaar und seine vier Kinder wurden von ADF International in Europa in Sicherheit gebracht. Zuvor hatte ein Gericht in Lahore/Pakistan sie auf Druck der Europäischen Union und anderer internationaler Organisationen von der Anklage freigesprochen.
Zeugnis geben für ihre „unaussprechlichen Qualen“
Shagufta und Shafqat sprechen in der neuen Dokumentation mit Emma Webb über ihre Verhaftung im Juni 2013. Die beiden wurden festgenommen, weil sie angeblich eine blasphemische Textnachricht an einen muslimischen Geistlichen geschickt hatten. Beide wurden verprügelt, verhaftet und wegen Blasphemie angeklagt. Shafqat Emmanuel saß zum Zeitpunkt der Verhaftung bereits im Rollstuhl.
„Die Verfolgung von Gotteslästerern gehört nicht der Vergangenheit an und ist auch nicht so weit weg, wie wir uns einreden wollen. Der Glaube von Shagufta und Shafqat im Angesicht des Todes ist nicht nur erschütternd und beeindruckend. Er ist auch eine Warnung an selbstgefällige westliche Staaten, die sich der realen, oft mörderischen Folgen von Blasphemievorwürfen nicht bewusst sind. In New York konnten wir das gerade erst beim Mordversuch an dem Schriftsteller Salman Rushdie sehen“, kommentiert Emma Webb, die bei dem Film von ADF International Regie führte.
„Unsere Gesellschaft sollte nicht versäumen die Standhaftigkeit und den Mut von Shagufta und Shafqat zu zeigen. Sonst begeben wir uns auf einen gefährlichen Weg, der es erleichtert, Blasphemievorwürfe als Waffe gegen politische oder religiöse Gegner, Denker und Künstler einzusetzen.
„In vielerlei Hinsicht haben wir die Zensur verinnerlicht, anstatt auf die Realitäten des Problems weltweit zu reagieren. Ihre Geschichte dient sowohl als Vorbild als auch als Warnung“, fuhr sie fort.
Sehen Sie hier die TV-Doku.
Die beiden sind Analphabeten und konnten daher das lateinische Alphabet, in dem die Textnachrichten geschrieben waren, nicht verwenden. Laut Shagufta war ihr Mobiltelefon zum Zeitpunkt des Vorfalls bereits seit einem Monat verschwunden. Es ist unklar, wer die Textnachrichten versandte und aus welchem Grund.
„Ich habe gesehen, wie die Polizei meinen Vater schlug. Er ist von der Hüfte abwärts gelähmt und spürt keine Schmerzen in den Beinen, aber sie schlugen ihm auch ins Gesicht und mit dem Gewehrkolben auf den Rücken. Sie zwangen ihn zu sagen, dass er Blasphemie begangen habe“, berichtet Zahmat Akhtar, der Sohn des inhaftierten Paares, über die Verhaftung.
Der Dokumentarfilm zeigt die Perspektive von Zahmat, der während der siebenjährigen Tortur nicht bei seinen Eltern leben durfte. Auch die Anwälte und Experten kommen zu Wort, die sich für die Freiheit des Paares eingesetzt haben.
Todesstrafe
Auf Blasphemie steht in Pakistan die Todesstrafe. Offiziell wurde bisher niemand hingerichtet, doch Mobs töteten nach Bekanntwerden der Vorwürfe Menschen in Dutzenden Fällen.
Die Behörden folterten Shafqat, damit er ein falsches Geständnis ablegte. Sie schlugen ihn, drohten seine Frau zu entblößen und durch die Stadt zu treiben. Ein Gericht verurteilte beide zum Tode. Sie legten Berufung beim Obersten Gerichtshof von Lahore ein, der sie am 3. Juni 2021 von allen Anklagepunkten freisprach.
Trotz des Freispruchs sah sich die Familie Morddrohungen von Extremisten ausgesetzt.
„Wir freuen uns, dass Shagufta und Shafqat endlich freigelassen wurden und in Sicherheit sind. Leider sind sie kein Einzelfall, sondern zeugen von der Not, in der sich viele Christen und andere religiöse Minderheiten heute in Pakistan befinden. Obwohl das Recht auf Religionsfreiheit durch die pakistanische Verfassung geschützt ist, sind viele von ihnen schwerer Verfolgung und der Verweigerung ihrer Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit ausgesetzt“, sagte Tehmina Arora, Director of Advocacy, Asia bei ADF International, die das Paar unterstützt hat.
Die Gewalt nimmt zu
Jüngste Berichte zeigen, dass Gewalt gegen religiöse Minderheiten von staatlicher Seite zunimmt. Das Pew Research Center berichtet, dass in über 95 Ländern ungerechtfertigte staatliche Gewalt, wie z. B. körperliche Misshandlung, angewendet wird. In mindestens 20 dieser Länder wurden Fälle gemeldet, die zum Tod führten.
Auch nichtstaatliche Akteure sind für Gewalttaten gegen religiöse Minderheiten verantwortlich. Die Fälle von physischer Gewalt durch nichtstaatliche Akteure sind seit 2017 um mindestens 19 Prozent gestiegen. Radikale Extremisten in Afrika südlich der Sahara und in Teilen Asiens, wie Indien und Pakistan, sind größtenteils für diese Angriffe verantwortlich. Auch Gewalt durch Mobs, die in über 41 Ländern regelmäßig vorkommt, wird genutzt, um religiöse Minderheiten einzuschüchtern.
Quelle: ADF International